# taz.de -- Neue Aufgabe für Autofabrik?: Osnabrück baut den Friedenspanzer | |
> Übernimmt der Rüstungskonzern Rheinmetall 2027 das Osnabrücker VW-Werk? | |
> Gerüchte brodeln. Rheinmetall hat den Standort schon in Augenschein | |
> genommen. | |
Bild: Anstelle Giftgas gibt es Rosenduft („Friedenspanzer“, Die Ärzte): Im… | |
Osnabrück taz | Osnabrück war schon früh eine Autobauer-Stadt – und man ist | |
dort stolz darauf. Ab 1902 belieferte der Kutschenbauer Wilhelm Karmann von | |
hier Kraftfahrzeughersteller mit Karosserien. Gegenwärtig rollen in | |
Osnabrück das T-Roc-Cabriolet von VW und zwei Porsche-Modelle vom Band. | |
Aber Osnabrücks rund 2.300 VW-Jobs sind in Gefahr, denn um den | |
Milliarden-Konzern steht es schlecht. 2009 hatte er das Osnabrücker Werk | |
des Cabrio-Spezialisten Karmann übernommen, um dort in Eigenregie Autos zu | |
bauen. Braucht er hier jetzt selbst bald Hilfe? | |
Gerüchte besagen, der Rüstungskonzern Rheinmetall habe Interesse an | |
Liegenschaft und Belegschaft für die Produktion von Kampfpanzern. Haltlos | |
sind sie nicht: Rheinmetall-Chef Armin Papperger hat das VW-Werk als „gut | |
geeignet“ für Militärfahrzeuge bezeichnet. Ende März hat eine | |
Rheinmetall-Delegation den Standort besucht, wie Jan Mentrup, Sprecher der | |
IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt berichtet. | |
Im Tarifabschluss von Ende 2024 haben sich IG Metall und VW verständigt: | |
Erhaltung aller Werke, keine Massenentlassungen, keine Bezugskürzungen. | |
Aber die Produktion des T-Roc-Cabriolets läuft im Spätsommer 2027 aus. Eine | |
Perspektive muss also her. | |
## „Beitrag für Frieden und Sicherheit“ | |
Anlässlich eines Besuchs von Papperger vergangenen Freitag sagte Osnabrücks | |
Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) laut der Neuen Osnabrücker | |
Zeitung: „Sollte eine Rüstungsproduktion am Standort Osnabrück dabei | |
helfen, dass wir unsere Demokratie, unsere Freiheit und unsere Art zu leben | |
verteidigen können, dann wäre das aus meiner Sicht ein wichtiger und | |
verantwortungsvoller Beitrag für Frieden und Sicherheit.“ | |
Zuvor hatte das, auf Anfrage der taz, noch weit defensiver geklungen: Wie | |
die Zukunft des VW-Werks aussehen könnte, sei „derzeit noch völlig offen“, | |
so ihre Antwort. Angeschlossen daran hatte sie die Warnung, sich auf einen | |
Einstieg von Rheinmetall festzulegen: „Dass in Osnabrück künftig Produkte | |
für eine militärische Nutzung hergestellt werden sollen, ist – Stand jetzt | |
– keine konkrete Zukunftsperspektive, sondern reine Spekulation.“ | |
Auch würden sich die OsnabrückerInnen wünschen, so schreibt Pötter weiter, | |
„dass es auch künftig Qualitätsautos ‚made in Osnabrück‘ gibt“. Sie … | |
zuversichtlich, dass sich dafür eine gute und tragfähige Lösung finden | |
lasse. | |
Im Mittelpunkt stehe der Erhalt des Standortes und der Arbeitsplätze der | |
Stammbelegschaft. Das wäre auch durch Militärgüter der Fall – was Pötter | |
aber skeptisch sieht: „Ich betone aber nochmals, dass ich eine Zukunft des | |
VW-Werks als Standort für die zivile Automobilproduktion bevorzuge“, teilt | |
