| # taz.de -- Fotografie von Tata Ronkholz in Köln: Banales für die Ewigkeit | |
| > Büdchen, Boutiquen, Gittertore: Die Kölner Ausstellung „Gestaltete Welt“ | |
| > würdigt die lang übersehene Fotografin und Becher-Schülerin Tata | |
| > Ronkholz. | |
| Bild: Tata Ronkholz: Friseur, Köln-Ehrenfeld, Philippstraße 30, 1980 | |
| Bahnschienen, ein Tor aus Blech und Stahl, eine nicht näher zu | |
| identifizierende Industrieanlage – Tata Ronkholz’ Fotografie einer | |
| Firmenzufahrt im Kölner Norden ist ein Spiel mit den Ebenen. Im Vordergrund | |
| die Gleise, die in einem leichten Schwenk aus dem Bild führen, im | |
| Hintergrund Metallkonstruktionen, vermutlich Silos, rechts ein schlichtes | |
| Backsteingebäude. Getrennt werden die beiden Ebenen durch ein weiß-graues | |
| Tor, das keinen Einblick gewährt. Zwei Sechsecke schauen uns wie ein Paar | |
| Augen an. | |
| Schienen und Industrie, Tore und Mauern – die Stimmung schlägt schnell um. | |
| Assoziationen an Konzentrationslager und Vernichtungslager der | |
| Nationalsozialisten liegen nicht nur nahe, sie drängen sich geradezu auf. | |
| „Firma Tromm, Tor Gleisanschluss, Köln-Niehl, 1983“, so der schlichte Titel | |
| des Fotos, zeigt nur eines von vielen Industrietoren, die von der | |
| Designerin und Fotokünstlerin Tata Ronkholz ab 1979 mit ihrer Kamera | |
| eingefangen wurden. | |
| Über mehrere Jahre entstand eine ganze Serie, mit der sich die 1940 als | |
| Roswitha Tölle geborene Ronkholz eindeutig im Epizentrum der damals neuen | |
| Rheinischen Fotoschule verorten lässt – ab 1977 war sie Schülerin der | |
| Klasse für künstlerische Fotografie des Ehepaars Bernd und Hilla Becher an | |
| der Düsseldorfer Kunstakademie. | |
| Der Kunstmarkt zeigte schon bald großes Interesse an der innovativen | |
| Fotokunstklasse und hob ihre Schüler*innen Candida Höfer ebenso in den | |
| Olymp wie die Struthruffskys – ein Kofferwort der [1][erfolgreichsten | |
| Schüler Andreas Gurky], Thomas Ruff und [2][Thomas Struth]. Zu Beginn der | |
| 2000er Jahre waren die meist großformatigen Bilder sowohl in den | |
| renommierten Museen als auch auf den Kunstmessen besonders gefragt. Tata | |
| Ronkholz und ihr Werk hingegen gerieten mit der Zeit in Vergessenheit. | |
| Einer der Gründe: Bereits Mitte der 80er Jahre gab sie die künstlerische | |
| Fotografie auf und begann in einer kommerziellen Fotoagentur zu arbeiten. | |
| Mit einer aktuellen Ausstellung in der Photographischen Sammlung in Köln | |
| wird ihr fast 30 Jahre nach ihrem Tod 1997 die erste umfassende | |
| Retrospektive gewidmet. | |
| Die Serie der Industrietore nimmt hier ebenso viel Raum ein wie eine | |
| andere, die Kioske und Büdchen in Nordrhein-Westfalen für die Ewigkeit | |
| festhält. Obwohl nur wenige in Farbe entwickelt wurden – Ronkholz | |
| bevorzugte die Schwarz-Weiß-Fotografie – sind hier die bunten | |
| Nachkriegsarchitekturen der BRD abgelichtet. Werbeplakate für | |
| Zigarettenmarken kleben an den Fassaden, manche stehen als kleine Hütten | |
| frei in der Straße. Der Strukturwandel der nordrhein-westfälischen | |
| Industriestädte legt sich wie ein Filter über die Bilder. | |
| In einer Duo-Serie, die während des Studiums mit ihrem Kommilitonen Struth | |
| entstand, ist weniger Lindenstraßen-Charme zu sehen, dafür aber der alte | |
| Düsseldorfer Hafen vor seiner Umwandlung zum Medienhafen. Der vergleichende | |
| Blick lohnt: Struths Bilder lassen den Hang zur Monumentalität erahnen, | |
| Ronkholz [3][fängt die leerstehenden Gebäude als heimgesuchte Orte der | |
| Vergangenheit] ein. Die Ausstellung „Gestaltete Welt“ ist mit ihren über | |
| 100 Exponaten extrem dicht, endlich holt sie das zu lang übersehene Werk | |
| einer maßgeblichen Fotokünstlerin hervor. | |
| 23 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lars Fleischmann | |
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