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# taz.de -- Niedersachsens Werteunion zerfällt: Grüner zu weit rechts
> Der niedersächsische Landesverband der rechten Werteunion bröselt
> auseinander. Mitgliedern ist der Vorsitzende Steffen Grüner zu radikal.
Bild: Graue Köpfe im Halbschatten: Bundesparteitag der Werte-Union
OSNABRÜCK taz | Steffen Grüner ist es gewohnt, dass ihm Gefolgsleute von
der Fahne gehen. Schon zweimal hat seine Wählervereinigung „Bund
Osnabrücker Bürger“ alle Mandate verloren – ihre Stadtratsmitglieder
wanderten ab. Auch bei der [1][Werteunion (WU)], der Partei des früheren,
nach rechtsaußen abgedrifteten Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg
Maaßen, schmilzt Grüners Personaldecke nun dahin: Im Landesverband
Niedersachsen, dem er seit der Gründung im Juni 2024 vorsitzt, häufen sich
die Austritte.
„Das Problem ist immer dasselbe: Grüner selbst“, sagt
Landesverbands-Mitglied Müller* im Gespräch mit der taz. „Er gefällt sich
stark rechtslastig, auch radikal, von der Fremdenfeindlichkeit bis zur
Geschichtsverdrehung.
Sein Führungsstil ist zentralistisch und streng hierarchisch, geprägt von
Top-Down-Entscheidungen mit auffällig viel Verwendung von KI-gestützter,
unpersönlicher Wortwahl.“ [2][Steffen Grüner] generiere kaum politische
Inhalte, „dafür viele polemische Postings auf Social Media“. Seine Ziele
seien undurchsichtig.
## Ein Zehntel der Mitglieder ist schon weg
Müller ist Anfang der Woche aus dem niedersächsischen Landesverband der
Werteunion ausgetreten. Und er ist nicht allein: Sechs Mitglieder seien in
den vergangenen Tagen wegen Steffen Grüner gegangen, sagt er, mindestens
zwei hätten die Partei sogar ganz verlassen.
Das ist jeder Zehnte des mit knapp 70 Mitgliedern winzigen Verbands. „Das
ist ein Knall“, sagt Müller. „Den hört auch der Bundesvorstand.“ Es gehe
nicht darum, den Vorstand zu stürzen. „Aber konstruktive politische Arbeit
ist da einfach nicht möglich.“
„Wir können bestätigen, dass es eine Handvoll Mitglieder gibt, die aus dem
Landesverband Niedersachsen in einen anderen Landesverband wechseln
wollen“, schreibt Wolfgang Osinski der taz, er ist der Bundessprecher der
Werteunion. „Unseres Wissens handelt es sich um fünf Mitglieder, die aus
persönlichen Gründen wechseln wollen.“
Osinski beteuert, der Vorgang sei „keine Palastrevolution“. Das klingt
nach Schadensbegrenzungskommunikation. Anfang 2025 hatten Betrugsvorwürfe
den WU-Landesverband Niedersachsen erschüttert.
Beim gescheiterten Versuch, ihn an der Bundestagswahl teilnehmen zu lassen,
hatte es bei Unterschriften angeblicher UnterstützerInnen aus Grüners
Wohnort Osnabrück „erhebliche Auffälligkeiten“ gegeben, so Arne Köhler,
Sprecher der Stadt. Hunderte Unterschriften waren ungültig; die
Staatsanwaltschaft ermittelt.
Grüner habe behauptet, die WU sei gelinkt worden, so Müller. „Das war alles
höchst undurchsichtig. Und wenn das Wort,Werte’ noch etwas wert sein soll,
müssen wir das aufklären.“ Grüner habe von einem „Kontakt“ gesprochen,…
die Unterschriften in Osnabrück für ihn besorge, „aber wer das war und wie
das ablief, blieb dunkel“. Es habe Gerüchte gegeben, der Landesvorsitzende,
der von Beruf Arzt ist, habe für die Unterschriften seine Patientenakten
benutzt.
In der Werteunion war dieser Vorgang Ende Januar auch offiziell Thema
geworden. Das Papier „Anträge zur Aufklärung der Vorfälle im Zusammenhang
mit gefälschten Unterstützungsunterschriften“ von
Niedersachsen-Verbandsmitglied Ingo Wendelken, jüngst der taz zugespielt,
kursierte bis zum Bundesvorstand.
## Unabhängige Untersuchungskommission gefordert
Transparenz fordert Ingo Wendelken in dem Papier und die Einrichtung einer
unabhängigen Untersuchungskommission. Der „Rücktritt betroffener
Führungspersonen bei nachgewiesener Mitschuld“ wird auch mit ins Spiel
gebracht. Steffen Grüner solle sich „öffentlich und transparent zu seiner
Rolle und den Vorkommnissen äußern“. Die Werteunion [3][verfehlte in
Niedersachsen die Zulassung] zur Bundestagswahl.
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück habe nicht gegen die Werteunion ermittelt,
sondern gegen Grüner, betont Müller. Aber das lässt keine Rückschlüsse auf
Unschuld oder Schuld zu. „Das Strafrecht“, erklärt Christian Bagung, bei
der Staatsanwaltschaft Osnabrück für den Fall zuständig, „richtet sich ja
grundsätzlich nur gegen natürliche Personen.“ Dem Patientenakten-Verdacht
sei man nachgegangen. „Das ließ sich aus den Daten aber nicht erhärten.“
„Zumindest ist Fahrlässigkeit im Spiel“, sagt Müller. „Grüner hätte d…
überprüfen müssen. Stümperhaft. Peinlich.“ Wirklich aktiv seien im
Landesverband ohnehin nur Einzelne. „Um ein Flächenland wie Niedersachsen
zu bespielen, hätten wir 1.000 gebraucht.“ Es gelte, „demütig zu sein vor
der eigenen Bedeutungslosigkeit“, sagt Müller.
Auch das Landesverbandsmitglied Rühl* ist vor ein paar Tagen ausgetreten –
wegen Grüner. „Grüner ist rechtsextrem, zeigt eine obsessive Nähe zur AfD�…
sagt er der taz. „Wenn wir so auftreten, haben wir keine Chance.“ Man müsse
sich „sympathisch präsentieren, nicht gehässig“.
Grüner sei „fanatisch“, habe „eine Gruppe Unkritischer um sich geschart,
die ihn stützen“. Themenvorschläge würden abgebügelt, Mitgliedsanträge
blieben unbearbeitet, es fehle an Politerfahrung, an Kompetenz. Der
niedersächsische Landesverband drohe zu scheitern. Die Austritte setzten
ein Zeichen, sagt Rühl.
Die Austrittswelle scheint nun abgesprochen zu sein. Die Frage ist, ob der
Bundesvorstand Konsequenzen aus ihr zieht. Jeder Landesverband habe „seine
eigene Dynamik“ heißt es auf der Website der Bundes-WU. In Niedersachsen,
scheint es, ist sie negativ. Grüner selbst, von der taz mehrfach um
Kommentierung geben, schweigt.
*Namen geändert
19 May 2025
## LINKS
[1] /Maassens-Werteunion-wird-Partei/!5986757
[2] /Werteunion-Vorsitzender-in-Niedersachsen/!6016193
[3] /Maassen-Partei-vor-Bundestagswahl/!6062221
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Osnabrück
Werteunion
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