| # taz.de -- Reiseziel Duschanbe: Fake it like Tadschikistan | |
| > In Tadschikistans Hauptstadt Duschanbe entsteht eine neue Welt aus | |
| > Sandstein, Glas und E-Autos. Das Geld kommt unter anderem aus China. | |
| Bild: Tadschikische Hauptstadt Duschanbe: An jeder Ecke hängen bizarre Propaga… | |
| Duschanbe raubt mir den Atem. Die tadschikische Hauptstadt ist ein | |
| Architekturwunder, von dem in Deutschland kaum jemand etwas weiß. Elegante | |
| Hochhausviertel im verzierten Sandsteinlook, zig Paläste, die auf irgendwas | |
| zwischen Weißem Haus und Saudi-Arabien referieren, gigantomanische | |
| Denkmäler und blitzsaubere Parks voller Blumen, die ständig neu gesetzt | |
| werden, auf dass die Farben nie vergehen. Businessmänner eilen vorbei, | |
| Kolonnen chinesischer E-Autos schieben sich durch die Stadt. | |
| Duschanbe raubt mir aber auch ganz wörtlich den Atem. [1][Denn der Strom | |
| kommt aus Kohlekraftwerken ringsum]; die Luft ist eine der schlechtesten | |
| der Welt. Klein-Dubai, wie Tadschik:innen die Stadt sarkastisch nennen, | |
| ist nicht wirklich reich. Der Wohlstand ist fake. Wie ein gefälschter | |
| Lacoste-Schuh. Viele ausgemergelte Gesichter und hoffnungslose Biografien | |
| sprechen eine andere Sprache. | |
| Wir fragen einen jungen Schriftsteller nach dieser irren Dauerbaustelle, | |
| seiner Heimatstadt. Er lächelt gequält. „Bitte streut kein Salz in meine | |
| Wunde.“ Denn die gesamte Stadt werde abgerissen. Buchstäblich. So gut wie | |
| jedes Haus. Das alte Duschanbe, das sich noch in den Vororten bestaunen | |
| lässt, hübsche Einfamilienhäuser mit Innenhöfen und Weinreben, darf nicht | |
| mehr existieren. Beschlossen haben das Diktator Emomalij Rahmon und sein | |
| Clan. Damit das Ausland staunt. | |
| ## Das Achselzucken, mit denen man Diktaturen überlebt | |
| Dasselbe sehen wir in anderen Städten. Nicht nur Bruchbuden, sondern der | |
| historische Stadtkern und sogar Neubauten werden dem Erdboden | |
| gleichgemacht, die Bewohner:innen zwangsumgesiedelt. Es ist eine dieser | |
| Geschichten, die man in Deutschland nicht erzählt. Viele Menschen, mit | |
| denen wir sprechen, nehmen es mit dem Achselzucken, mit dem man Diktaturen | |
| überlebt, und mit der Fassungslosigkeit, dass es auch in einem irren Staat | |
| noch irrer werden kann. | |
| All die Sauberkeit in Duschanbe fühlt sich bald unnatürlich an. An jeder | |
| Ecke hängen bizarre Propagandaplakate oder Überwachungskameras. Kritische | |
| politische Gespräche führen wir viele, aber nur in geschlossenen Räumen. In | |
| einem Staat, dem seine Menschen und seine Geschichte wertlos sind, kann man | |
| eine ganze Stadt planieren, einfach so. Das Geld dazu kommt unter anderem | |
| aus China. Eine Mausefalle, so nennt es der Schriftsteller – [2][denn China | |
| hat Interesse an den Bodenschätzen in der tadschikischen Pamir-Region]. Für | |
| viele Leute dort ist Duschanbe längst zu teuer. | |
| Einige sind aber auch stolz auf die Modernisierung. Die Neubauten gehen an | |
| Businessmänner, Gentrifizierung live. Als ein geliebtes historisches | |
| Teehaus abgerissen wurde, legten Menschen Blumen hin und weinten. Wie bei | |
| einer Beerdigung. [3][Es ist der lauteste Protest, der noch möglich ist]. | |
| 4 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
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