# taz.de -- Antisemitismus-Streit der Linken: Feigheit vor dem Freund | |
> Skandalös ist nicht die Antisemitismus-Definition der Linkspartei. | |
> Skandalös ist eine hasenfüßige deutsche Politik gegenüber Israel. | |
Bild: Was wir brauchen: eine sachliche Debatte um Antisemitismus in Deutschland… | |
Die Linkspartei hat ein Steinchen ins Wasser geworfen – und eine | |
Empörungswelle ausgelöst. [1][Die GenossInnen haben sich gegen die gängige | |
IHRA-Antisemitismus-Definition gewandt.] Die würde, so die nachvollziehbare | |
Kritik, die Trennlinie zwischen der Kritik an Israel und Antisemitismus | |
verwischen. Daher will die Linkspartei sich lieber an die „Jerusalemer | |
Erklärung“ halten, die diese Grenze deutlicher markiert. Der | |
Antisemitismusvorwurf wird oft benutzt, um die Kritik an der rechten | |
Regierung in Israel in eine dubiose Ecke zu rücken. Die Linkspartei | |
thematisiert damit zu Recht die enger werdenden Grenzen des Sagbaren. | |
Wenig weitsichtig [2][wirkt die Reaktion des Zentralrats der Juden]: Die | |
Linkspartei verschweige Antisemitismus und befördere den Hass auf Israel. | |
Das ist überzogen. Die Jerusalemer Erklärung wurde von anerkannten | |
liberalen, teil israelischen Intellektuellen verfasst. Sie in die Ecke des | |
Antisemitismus zu rücken, erinnert an die Strategie der israelischen | |
Rechten. | |
Die nutzen den Antisemitismusvorwurf als eine Art Superwaffe. Die | |
rhetorische Eskalation um den Linkspartei-Beschluss erschwert, was wir | |
brauchen: eine sachliche Debatte um Antisemitismus in Deutschland und die | |
Frage, welche Kritik an Israel legitim ist – und welche nicht. | |
Dazu gehört auch die Frage: Welche Kritik ist nötig? Welche zu zaghaft? | |
Frank-Walter Steinmeier lobt beim Treffen mit Israels Präsident Jitzchak | |
Herzog Israel als rechtsstaatliche liberale Demokratie, die sich gegen den | |
islamistischen Terror wehren müsse. Steinmeier merkt nebenbei an, dass | |
Hilfslieferungen nach Gaza zu erlauben wünschenswert wäre. Und mahnt | |
unverbindlich einen Waffenstillstand an. | |
Diese eingeübte deutsche Sprechweise ist doppelt unangemessen. Im | |
Angesichts des Schreckens des Gazakrieges reicht es nicht, pflichtschuldig | |
in einen Halbsatz das Leid der Zivilisten zu erwähnen. | |
Das ist, wenn man politische Moral reklamiert, einfach zu wenig. Zudem wird | |
Steinmeier am Dienstag Benjamin Netanjahu lächelnd die Hand drücken. Dabei | |
nebenbei die Einhaltung der Menschenrechte zu erwähnen, wird auf die rechte | |
Regierung in Israel wenig Eindruck machen. Die reagiert, wenn überhaupt, | |
auf Druck. Die Instrumente dafür sind bekannt: ein Stopp der | |
Waffenlieferungen und die diplomatische Anerkennung Palästinas. Das aber | |
ist von der deutschen Politik nicht zu erwarten. | |
Skandalös ist nicht, dass die Linkspartei sich diese Definition zu eigen | |
macht. Skandalös ist eine hasenfüßige deutsche Politik, die lieber | |
Fototermine macht, als Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen, dass Israel | |
Kriegsverbrechen begeht. | |
13 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Linkspartei-und-Antisemitismus/!6084443 | |
[2] https://www.tagesspiegel.de/politik/steht-nicht-an-der-seite-der-juden-zent… | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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