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# taz.de -- Gewaltbereite AfD-Politiker*innen: Viele, viele Einzelfälle
> Keine andere Partei fällt derart mit Gewalttaten auf wie die AfD. Eine
> unvollständige Chronik der vergangenen Jahre.
Bild: Der Berliner AfD-Politiker Kai Borrmann (vorn) vor Gericht in Berlin
Diese unvollständige Chronik ist in Zusammenarbeit mit den Beratungsstellen
von Betroffenen rechter Gewalt sowie durch Auswertungen von
Polizeimeldungen und Presseberichten entstanden. Überregional ist den
vernetzten Beratungsstellen längst aufgefallen, dass die Gewaltbereitschaft
von AfD-Politiker*innen seit mehreren Jahren zugenommen hat – analog
zur Radikalisierung der Partei.
Für Angegriffene stelle dies eine besondere Belastung dar: „Denn sie
wissen, dass die Täter*innen von einem breiten
Unterstützer*innen-Netzwerk und der Logistik einer
rechtsextremistischen Partei profitieren“, wie Heike Kleffner vom
[1][Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und
antisemitischer Gewalt] sagt. Zudem fühlten sich viele Angegriffenen vom
Rechtsstaat im Stich gelassen – aufgrund von jahrelang verschleppten
Verfahren, Täter-Opfer-Umkehr sowie einer Entpolitisierung und
Verharmlosung von Angriffsfolgen durch Staatsanwaltschaften und Justiz. Das
schwäche das Sicherheitsgefühl von Betroffenen und das Vertrauen in den
Rechtsstaat. Betroffen seien insbesondere Journalist*innen, politische
Gegner*innen und Personen, die der AfD nicht deutsch genug sind.
Keine andere Partei fällt derart mit Gewalttaten auf. Konsequenzen zieht
die Partei höchstens nach öffentlichem Druck.
Februar 2025, Borgsdorf, Brandenburg
Ein AfD-Ortsvorsitzender stößt an einem Wahlkampfstand einen Mann zu Boden.
Als dieser versucht aufzustehen, schubst er ihn erneut zu Boden. Die AfD
behauptete, selbst überfallen worden zu sein, [2][ein Video] belegt
allerdings den Angriff des AfD-Politikers.
Februar 2025, Gifhorn, Niedersachsen
Eine gehbehinderte Rentnerin und Teilnehmerin einer Demo gegen die AfD
[3][erstattet Strafanzeige] gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Stefan
Marzischewski-Drewes. Der AfD-Abgeordnete habe die 73-jährige Gehbehinderte
gegen eine Wand gedrückt und gewürgt. Zuvor habe sie versehentlich eine
Deutschlandfahne abgeknickt, mit der sie ein Teilnehmer einer
AfD-Kundgebung bedrängt habe.
Februar 2025, Hergatz, Allgäu, Bayern
Bei Protesten gegen einen monatlichen AfD-Stammtisch des
Bundestagsabgeordneten Rainer Rothfuß greifen AfD-Anhänger*innen nach
Rangeleien Protestierende an: Ein Demoteilnehmer erstattet Anzeige gegen
einen Kreisvorstand wegen gefährlicher Körperverletzung nach Fausthieben,
Fußtritten und dem Einsatz von Pfefferspray. Die AfD hängte danach ein
Banner am Ortseingang auf – Aufschrift: „Wir vergessen nicht“.
Januar 2025, Strausberg, Brandenburg
Laut Zeug*innen bedroht ein AfD-Stadtratsverordneter Nikolai S. bei einem
Auschwitz-Gedenken am 27. Januar in Strausberg mehrere Teilnehmer mit einem
Klappmesser. Zuvor gab es laut Teilnehmer*innen von mehreren
AfD-Stadtverordneten Drohungen sowie Störungen und Zwischenrufe bei der
Gedenkrede. Der Staatsschutz ermittelt zunächst. Dann aber liegt das
Verfahren zunächst monatelang bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder)
in der falschen Abteilung, wie sich nach taz-Anfrage herausstellt. Jetzt
würde ermittelt in der Abteilung für politische Strafsachen, heißt es, die
politische Dimension sei erst jetzt erkannt worden. Einen aktuellen Stand
könne man aber erst nächste Woche melden.
August 2024, Nordrhein-Westfalen
Das Urteil gegen den Chef der Jungen Alternative, Felix Cassel, ist
rechtskräftig. Der AfD-Bezirksverordnete in Bonn ist 2019 mit einem Auto in
eine Gruppe von Gegendemonstrant*innen gefahren und [4][fuhr dabei
einen Mann an]. Cassel bekommt wegen gefährlicher Körperverletzungen,
gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Unfallflucht sieben Monate
Haft auf Bewährung, muss die Verfahrenskosten tragen und Schmerzensgeld
zahlen.
