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# taz.de -- Live-Folge vom taz Panter Preis Halle: Kaiserslautern gegen Rechts …
> Mit welchem Selbstverständnis schreiben junge Autor*innen heute über
> Ost und West? Über Herkunft und Aufarbeitung erzählen Alice Hasters und
> Aron Boks.
In der aktuellen Ausgabe von „Mauerecho“ spricht Dennis Chiponda live auf
der Verleihung des taz Panter Preises im Peißnitzhaus in Halle mit der
Autorin und Journalistin [1][Alice Hasters] („Was weiße Menschen nicht über
Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ und „Identitätskrise“) sow…
dem Schriftsteller und Slam-Poeten [2][Aron Boks] („Nackt in die DDR“).
Gemeinsam diskutieren sie, welche Rolle Herkunft und familiäre Prägung für
die eigene Identität spielen. Mit welchem Selbstverständnis schreiben junge
Autor*innen heute über Ost und West? Und was bedeutet es überhaupt,
west- bzw. ostdeutsch zu sein?
Identität ist laut Hasters immer kontextabhängig. Auf der Bühne stehe sie
als Schwarze Frau aus dem Westen, während Boks sich als weißer
Nachwende-Cis-Mann aus dem Osten versteht. Für ihn habe die Kategorie
„ostdeutsch“ lange keine Rolle gespielt. Das habe sich erst 2021 durch die
Recherche zu seinem Buch „Nackt in die DDR“ und die Auseinandersetzung mit
seinem Urgroßonkel, dem DDR-Maler und Kulturfunktionär Willi Sitte,
geändert.
Auch Hasters hat sich erst in ihrem letzten Buch intensiver mit dem Thema
auseinandergesetzt und festgestellt: Der gesamte Westen befinde sich in
einer Identitätskrise. „Der Westen als Geschichte, als System, als Rahmen,
in dem wir uns bewegen, weist viele Risse, Brüche und Widersprüche auf.“
Versteht man Identität als eine Geschichte, die man sich selbst erzählt, so
sei die Identitätskrise die Erkenntnis, dass diese Geschichte nicht mehr
stimmig ist.
Für Boks ist eine solche Geschichte die Erzählung, dass das Ost-West-Thema
für junge Menschen keine Relevanz mehr habe. Dabei sei es gerade spannend
zu beobachten, dass es das eben doch tue. „Ich glaube gar nicht, dass das
wirklich Ignoranz ist oder feindlich gemeint, sondern eher der Wunsch: ‚Das
muss doch für euch keine Rolle spielen‘“, sagte Boks.
## „Die Aufarbeitung braucht zwei Generationen“
Außerdem geht es um Aufarbeitung und Verdrängung. Warum stellen gerade
Angehörige der Nachwendegeneration die Forderung, die DDR müsse
aufgearbeitet werden? Chiponda stellt die These auf, dass es immer zwei
Generationen brauche, bis Geschichte aufgearbeitet werden könne. Für seine
Eltern, die die DDR miterlebt haben, sei es eine Überlebensstrategie
gewesen, Vergangenes loszulassen.
Boks berichtet, dass auch in seiner Familie die Bereitschaft, über die DDR
zu sprechen, mit der Zeit gewachsen sei. Man habe die Diktatur in der
Familie hinter sich lassen wollen. Hasters ergänzt, dass die Aufarbeitung
jüngerer Geschichte für sie als Westdeutsche kein drängendes Thema gewesen
sei. Im Westen gehe es eher um die immer noch bestehenden Kontinuitäten zum
Nationalsozialismus.
Trotzdem stellt sie Gemeinsamkeiten zwischen sich und Boks fest: Sie sei
1989 geboren und mit der Vorstellung aufgewachsen: „Hier ist das Ende der
Geschichte.“ Ihre Generation müsse sich mit dieser nicht mehr beschäftigen.
Auch sie kenne den Widerstand einer Elterngeneration, die dem Hinterfragen
dieser Idee von Postgeschichtlichkeit mit Skepsis begegne.
Ein weiteres Thema: die fehlende Sensibilisierung für strukturelle
Unterschiede zwischen Ost und West. Hasters erzählt, dass auch im
feministischen oder antirassistischen Diskurs oft der Blick in den Osten
fehle. Die Erfahrungen in Ost und West seien nicht deckungsgleich. Boks
ergänzt, dass er bei seinen Eltern, die beim Mauerfall am Ende ihrer
Schulzeit standen, Anpassungsmechanismen beobachte. Nach dem Ende der DDR
hätten diese auch einfach westlich sein wollen. In seinem Aufwachsen sei
wenig Raum gewesen, seine ostdeutsche Prägung überhaupt festzustellen. „Ich
habe, obwohl ich aus der Gegend komme, viel von dem übernommen, wie auf den
Osten geschaut wird.“
Gleichzeitig merke Boks aber auch, dass inzwischen immer mehr
Nachwendekinder aus dem Westen Interesse am Osten zeigen. „Die Gegenwart
verlangt es aber auch“, wirft Hasters ein. Es sei gerade nicht einfach nur
ein persönliches Verlangen, sich mit Geschichte auseinanderzusetzen,
sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit.
## „Es braucht eine dritte Geschichte“
Wie soll die junge Generation von Autor*innen mit der jüngeren
Geschichte umgehen? „Es braucht jetzt eine dritte Geschichte, die die
Gegenwart besser erklärt“, fordert Hasters. Das bedeute auch, dass
unterschiedliche Perspektiven besser in diese Geschichte integriert werden
müssen. Für Boks liegt im gesellschaftlichen Ringen um Antworten auf den
Rechtsextremismus eine zentrale Chance: „Ich mag das Wort ‚Einheit‘ nicht,
aber wenn es etwas Gemeinsames gibt, dann ist es, sich diese Frage zu
stellen: Was ist eigentlich gerade los? Warum sehen wir eine Stärkung von
Diskriminierung und Hass? Und was hat das mit der AfD zu tun?“
„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der [3][taz Panter Stiftung…
Er erscheint jede Woche Sonntag auf [4][taz.de/mauerecho] sowie überall, wo
es Podcasts gibt. Das Format „Der Nachwendekindertalk“ erscheint alle zwei
Wochen. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.
8 Jun 2025
## LINKS
[1] /Autorin-Alice-Hasters-ueber-Rassismus/!5966659
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[3] /stiftung
[4] /Podcast-Mauerecho/!t6064118
## AUTOREN
Dennis Chiponda
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