sie mit. | |
Das sieht auch Frank Henning so, Osnabrücker Abgeordneter der SPD im | |
Niedersächsischen Landtag: „Auch mir wäre es lieber, wenn in Osnabrück | |
keine Panzer gebaut werden“, sagt er der taz. Auch er wiegelt ab: „Da wird | |
derzeit völlig unnötig ein Elefant durchs Dorf getrieben“, sagt er. „VW h… | |
erklärt, in Osnabrück keine Panzer bauen zu wollen, keine Waffenproduktion | |
aufzunehmen.“ Derzeit entwickle VW Osnabrück für die Zeit ab 2027 ein | |
Zukunftskonzept. | |
Die Linke Niedersachsen warnt dagegen. „Es darf nicht sein, dass | |
Arbeitsplätze bei VW geopfert werden, um Panzer zu bauen“, sagt ihr | |
Landesvorsitzender Thorben Peters. „Rüstung ist kein Zukunftsmodell.“ | |
Osnabrück brauche „sichere, sinnvolle und sozial gerechte Arbeitsplätze – | |
aber keine Kriegswirtschaft“. | |
Die IG Metall Osnabrück sieht dagegen „zahlreiche Möglichkeiten, unter dem | |
Dach von VW neue Auftragsfertigungen für verschiedene Branchen zu | |
etablieren“, wie ihr Erster Bevollmächtigter Stephan Soldanski es | |
ausdrückt. Es sei „kurzsichtig, sich einseitig auf die Rüstungsindustrie zu | |
konzentrieren“. | |
Auch Jürgen Placke, Betriebsratsvorsitzender im Werk Osnabrück, setzt auf | |
ein Fortbestehen des VW-Werks. „Das Osnabrücker Werk hat bereits mehrfach | |
erfolgreich für andere Konzernmarken produziert“, teilt er der taz mit. | |
„Wir wollen auch weiterhin unseren Beitrag zur automobilen [1][Zukunft von | |
Volkswagen] leisten.“ | |
Es liege in der Verantwortung des Volkswagen-Konzerns, „eine | |
wirtschaftliche Zukunftsperspektive für den Standort zu entwickeln und | |
zusammen mit IG Metall und Beschäftigten eine zufriedenstellende Lösung zu | |
finden, die die Arbeitsbedingungen auf dem aktuellen Stand hält“, teilt | |
Filiz Polat, die grüne Bundestagsabgeordnete aus der Region Osnabrück, auf | |
Anfrage mit. | |
Sie teile „die Auffassung und Mahnung der IG Metall, die Zukunft des | |
Standorts [2][im Herzen der Friedensstadt Osnabrück] nicht einseitig von | |
der Rüstungsindustrie abhängig zu machen“. | |
Osnabrücks Selbstverpflichtung, „Friedensstadt“ zu sein, sähe auch die | |
[3][Osnabrücker Friedensinitiative (OFRI)] bei einer Rüstungsproduktion in | |
Gefahr. „[4][Osnabrück, als Stadt des Westfälischen Friedens], ist einer | |
der Geburtsorte der modernen Friedensordnung“, schreibt OFRI-Sprecherin | |
Marie Dominique Guyard der taz. „Daraus entsteht eine historische | |
Verantwortung, die eine Ansiedlung von Rheinmetall in der Stadt verbietet.“ | |
Hinweis: In einer früheren Fassung war die zeitliche Reihenfolge der | |
Äußerungen von Oberbürgermeisterin Katharina Pötter infolge eines | |
Missverständnisses im Redigat falsch wiedergegeben worden. Die Passage | |
wurde korrigiert. Die Redaktion | |
1 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Politiker-ueber-Ausbau-der-E-Mobilitaet/!6074757 | |
[2] /Friedensstadt-Osnabrueck/!5903823 | |
[3] https://osnabruecker-friedensinitiative.de/ | |
[4] /375-Jahrestag-des-Westfaelischen-Friedens/!5940675 | |
## AUTOREN | |
Harff-Peter Schönherr | |
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