# taz.de -- Merz’ erste Regierungserklärung: Die Mitte ist leer | |
> In seiner ersten Regierungserklärung offenbart Kanzler Friedrich Merz | |
> eine programmatische Lücke. Die dürfte schwer zu füllen sein. | |
Bild: Berlin, 14. Mai: Friedrich Merz bei der Regierungserklärung im Deutschen… | |
Friedrich Merz will keinesfalls „mit einem ideologischen Großprojekt die | |
Gesellschaft verändern“ – [1][und dementiert damit energisch], was niemand | |
wirklich vermutet hatte. Schwarz-Rot wird keine disruptive Regierung | |
werden, kein Trumpismus light. Diese Regierung wird, umrankt von der | |
üblichen Mutprosa, irgendwie so weitermachen wie bisher: [2][In der | |
Migration wird der Kurs noch einmal verschärft,] über das hinaus, was die | |
Ampel schon getan hat. Merz hat seine Hauruck- und Grenzen-dicht-Rhetorik | |
etwas heruntergedimmt, man kann ja schlecht MigrantInnen rüde in | |
Nachbarländer zurückweisen und sich gleichzeitig dafür feiern, Europa jetzt | |
richtig voranzubringen. | |
Merz will ein außenpolitischer Kanzler werden. Sein Weltbild wirkt dafür | |
etwas antiquiert: China taucht als Rivale auf, Trump als Partner, dem der | |
Kanzler mit freundlichen Telefongesprächen den Weg in die westliche | |
Wertewelt heimzuleuchten hofft. Es dauert noch eine Weile, bis Deutschland | |
in der neuen, postwestlichen Weltordnung ankommt. Merz’ Regierungserklärung | |
macht einen Hohlraum sichtbar, diese Regierung der Mitte ist programmatisch | |
leer. | |
Nun ist der Kompromiss das Kennzeichen des bundesdeutschen Systems. Fast | |
jeder wuchtig angekündigte politische Reißschwenk schrumpft in der | |
bundesdeutschen Konsenskultur spätestens in der Koalitionsregierung zum | |
pragmatischen Sowohl-als-auch. Bei Schwarz-Rot ist dieser Pragmatismus noch | |
ausgeprägter. Dieser Regierung ist noch nicht mal eine brauchbare | |
Selbstbeschreibung eingefallen, „Verantwortung“ ist kein Ziel, sondern eine | |
Selbstverständlichkeit. | |
Die Wählerschaft wollte keine Regierung des Fortschritts mehr, keine | |
Politik, die fordert, steuert, anstrengend ist. Sie wollte Mitte, | |
Kontinuität. Auffällig ist, dass dem Kanzler zum Klima wenig einfällt. Der | |
[3][Klimawandel scheint, verglichen mit der in grellen Farben gemalten | |
Bürokratie, ein harmloses Phänomen] zu sein. Seine Regierungserklärung fügt | |
sich nahtlos in dieses Bild. | |
Zudem mixt sie Appelle (mehr arbeiten!) mit dem nicht sonderlich | |
originellen Versprechen, gut zu regieren. Ob [4][SPD und Union das ohne | |
dauerndes Funkensprühen] gelingt, ist zweifelhaft. Arbeitsministerin Bärbel | |
Bas will 15 Euro Mindestlohn politisch anordnen, Merz lehnt das ab. So früh | |
so viel Dissens ist kein gutes Zeichen. | |
14 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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