| # taz.de -- Diesjährige Ostermärsche: Angst vor der atomaren Apokalypse ist w… | |
| > Die Beteiligung an Ostermärschen ist diesmal überschaubar, die | |
| > Friedensbewegung steht in der Kritik. Dabei bleibt die Warnung vor | |
| > Atomkriegen wichtig. | |
| Bild: 1960 war die Angst vor dem atomaren Weltbrand so berechtigt wie 2025 | |
| Allzu viele sind nicht übriggeblieben. Zwar gibt es immerhin immer noch | |
| mehr als hundert Ostermarsch-Kundgebungen. Aber [1][mancherorts sind es nur | |
| ein paar Dutzend, mal ein paar Hundert, nur selten ein-, zwei- oder | |
| dreitausend], die auch dieses Jahr wieder quer über die Republik verteilt, | |
| für den Frieden auf die Straße gehen. Der Altersdurchschnitt ist hoch. Für | |
| den bedauernswert erscheinenden [2][Zustand der Friedensbewegung] gibt es | |
| viele Gründe, nicht wenige davon sind hausgemacht. | |
| Dazu gehört, nicht die Kraft zu haben, eine klare Trennlinie zu jenen zu | |
| ziehen, deren Verhältnis zum Pazifismus und zum Frieden ein rein | |
| instrumentelles ist, also die sich zwar – zu Recht – stets mit Inbrunst | |
| über die Kriege der USA in Vietnam, Jugoslawien oder dem Irak empört haben, | |
| jedoch ganz anders mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine umgehen. | |
| Trotzdem ändert das nichts daran, dass es unangemessen ist, abschätzig oder | |
| mit Häme auf die Ostermarschierer:innen zu blicken. | |
| Entstanden ist die Ostermarschbewegung aus der Angst vor der atomaren | |
| Apokalypse. Der erste Ostermarsch in Deutschland fand 1960 statt: Etwa | |
| 1.000 Menschen liefen in einem dreitägigen Sternmarsch zum | |
| Nato-Truppenübungsplatz Bergen-Hohne im Süden der Lüneburger Heide, wo die | |
| US-Army Trägerraketen für Atomwaffen erprobte. Sie seien „von Ost und West�… | |
| mit Hohn und Spott überschüttet und als „idealistische Spinner“ diffamiert | |
| worden, erinnerte sich später der undogmatisch linke Pazifist Andreas Buro. | |
| 65 Jahre später ist es wieder so. In Zeiten, in der in Deutschland wieder | |
| „Kriegstüchtigkeit“ propagiert wird, werden warnende Stimmen nicht mehr | |
| gern gehört. | |
| Dabei ist angesichts eines russischen Präsidenten Wladimir Putin und eines | |
| US-Präsidenten Donald Trump die [3][Atomkriegsgefahr heute nicht geringer | |
| als damals]. Im Gegenteil – und sei es nur aufgrund einer ungünstigen | |
| Verkettung von technischen Fehlern und menschlichen Fehlleistungen. | |
| Ein Erfolg der Friedensbewegung war, dass über Jahrzehnte das Bekenntnis, | |
| sich entschlossen für atomare Abrüstung einzusetzen, zum Standardrepertoire | |
| jeglicher Koalitionsverträge gehört hat. „Ziel unserer Politik ist eine | |
| nuklearwaffenfreie Welt“, bekundete die letzte Regierung aus Union und SPD | |
| 2018. Die Ampelkoalition ergänzte, „damit einhergehend“ gebe es das Ziel | |
| eines „Deutschland frei von Atomwaffen“. Auch wenn das praktisch stets | |
| weitgehend Lippenbekenntnisse geblieben sind, war allein eine solche | |
| Absichtserklärung schon wichtig, zeugte sie doch zumindest von | |
| Problembewusstsein. | |
| [4][Im aktuellen Koalitionsvertrag von Union und SPD] ist davon nichts mehr | |
| zu finden. Sie haben nicht einmal mehr das Ziel einer atomwaffenfreien Welt | |
| formuliert. In einer Ostermarschrede Anfang der 1980er Jahre hat der | |
| Theologe Helmut Gollwitzer die Menschen in Europa als „Pulverfassbewohner“ | |
| und die Friedensbewegung als „Überlebensbewegung hart vor dem Abgrund“ | |
| bezeichnet. Seine Worte erscheinen heute aktueller denn je. | |
| 18 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
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