Juli 2024, Freiburg, Baden-Württemberg
Zweitinstanzliches Urteil gegen den AfD-Gemeinderatskandidaten Robert H.
Laut Urteil hat er mit Pfefferspray zunächst zwei Jugendliche angegriffen,
die ihn als „Fascho“ beschimpfen. [5][Danach attackierte er einen
63-Jährigen und eine 52-Jährige], die den Jugendlichen zur Hilfe kamen.
Zunächst versprüht H. auch gegen sie Pfefferspray, dann sticht er mit einem
Messer in den Brustbereich des 63-Jährigen. Das Urteil: 120 Tagessätze à
10 Euro. Den Messerangriff wertete das Landgericht als Notwehr.
## Juni 2024, Essen, Nordrhein-Westfalen
Der AfD-Kommunalpolitiker Stefan Hrdy spuckt am Rande von Blockadeversuchen
beim AfD-Parteitag einer SPD-Politikerin ins Gesicht. Später lässt er sich
in Demoteilnehmer fallen und beißt einem Mann ins Bein. Zunächst inszeniert
sich Hrdy als Opfer und spricht von Notwehr. Ein Video von der Szene zeigt
jedoch: Hrdy geht bewusst in Richtung der Demonstrant*innen, lässt sich
fallen [6][und beißt dann dem Mann in den Unterschenkel]. Später lässt er
sich von der Partei als „Zeckenbeißer von Essen“ feiern und scherzt
darüber, dass der Demonstrant ein „bisschen Pfeffer gebraucht“ hätte.
Juni 2024, Schwäbisch-Hall, Baden-Württemberg
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart [7][stellt nach 12-monatigen Ermittlungen
das Verfahren gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Udo Stein ein]. Sie
ermittelte, weil er Gäste einer Shisha-Bar mit einer Softair-Waffe bedroht
haben soll. Ihm wurde Hausfriedensbruch, Verstoß gegen das Waffengesetz,
versuchte Körperverletzung und Angriff auf Vollstreckungsbeamte
vorgeworfen.
Bei den Ermittlungen wurden auch seine Privat- und Büroräume durchsucht. In
seinem Landtagsbüro fanden die Polizei dabei ein Messer und Munition. Bei
ihm zu Hause ganze 11 Langwaffen, 3 Softair-Waffen und mehr als 1.000
Schuss Munition. Als Jäger war Stein berechtigt, Waffen zu besitzen.
Die Ermittlungen wurden auch eingestellt, weil Stein nach dem Vorfall in
der Shisha-Bar zwischenzeitlich in einer psychiatrischen Klinik
untergebracht war. Damit konnte eine Schuldunfähigkeit nicht gänzlich
ausgeschlossen werden.
Nach seiner Entlassung aus der Psychiatrie wurden im Landtag von
Baden-Württemberg die Sicherheitsmaßnahmen hochgefahren: Stein durfte das
Parlament nur nach einer Sicherheitskontrolle mit Körperscanner betreten,
galt der Polizei als „hochgefährlich“ – sie erhöhte ihre Präsenz in un…
den Landtag und stufte den Schutz des Ministerpräsidenten hoch.
April 2024, Berlin
AfD-Bezirksverordneter Kai Borrmann wird drei Jahre nach einem
rassistischen Angriff auf eine schwarze Musikjournalistin rechtskräftig
verurteilt. Der AfD-Politiker [8][beschimpft eine schwarze
Musikjournalistin erst als „N***r“ und schlägt ihr ins Gesicht und beißt
ihr in den Arm]. Er bekommt eine Geldstrafe zur 180 Tagessätzen à 60 Euro.
Die Berufung bleibt erfolglos.
Februar 2024, Sammarei, Bayern
AfD-Stadtrat Robert Schregle drängt einen freien Journalisten [9][laut dem
Recherche-Portal „radikal trivial]“ bei der Gründung eines Vereins
gewaltsam aus dem Saal. Er schubst ihn derart, dass dieser sich demnach am
Sprunggelenk verletzt. Schirmherr der Veranstaltung ist ein
Landtagsabgeordneter der AfD.
