# taz.de -- Klage gegen renommierten US-Sender: Wenn Medien zum Risikogeschäft… | |
> US-Medien stehen immer mehr unter Druck, vor allem, wenn sie kritisch | |
> berichten. Jetzt trifft es die preisgekrönte CBS-Sendung „60 Minutes“. | |
Bild: Eingang des „60 Minutes“-Büros im Hauptquartier des Senders CBS in N… | |
Berlin taz | Das renommierte Magazin „60 Minutes“ ist das Aushängeschild | |
des Senders CBS. 1968 ins Leben gerufen, kombiniert die Sendung | |
Investigativrecherche mit knallharten Interviews. Dafür hat sie etliche | |
Branchenpreise gewonnen – und mehr Emmys als jede andere Primetime-Sendung | |
bekommen. Doch in der zweiten Amtszeit Donald Trumps ist [1][ihre | |
Unabhängigkeit gefährdet] – wie auch die anderer Nachrichtenformate. | |
Grund dafür ist der Verkauf von Paramount, dem CBS gehört. In der Sendung | |
vom 27. April erklärte der „60 Minutes“-Korrespondent Scott Pelley seinen | |
sieben Millionen Zuschauer*innen: „Unsere Muttergesellschaft Paramount | |
versucht, eine Fusion abzuschließen. Die Trump-Regierung muss diese | |
genehmigen. Paramount hat begonnen, unsere Inhalte auf neue Weise zu | |
beaufsichtigen.“ | |
Der Chef von „60 Minutes“, Bill Owens, hat deshalb im April nach 37 Jahren | |
bei CBS gekündigt. Er könne unabhängige Entscheidungen nicht mehr treffen, | |
sagte er. Der Fall von Paramount und CBS steht exemplarisch für den Druck | |
auf Medien in den USA unter Trump. Früher schmückten Großkonzerne ihre | |
Portfolios mit prestigeträchtigen Medien. | |
Heute sind sie zum politischen Risiko geworden, da kritische Berichte | |
andere Geschäftsinteressen gefährden können. Paramount – ein Hollywooder | |
Traditionsstudio, das in der Streaming-Ära bislang nur schwer mithalten | |
konnte – soll von Skydance Media übernommen werden. | |
## Trump fordert 10 Milliarden Dollar Schadenersatz | |
Führungskräfte bei Paramount glauben, dass Trump den Deal torpedieren | |
könnte, wenn das Unternehmen in einem anderen Verfahren nicht einknickt. | |
Trump [2][hat CBS verklagt]: Er behauptet, dass „60 Minutes“ ein Interview | |
mit seiner Konkurrentin um das Weiße Haus, Kamala Harris, im Wahlkampf so | |
geschnitten habe, dass ihre Antworten kohärenter klingen würden. | |
An Trumps Behauptung ist wenig dran, doch auch nach seinem Wahlsieg | |
klammert er daran fest: Er will 10 Milliarden Dollar Schadenersatz und | |
fordert, dass CBS die Senderlizenz entzogen wird. Inzwischen hat er einen | |
Vertrauten, Brendan Carr, zum Chef der Federal Communications Commission | |
(FCC) ernannt, die der Übernahme von Paramount zustimmen muss. | |
Auch andere Medien geraten ins Visier. Im Dezember feierte Trump einen | |
außergerichtlichen Sieg gegen den Sender ABC, der Disney gehört. ABC muss | |
15 Millionen Dollar an ein künftiges Trump-Museum samt Stiftung zahlen und | |
seine Anwaltskosten in Höhe von einer Million Dollar übernehmen. | |
## Keinen Mut für Rechtsstreit | |
Auslöser war die Aussage eines Moderators, dass ein Gericht in Manhattan | |
Trump wegen Vergewaltigung für schuldig befunden habe (richtig ist: wegen | |
sexuellen Missbrauchs und Diffamierung). Einen Rechtsstreit wollte der | |
Sender nicht wagen, obwohl ABC aus Sicht einiger Rechtsexperten vor Gericht | |
hätte weiterkämpfen können. | |
Die FCC unter Brendan Carr ermittelt nun gegen NBC News und MSNBC, die dem | |
Telekommunikationsriesen Comcast gehören, offiziell wegen internen | |
Maßnahmen, um Vielfalt und Inklusion zu fördern. Auch das dürfte politisch | |
motiviert sein: Im Wahlkampf warf Trump Comcast „Landesverrat“ vor, die | |
Berichterstattung von NBC und MSNBC seien „einseitig und boshaft“. | |
Das Ergebnis: Comcast kündigte im November an, beide Nachrichtensender | |
abgeben zu wollen, an ein dafür neu gegründetes, börsennotiertes | |
Unternehmen. Auch Warner Brothers Discovery will sein Streaming-Geschäft | |
von anderen Medienorganisationen im Portfolio wie CNN trennen. | |
Jeff Bezos’ Amazon hat aktuell nur eine politische Sendung in der Mache: | |
eine Doku über Melania Trump, die 40 Millionen Dollar kosten soll. Und mit | |
Bezos als Eigentümer nimmt die renommierte Washington Post einen immer | |
unkritischeren, Trump-freundlicheren Kurs an. | |
Im Mai berichtete der Journalist Michael Wolff im New York Magazine, dass | |
Trumps Team Warner Brothers in Bezug auf Melanias Amazon-Doku nahegelegt | |
hat, dass seinem Sohn, Donald Junior, eine eigene Jagd- und Angelsendung im | |
Discovery Channel gefallen würde – und dass man sich so in die Gunst des | |
Präsidenten schleimen könnte. | |
Doch wie der Economist Anfang Mai treffend schrieb: „Selbst wenn | |
Medienunternehmen ihre Nachrichtenredaktionen abstoßen, ist das keine | |
Garantie dafür, dass sie sich der Aufmerksamkeit von Mr. Trump entziehen | |
können.“ | |
3 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Tag-der-Pressefreiheit-2025/!6078405 | |
[2] /Nach-Interview-mit-Kamala-Harris/!6046388 | |
## AUTOREN | |
Nicholas Potter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
TV-Sender | |
Schwerpunkt USA unter Trump | |
Social-Auswahl | |
US-Demokraten | |
Schwerpunkt USA unter Trump | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sachbuch „Abundance“ aus den USA: Mehr, nur wie und wovon? | |
In ihrem umstrittenen Buch „Abundance“ plädieren die US-Journalisten Ezra | |
Klein und Derek Thompson für mehr Investitionen und weniger Regulierung. | |
Repression gegen US-Universitäten: Trump-Regierung stoppt Vergabe von Studente… | |
Die amerikanische Regierung setzt im Streit mit den Universitäten zum | |
nächsten Schlag an: US-Botschaften weltweit geben keine Studentenvisa mehr | |
aus. | |
Juraprof über Presse in den USA: „Unser rechtlicher Rahmen beruhigt mich“ | |
Die US-Verfassung biete noch Schutz vor den Angriffen von US-Präsident | |
Donald Trump auf die Presse, sagt Juraprofessor Russell Miller. Ein | |
Gespräch. | |
US-Medien unter politischem Druck: Wir brauchen jetzt dringend unsere Medienauf… | |
Trump, Musk & Co. attackieren Medien – und die AfD applaudiert. In den USA | |
droht die Demokratie zu kippen – und hier? |