# taz.de -- „Compact“-Urteil: Die Unberechenbarkeit von Verboten | |
> Hätten die Leipziger Richter gewollt, wäre Compact verboten geblieben – | |
> demokratische Richter tun sich schwer mit einer solchen Entscheidung. | |
Bild: Ingo Kraft (M), Vorsitzender Richter des 6. Revisionssenats, Verkünder d… | |
„Sie konnten uns nicht verbieten, also können sie auch die AfD nicht | |
verbieten.“ Diesen Schluss zog Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer, | |
nachdem das Bundesverwaltungsgericht das Verbot seines | |
rechtsextremistischen Magazins [1][an diesem Dienstag aufgehoben hatte]. | |
Juristisch ist Elsässers Schluss zwar keineswegs zwingend, im Ergebnis | |
dürfte er aber recht behalten. Denn es wird in absehbarer Zeit nicht einmal | |
einen Verbotsantrag geben. | |
Das Bundesverwaltungsgericht stellte Compact keinesfalls einen Freibrief | |
aus. Die Richter:innen hielten insbesondere die völkische Rhetorik des | |
Magazins für durchaus verbotswürdig, aber eben nicht für prägend genug. Ein | |
Verbot wäre daher unverhältnismäßig, so das Bundesverwaltungsgericht. | |
Auf ein AfD-Verbot ist das nicht eins zu eins übertragbar. Zum einen gilt | |
bei einem Parteiverbot das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht. Damit könnte | |
die AfD also gar nicht argumentieren. Zum anderen würden andere | |
Richter:innen über einen AfD-Verbotsantrag entscheiden. Zuständig wäre | |
das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und nicht das | |
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. | |
Das Leipziger Urteil zeigt aber die ganze Unberechenbarkeit von | |
Oppositionsverboten im Rechtsstaat. Das im Grundgesetz angelegte Prinzip | |
der wehrhaften Demokratie ermöglicht zwar vieles. Wenn die Leipziger | |
Richter:innen gewollt hätten, wäre Compact verboten geblieben. Und wenn | |
die Karlsruher Richter:innen wollen, könnten sie die AfD verbieten. Aber | |
demokratische Richter:innen tun sich verständlicherweise schwer mit dem | |
Gedanken, dass die demokratisch gewählte Mehrheit einfach die | |
[2][demokratisch gewählte Minderheit verbieten kann]. Die | |
Wahrscheinlichkeit ist deshalb hoch, dass Gerichte Gründe finden, solche | |
Verbote zu vermeiden, da sie der Demokratie vermutlich mehr schaden als | |
nutzen. | |
Jedenfalls politisch dürfte ein Antrag auf ein [3][AfD-Verbot] nun tot | |
sein. Die Gegner:innen in CDU/CSU werden das Exempel aus Leipzig wohl | |
dankbar aufnehmen und sich einem Verbotsantrag noch entschlossener | |
verweigern. | |
24 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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