# taz.de -- Installation von Christoph Schlingensief: Den Nerv treffen | |
> Die Videoinstallation „Deutschland versenken“ von Christoph Schlingensief | |
> ist nun in der Neuen Nationalgalerie in Berlin dauerhaft zu sehen. | |
Bild: „Deutschland versenken“ aus dem Jahr 1999 von Christoph Schlingensief | |
Will man etwas an seinem Deutschlandbild arbeiten, schadet es nicht, sich | |
noch einmal die Aktionen und Videos von Christoph Schlingensief | |
anzuschauen, da sich doch jetzt mit dem designierten Kulturstaatsminister | |
Wolfram Weimer ein Traditionalismus in der Kulturpolitik anbahnt. Schon der | |
Titel von Schlingensiefs Videoinstallation, die fortan in der Neuen | |
Nationalgalerie in Berlin dauerhaft zu sehen ist, sitzt: „Deutschland | |
versenken“. | |
[1][Schlingensief, der 2010 verstorbene radikale, umtriebige Filmemacher, | |
Theatermensch und bildende Künstler, traf mit seinen humoristischen | |
Aktionen], immer on the edge, aber punktgenau die schwachen Nerven der | |
deutschen Gesellschaft. In den Videos der Neuen Nationalgalerie läuft | |
er 1999 mit angeklebten jüdisch-orthodoxen Schläfenlocken und Wagners „Ring | |
des Nibelungen“ aus einem billigen Ghettoblaster durch New York. | |
Er trägt in beängstigender Prophezeiung [2][heutiger Boykottaufrufe ein | |
„Boycott German Goods“]-Schild an einschlägigen Orten in Manhattan vor sich | |
her, imitiert den Kniefall Willy Brandts vor der Freiheitsstatue. Und um | |
seinen wilden Mix einer BRD-Ikonografie zu vervollständigen, versenkt er am | |
Ende symbolisch Deutschland in Form einer Urne im Hudson River. Als die | |
nicht untergehen will, bemerkt er: „Wenn man Deutschland rekonstruieren | |
will, wäre es peinlich und ein Scherz.“ | |
## Von der Witwe geschenkt | |
Das zentrale Video hat Aino Laberenz, die Witwe Schlingensiefs, der Neuen | |
Nationalgalerie geschenkt, die es jetzt in ihrer Dauerausstellung zeigt, | |
überraschenderweise als erste seiner Arbeiten in einer öffentlichen | |
deutschen Sammlung. | |
Die Eröffnung der Videoinstallation in diesen Tagen liest sich auch gut als | |
Kommentar, während derzeit Begriffe wie Heimat, Familie, Werte in der | |
Kulturpolitik kursieren: „Wir sind eigentlich im Globalismus, aber wir | |
leben woanders“, sagt Schlingensief hellsichtig darin. | |
6 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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