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# taz.de -- Urteil zu Asylpolitik: Zurückweisungen sind rechtswidrig
> Das Berliner Verwaltungsgericht gibt der Klage von drei
> Somalier:innen statt. Der Eilbeschluss ist nicht anfechtbar.
Bild: Bundesinnenminister Dobrindt und Markus Söder besuchen die Grenzkontroll…
Freiburg taz | Die Zurückweisung von Asylsuchenden an der deutschen Grenze,
die Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) Anfang Mai anordnete, ist
rechtswidrig. Das entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem
Eilbeschluss, den drei Somalier:innen erwirkt hatten.
Es war eines der zentralen Wahlkampf-Versprechen von Friedrich Merz. Schon
an seinem ersten Arbeitstag als Kanzler sollten keine Asylsuchenden mehr
nach Deutschland einreisen dürfen. Tatsächlich hat der neue Innenminister
Alexander Dobrindt (CSU) gleich am 7. Mai die Bundespolizei angewiesen,
Asylsuchende an der deutschen Grenze ins jeweilige Nachbarland
zurückzuweisen. Nur „vulnerable“ Asylsuchende, etwa Kinder und Schwangere,
sollten weiterhin einreisen dürfen.
Dobrindt berief sich auf Paragraf 18 des deutschen Asylgesetzes, der solche
Zurückweisungen tatsächlich erlaubt, wenn jemand aus einem sicheren
Drittstaat einreist. Allerdings wird die Vorschrift schon lange von
vorrangigem EU-Recht überlagert. So verlangt die Dublin-3-Verordnung der
EU, dass zunächst der EU-Staat festgestellt wird, der für das Asylverfahren
zuständig ist. Diese EU-Vorschrift wollte Dobrindt jedoch nicht anwenden,
erklärte er in einer Pressekonferenz am selben Tag. Er berief sich dabei
auf Artikel 72 des EU-Arbeitsvertrags (AEUV), der als Ausnahme- oder
Notlagenklausel bekannt ist. [1][Unter Jurist:innen galt als sicher,
dass Dobrindt mit dieser Begründung keinen Erfolg haben wird.]
Geklagt haben nun drei Somalier:innen; eine minderjährige Frau und zwei
junge Männer. Die drei Flüchtlinge wollten am 9. Mai aus Polen per Zug nach
Deutschland einreisen. Doch die Bundespolizei in Frankfurt/Oder schickte
sie nach Polen zurück, weil sie aus einem sicheren Drittstaat eingereist
waren. Die Asylgesuche der drei Somalier:innen ignorierten die
Polizist:innen. Die Flüchtlinge wurden von der Organisation Pro Asyl
unterstützt.
In einem nicht mehr anfechtbaren Eilbeschluss, erlaubte das
Verwaltungsgericht Berlin nun die Einreise. Das Dublin-Verfahren zur
Feststellung des EU-Staats, der für das Asylverfahren zuständig ist, müsse
in Deutschland durchgeführt werden. Die Zurückweisung der Asylsuchenden an
der deutschen Grenze sei daher „rechtswidrig“.
## Notlagenklausel zieht nicht
Auch Dobrindts Verweis auf die Notlagenklausel des Artikel 72 AEUV ließen
die Richter nicht gelten. Es fehle bereits an der hinreichenden Darlegung
einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Kein Wunder, die
Zahlen der Asylanträge sind derzeit deutlich niedriger als noch vor ein,
zwei Jahren.
Die als „Asylwende“ verkündete Zurückweisung von Flüchtlingen an der Gre…
hatte sich ohnehin als große symbolische Show erwiesen. In der ersten Woche
waren [2][gerade 32 Asylsuchende zurückgewiesen worden]. Viele Flüchtlinge
haben vermutlich direkt den Weg über die nur schlecht kontrollierten grünen
Grenzen Deutschlands genommen.
Die drei somalischen Flüchtlinge können sich nun wohl nicht frei im
Bundesgebiet bewegen. Das Dublin-Verfahren könne auch „an der Grenze oder
im grenznahen Bereich“ durchgeführt werden, so das Verwaltungsgericht.
2 Jun 2025
## LINKS
[1] /Zurueckweisungen-an-der-Grenze/!6088781
[2] /Neue-Haerte-an-den-Grenzen/!6084787
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Asylrecht
Grenzschließung
Alexander Dobrindt
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Neue Bundesregierung
Alexander Dobrindt
Asylrecht
wochentaz
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