September 2023, Sachsen
Das Landgericht Dresden bestätigt ein [10][Urteil gegen ehemaligen
AfD-Landesvorstand] und den suspendierten JVA-Beamten Daniel Zabel. Er ist
wegen rassistischer Misshandlungen eines tunesischen Häftlings im Juli 2018
verurteilt worden und bekommt wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt 16
Monate auf Bewährung. In einer Chatgruppe hatte er und andere Wächter mit
den Misshandlungen geprahlt. Sie hatten Gefangene zu Boden gebracht,
geschlagen und getreten. Aufgeflogen waren die Misshandlungen, nachdem
Zabel einen Haftbefehl illegalerweise verbreitet hatte. Bei den
Ermittlungen wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen fielen bei der
Auslesung seines Handys auch die Misshandlungen in der JVA auf.
März 2023, Bayern
Der AfD-Landtagsabgeordnete Ralf Stadler filmt sich selbst dabei, wie er
auf einer Zugfahrt von München nach Passau versucht, nicht weiße Personen
[11][bei einem Halt aus dem Zug zu stoßen]. Zuvor hat er sie als „Pack“
beschimpft. Ein Vorermittlungsverfahren gegen Stadler wird eingestellt.
Mittlerweile soll [12][Stadlers Immunität erneut aufgehoben werden], weil
er Daten aus einem Asylbescheid veröffentlicht hat und Migranten als „Pack“
und „Messerstecher“ beschimpft hat, zudem habe Bilder einer brutalen
Hinrichtung im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg geteilt haben. Stadler
bezeichnete die Vorwürfe als „lachhaft“.
Seine Immunität wurde bereits wegen Volksverhetzung und wegen eines
manipulierten Fotos bei Facebook aufgehoben, die Generalstaatsanwaltschaft
hatte deswegen Strafbefehle erlassen.
Januar 2023, Baden-Württemberg
Das Oberlandesgericht Karlsruhe verwirft die Revision gegen den ehemaligen
Freiburger AfD-Stadtrat und Neonazi-Anwalt Dubravko Mandic. Der war im Jahr
2022 wegen gefährlicher Körperverletzung zu sieben Monaten und einem Jahr
Bewährung verurteilt worden.
Er hatte einem Fahrradfahrer mit Tier-Abwehrspray ins Gesicht gesprüht. Der
Radfahrer wollte zwei Jugendlichen helfen, die Mandic festhielt, weil diese
AfD-Plakate beschädigt hätten. Mittlerweile ist Mandic nicht mehr in der
AfD.
Dezember 2022, Brandenburg
Der AfD-Gemeindevertreter Marcel Donsch wird wegen gefährlicher
Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung
verurteilt. Er hatte in einem Fall von Selbstjustiz mit zwei weiteren
Verurteilten einen Mann, dem er Stalking gegenüber einer Bekannten vorwarf,
entführt und misshandelt. Der AfD-Gemeindevertreter und seine Komplizen
zerrten den Mann in einen Lieferwagen, entkleideten und fesselten ihn. Dann
fuhren sie in ein Waldstück und schlugen ihn zusammen.
Der Verurteilte beschimpfte den Richter. Mittlerweile ist Donsch nicht mehr
in der AfD, er ist ausgetreten „wegen der verfehlten Ukraine und
Coronapolitik“, aber noch kommunalpolitisch aktiv.
November 2022, Niedersachsen
Urteil zu einer Geldstrafe gegen einen AfD-Kommunalpolitiker: Der Soester
Ratsherr und Kreistagsabgeordneter Mirko Fischer schlägt einer
Bundestagskandidatin der Linken im September 2021 derart stark gegen den
Kopf, dass sie ein Schleudertrauma erleidet. Die Linken-Kandidatin
demonstrierte gegen einen Auftritt von Höcke. Der AfD-Kommunalpolitiker
ging unvermittelt auf die Gegendemonstrantin zu und griff sie ohne
Vorwarnung an.
1 Jun 2025
## LINKS
[1] https://verband-brg.de/
[2] https://www.maz-online.de/lokales/oberhavel/afd-politiker-stosst-am-wahlsta…
[3] https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/gifhorn/article40823982…
[4] https://ga.de/bonn/stadt-bonn/bonner-afd-politiker-felix-cassel-nach-auto-a…
[5] /Mutmassliche-rechte-Gewalt-in-Freiburg/!5783113
[6] https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/afd-parteitag-essen-bissattacke…
[7] https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/heilbronn/ermittlungen-geg…
[8] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/05/03/exklusiv-berliner-af…
[9] https://radikaltrivial.wordpress.com/2024/02/05/pressefeindlichkeit-und-gew…
[10] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/dresden-radebeul/urteil-gew…
[11] ttps://www.br.de/nachrichten/bayern/afd-abgeordneter-stadler-beschimpft-im…
[12] https://www.br.de/nachrichten/bayern/immunitaet-von-afd-abgeordnetem-stadl…
## AUTOREN
Gareth Joswig
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