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# taz.de -- Rassistische Brandstiftung in Solingen: Neue Hinweise auf rechtsext…
> Die Cloud-Daten des wegen des Brandanschlags in Solingen Angeklagten
> wurden untersucht. Laut Anwältin Başay-Yıldız finden sich „ziemlich vie…
> NS-Suchergebnisse“.
Bild: Trauernde vor dem Haus in der Grünewalder Straße in Solingen im März 2…
Wuppertal taz | Im Prozess um den Brandanschlag vom März 2024 in Solingen,
bei dem vier Mitglieder einer bulgarisch-türkischen Familie ums Leben kamen
und 21 Menschen teils schwer verletzt wurden, treten immer wieder neue
Beweise zutage, die auf ein mögliches rechtsextremes Motiv des Täters
hindeuten.
Zuletzt hatte die Nebenklageanwältin Seda Başay-Yıldız in den Cloud-Daten
des Täters extrem rechte Inhalte entdeckt, unter anderem Videos des
rechtsextremen Medienkanals „Compact TV“. Darunter ist eines mit dem Titel
„Dorfdisko Ausländer raus“, in dem ausländerfeindliche Parolen gegrölt
werden. Aufgrund dieser Funde hatte Başay-Yıldız ein IT-Gutachten zur
Auswertung der Cloud-Daten beantragt. Die Polizei hat diese inzwischen
analysiert. Laut Başay-Yıldız finden sich darin „ziemlich viele
NS-Suchergebnisse“. Sie betont: „Hier sieht man schon, dass da lange
Interesse bestand.“ Auch der Nebenklageanwalt Fatih Zingal verwies auf
wiederholte Suchanfragen des Täters zum „Dritten Reich“.
Brisant ist zudem eine weitere Internetsuche, auf die Anwältin Başay-Yıldız
am Montag aufmerksam machte: Es geht um einen Brand in einem Wohngebäude in
der Wuppertaler Normannenstraße im Jahr 2022. Damals war im Keller des
Hauses ein Feuer ausgebrochen, zwei Personen mussten über eine Drehleiter
aus dem dritten Obergeschoss gerettet werden.
Auffällig dabei: Die damalige Freundin des Angeklagten, Jessica B., hatte
bis kurz vor dem Brand in diesem Haus gewohnt. Zuvor war es im September
2021 zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und einem marokkanischen
Nachbarn gekommen – beide hatten sich gegenseitig angezeigt. Laut
Informationen der taz handelt es sich auch bei diesem Gebäude um ein
Wohnhaus mit überwiegend migrantischer Bewohnerschaft. Başay-Yıldız
erklärte: „Welche Brandsätze dort gelegt wurden und wie damals ermittelt
wurde, das wäre auch hier von Interesse.“ Auch Anwalt Zingal sprach von
einem „wichtigen Komplex“ und betonte, man müsse klären, ob ein
Zusammenhang zum Angeklagten besteht.
## Rechte Bilder
Für den Verhandlungstag am Montag war ein 39-jähriger Mechaniker aus Köln
geladen. Auf Druck von Başay-Yıldız waren Festplatten ausgewertet worden,
die in der Wohnung des Angeklagten gefunden worden waren. Darauf befanden
sich [1][166 NS-verharmlosende] und Hitler-Bilder, die zunächst der
Lebensgefährtin des Angeklagten zugeordnet wurden. Später untersuchte die
Anwältin die Festplatten selbst erneut und entdeckte weitere Bilder. Im
Verlauf des Gerichtsverfahrens erfolgte schließlich eine umfassende
Datenauswertung: Demnach sollen die Bilder dem 39-jährigen Kölner
Mechaniker zuzuordnen sein, da sich auf den Festplatten auch andere
eindeutig ihm zugehörige Dateien befanden.
„Ich stehe absolut nicht zu solchen rechten Bildern“, sagte der 39-Jährige
vor Gericht. „Ich bin politisch in der Mitte. Meine Eltern sind aktiv in
der SPD, ich bin so aufgewachsen. Ich war mein Leben lang gegen rechts.“
Zur Lebensgefährtin des Angeklagten habe er nur losen Kontakt gehabt, etwa
durch frühere Partys oder Festivals, mittlerweile habe er jedoch keinen
Bezug mehr zu ihr. Eine mögliche Erklärung für die fraglichen Bilder sei,
dass sie gemeinsam auf einem Festival gewesen seien und er möglicherweise
wegen Speicherplatzproblemen ihre Festplatte genutzt habe. Er betonte
jedoch, sich an die belastenden Inhalte nicht erinnern zu können. Auch
Nebenklageanwältin Başay-Yıldız betonte, dass bislang nicht zweifelsfrei
geklärt sei, ob die rechtsextremen Bilder tatsächlich vom 39-Jährigen
stammten.
Im Prozess waren in den vergangenen Wochen immer wieder neue Details ans
Licht gekommen: So tauchte jüngst ein [2][Vermerk der Polizei] auf,
demzufolge der Brandanschlag bereits im April 2024 als „rechtsmotivierte
Tat“ eingestuft wurde. Dieses entscheidende Dokument war dem Gericht zuvor
nicht bekannt gewesen. Zudem wurden bei der Hausdurchsuchung im Wohnhaus
des Angeklagten mehr als ein Dutzend NS- und Hitler-Bücher gefunden – auch
diese tauchten jedoch zunächst nicht in den Ermittlungsakten auf. Die
Ermittler*innen hatten die Bücher dem Vater des Angeklagten zugeordnet
und sie daher als „nicht verfahrensrelevant“ eingestuft. Anfang April
zeigte die Nebenklageanwältin Seda Başay-Yıldız den Polizeipräsidenten
sowie mehrere Beamt*innen des Polizeipräsidiums Wuppertal an, die an der
Hausdurchsuchung beteiligt waren. Sie sprach von „Vertuschung“, da
„Beweismittel vorenthalten wurden“.
Der Prozess am Wuppertaler Landgericht wird am 11. Juni fortgesetzt. An
diesem Tag soll unter anderem der Nachbar der früheren Lebensgefährtin
aussagen, in dessen Wohnhaus es ebenfalls zu einem Brand gekommen sein
soll. Das Gericht will dazu weitere Informationen einholen. Ein Beginn der
Plädoyers im Juni gilt als unwahrscheinlich, da die polizeiliche Auswertung
weiterhin andauert.
2 Jun 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Yağmur Ekim Çay
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Vermerk.
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