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# taz.de -- Friedrich Merz und die Viertagewoche: Kompetenz des Kanzlers? Lokom…
> Auch wenn Merz es nicht glauben will: Eine Viertagewoche und
> Work-Life-Balance steigern die Effizienz. Das weiß auch die ARD-Sendung
> „Wirtschaft vor acht“.
Bild: Der deutsche Wirtschaftsmotor, wie der Kanzler ihn sieht: Hier die Meckle…
Mitunter machen die „[1][Wirtschaft vor acht]“-Moderator*innen politisch
interessanteres TV als die Late-Night-Talks. Die ARD-Sendung kurz vor 20
Uhr hat zwar nur wenige Minuten zur Verfügung; aber so wie mir manchmal die
Nachrichten in leichter Sprache reichen, reicht mir manchmal an Kommentar,
was die Sendung von der Frankfurter Börse liefert. Wie elegant sie
[2][beispielsweise am Mittwoch]abend den Kanzler Friedrich Merz piekste,
war groß.
Breitbeinig hatte der zuvor gedroht: „Mit Viertagewoche und
Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten
können.“ Moderator Markus Gürne präsentierte in seiner Minisendung
daraufhin einerseits eine Umfrage unter Unternehmern, die – Überraschung! –
der Aussage von Merz entsprach: 82 Prozent der Unternehmen hätten die
Viertagewoche noch nie getestet, trotzdem glaubten 69 Prozent, dass mit
dieser Maßnahme die Arbeit liegen bliebe, und 60 Prozent hielten sie für
eine Gefährdung des deutschen Wohlstands.
Andererseits erläuterte Markus Grüne, dass Betriebe durch die Komprimierung
von Arbeit positive Effekte auf ihre Effizienz feststellten, wenn sie auch
nicht in allen Branchen machbar sei. Außerdem verwies er darauf, dass es
„Normalzustand“ sei, dass die Nachfolger*innen der Boomergeneration
flexible Arbeit wollten und, wenn sie sie hier nicht kriegten, dahin
gingen, wo sie sie fänden: Von Portugal bis Belgien sei die Viertagewoche
längst gesetzlich verankert. „Europa bietet den unschätzbaren Vorteil, dass
man schauen kann, wie machen es eigentlich die anderen und ob das klappt.“
Ein hübscher Seitenhieb gegen den Kanzler, der sich nur Stunden zuvor als
Kanzler der Außenpolitik präsentierte.
## Eine populistische Ansage
Der Schlussblick auf die trotz Regierungserklärung immer noch trübe
DAX-Anzeige war der krönende Abschluss eines impliziten Kommentars zur
Kompetenz des selbst ernannten Wirtschaftskanzlers. Der wurde in der
Sendung übrigens nicht einmal beim Namen genannt. Auch aus diesem Grund
waren diese wenigen Minuten TV mein politjournalistisches Highlight der
Woche. Ohne aufgeregte Rechthaberei wurde dem Regierenden zwischen den
Zeilen sein altbackenes [3][Arbeitsethos] um die Ohren gehauen, mit dem er
die derzeit ziemlich alt aussehende deutsche Wirtschaft zu einer
„Wachstumslokomotive“ machen will.
Dass Merz ausgerechnet die Lokomotive bemühte, dieses abgedroschenste aller
abgedroschenen Bilder für Fortschritt, könnte schon ein Warnzeichen sein
für das, was wir unter ihm so von Wirtschaftspolitik zu erwarten haben:
„Wir müssen wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten.“
Eine populistische Ansage, die suggeriert, die deutsche Wirtschaft kranke
an frühem Feierabend und nicht an Investitionsstau, Kriegsfolgen, der
Ideenlosigkeit der deutschen Automobilbranche oder der Idiotie
konservativer deutscher Wirtschaftspolitik, die nichts dagegen unternahm,
dass [4][China Deutschland als Weltmarktführer von Solartechnologie
ablöste]. Erst war kräftig in die Entwicklung von Solartechnologie
investiert worden, doch als China den deutschen Markt mit
Billigsolaranlagen flutete, wurde nichts für die dadurch pleitegehenden
deutschen Unternehmen getan, die dann samt dem vom deutschen Steuerzahler
finanzierten Know-how von China aufgekauft wurden.
Merz’ Unterstellung, die deutsche Wirtschaft sei krank, weil hier zu früh
„Feierabend!“ gesagt werde, ist so absurd wie der Glaube, wenn wir uns nur
genug fürs Fliegen schämten und weniger duschten, mache das Klima
Hurrasprünge. „Wirtschaft vor acht“ sollte sowieso „Klima vor acht“ he…
Im Jahr der mutmaßlichen [5][Jahrhundertdürre] wäre es weise, das
Wirtschaftsklima mit der Stimmung der Erdatmosphäre abzugleichen. Ansonsten
bin ich der Meinung: Früher Feierabend ist Lokomotive.
16 May 2025
## LINKS
[1] https://www.ardmediathek.de/sendung/wirtschaft-vor-acht/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3R…
[2] https://www.ardmediathek.de/video/wirtschaft-vor-acht/wirtschaft-vor-acht/d…
[3] /Gen-Z-auf-dem-Jobmarkt/!6004738
[4] /Dumping-bedroht-Solar-Branche/!5999279
[5] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/wetter-duerre-hitze-jahrhundertsomm…
## AUTOREN
Doris Akrap
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