# taz.de -- Rassistische Brandstiftung in Solingen: Wenn Beamte das Motiv vertu… | |
> Die Polizei stufte den Brandanschlag in Solingen von März 2024 erst als | |
> „rechtsmotiviert“ ein. Nun kommt heraus: Ein Mitarbeiter löschte den | |
> Vermerk. | |
Bild: Gedenkfeier ein Jahr nach dem Brandanschlag in Solingen, bei dem die jung… | |
Solingen taz | Im Prozess um den [1][Brandanschlag vom März 2024] in | |
Solingen, bei dem vier Mitglieder einer bulgarisch-türkischen Familie ums | |
Leben kamen und 21 Menschen teils schwer verletzt wurden, kommen immer neue | |
Skandale ans Licht. In einer gemeinsamen Erklärung kritisieren die | |
Nebenklagevertreter*innen die Ermittlungsbehörden scharf. | |
Am Montag erklärte der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer des | |
Landgerichts Wuppertal, dass ein Vermerk der Polizei aufgetaucht sei, | |
wonach der Brandanschlag bereits im April 2024 als „rechts“ motivierte Tat | |
eingestuft wurde. Dieses entscheidende Dokument sei dem Gericht bisher | |
nicht bekannt gewesen – es sei erst jetzt in die Akten aufgenommen worden. | |
Brisant dabei: Die ursprüngliche politische Einordnung des Brandanschlags | |
sei nachträglich handschriftlich von einem Beamten gestrichen worden, | |
woraufhin der Vermerk aus der Akte verschwand. | |
„Für uns ist es ein Skandal, wie dieses Verfahren von den | |
Ermittlungsbehörden bislang geführt wurde und dem Gericht und unseren | |
Mandanten wichtige Informationen und Aktenbestandteile vorenthalten | |
wurden“, erklären die Anwält*innen Seda Başay-Yıldız, Simon Rampp, | |
Athanasios Antonakis, Radoslav Radoslavov und Fatih Zingal. Denn während | |
des Verfahrens kam es schon zu ähnlichen Fällen. | |
So waren mehr als ein Dutzend NS- und Hitler-Bücher, die bei der | |
Hausdurchsuchung im Wohnhaus des Angeklagten gefunden wurden, [2][den Akten | |
vorenthalten worden]. Ermittler*innen meinten, die Bücher seien dem | |
Vater zuzuordnen und hatten sie deswegen als „nicht verfahrensrelevant“ | |
eingestuft. Ein rassistisches Gedicht an der Garagenwand des Angeklagten | |
wurde laut Aussage von Ermittlern im Prozess bei der Hausdurchsuchung | |
übersehen und deshalb nicht gesondert dokumentiert. | |
## Staatsanwaltschaft will nicht ermitteln | |
Weil Beweismaterial vorenthalten wurde, hatte Başay-Yıldız bereits Anfang | |
April eine Anzeige gegen den Polizeipräsidenten von Wuppertal, Markus | |
Röhrl, sowie ermittelnde Polizeibeamt*innen erstattet. Nach kurzer | |
Zeit [3][lehnte die Staatsanwaltschaft Wuppertal Ermittlungen ab]. Es gebe | |
keinen Anfangsverdacht für strafbares Handeln. Auf Fragen der taz zu den | |
Vorgängen hat die Staatsanwaltschaft bislang nicht geantwortet. | |
Während des Verfahrens waren auf Druck der Anwältin Başay-Yıldız auch | |
Festplatten ausgewertet worden, die in der Wohnung des Täters gefunden | |
worden waren. Darauf befanden sich 166 NS-verharmlosende und Hitler-Bilder, | |
die bislang der Lebensgefährtin des Angeklagten zugeordnet wurden. Später | |
untersuchte die Anwältin die Festplatten selbst erneut und entdeckte | |
weitere Bilder. Im laufenden Gerichtsverfahren erfolgt nun eine | |
umfangreiche Datenauswertung. | |
Die Nebenklage fordert nun, sämtliche relevanten Informationen unverzüglich | |
und vollständig dem Gericht und den Opfern zur Verfügung zu stellen. Nur so | |
könne eine umfassende Bewertung der Tatmotive erfolgen. Die bisherige | |
Salamitaktik der Ermittlungsbehörden erwecke den fatalen Eindruck, dass | |
eine vollständige Aufklärung nicht gewollt sei. „Das wird weder den Opfern | |
und ihren Angehörigen gerecht, noch allen Solingerinnen und Solingern, die | |
ein Recht darauf haben, die Hintergründe der Tat wahrheitsgemäß zu | |
erfahren“, heißt es in der Erklärung. | |
Der Prozess um den Brandanschlag in Solingen wird am 2. Juni am Landgericht | |
Wuppertal fortgesetzt. | |
13 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Yağmur Ekim Çay | |
Michael Trammer | |
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