| # taz.de -- Verleger über Nature Writing: „Wir sehen nur, was wir wissen“ | |
| > Nature Writing möchte die Sicht der Menschen auf Natur bereichern. | |
| > Verleger Klaas Jarchow hat ein Festival organisiert, das sich dem Genre | |
| > widmet. | |
| Bild: Die Spree bei Dissen in Brandenburg: Betonelemente im Flussbett verwirbel… | |
| taz: Nature Writing, was genau fassen Sie darunter? | |
| Klaas Jarchow: Der Mensch hat sich von Anbeginn mit der Natur beschäftigt. | |
| Wir stellen vor, wie aktuell über Natur gedacht und geschrieben wird. | |
| Nature Writing ist ein Genre, das Literatur, Sachbuch und | |
| Wissenschaftstexte einschließt. | |
| taz: Wie entstand die Idee eines Nature Writing Festivals? | |
| Jarchow: Wir haben das Nature Writing zum Themenfokus gemacht, um der | |
| aufgewühlten, kriegerischen Gegenwart etwas entgegen zu setzen. Kürzlich | |
| ist [1][Uwe Radas] „Spree“ in den „Essays on Nature and Landscape“ in | |
| meinem KJM Verlag erschienen, ein Text über die Spree als literarische und | |
| politische Landschaft. Rada ist ebenso Gast des Festivals wie Mona Harry, | |
| die mit ihrem „Liebesgedicht an den Norden“ Furore gemacht hat. Auch | |
| Katharina Hagena mit ihren „Flusslinien“. Birgit Lutz stellt ihr | |
| Spitzbergen vor und Jan Philipp Reemtsma die Heide-Gedanken Arno Schmidts. | |
| taz: Literatur ist Welterschließung, sie braucht die Natur. Ein so | |
| vielfältiges Programm mit Autoren aus Deutschland, Schweden, Österreich, | |
| Belarus, Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz zu realisieren, | |
| werden Sie vom Verleger zum Festival-Macher? | |
| Jarchow: Da ist viel zu organisieren, aber als Segler bin ich alle | |
| erdenklichen Wetter gewohnt – und noch immer wieder in den Hafen | |
| eingelaufen. | |
| taz: „Stell deinen Blickwinkel neu ein“, slamt Mona Harry. Die Natur ist | |
| ein Raum der Imagination, der Sehnsucht, doch sie ist stark gefährdet durch | |
| uns Menschen? | |
| Jarchow: Deshalb bin ich überzeugt: Wir müssen naturtüchtig werden! Wir | |
| müssen unser Bewusstsein, unsere [2][Wahrnehmung schulen und verändern]. | |
| Die Natur wird ohnehin überleben. Aber was aus uns wird, ist offen. | |
| taz: Kann Literatur über Natur denn unser Verhalten gegenüber der Natur | |
| verändern? | |
| Jarchow: Wir sehen nur, was wir wissen. Erst dann nehmen wir es wirklich | |
| wahr. Wenn Thomas Kunadt in „Hügelland“ seine sächsische Heimat am Saum d… | |
| letzten Eismeeres erkundet, betrachte ich durch ihn diese Landschaft mit | |
| anderen Augen. | |
| taz: Faszination und Furcht, beides gehört zur Natur. Dürren, Waldbrände | |
| und Flutkatastrophen – [3][wie bedrohlich ist die Natur?] | |
| Jarchow: Die Ringvorlesung „Von Schönheit und Schrecken“ zu Landschaften | |
| und Ökologie zielt auf diese Frage – ein Angebot der Uni Hamburg und Teil | |
| des Festivals. Auch das Thema Wildnis zieht sich durch unser Programm: die | |
| Gefahren, die von Flüssen und Gewässern ausgehen, die Gewalt der See. | |
| taz: Der passionierte Vogel-Beobachter [4][Jonathan Franzen] hat über | |
| Nature Writing gesagt, um die Menschen für die Erhaltung der Welt zu | |
| begeistern, dürfe es nicht nur um Natur gehen. | |
| Jarchow: Franzen hat Recht! Wir wollten ihn übrigens einladen, aber er | |
| hatte keine Zeit (lacht). Am schönsten wäre es, wenn das Festival-Publikum | |
| bereit wäre, die gewohnten Pfade zu verlassen und sich für neue | |
| Naturerfahrungen öffnete. Zum Ausklang tritt Kymat (Sven Meyer) auf, der | |
| die elektrische Energie von Pflanzen abnimmt und in Töne verwandelt. Darauf | |
| bin ich selber gespannt. | |
| 17 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Frauke Hamann | |
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