| # taz.de -- Weltgesundheitsorganisation: Einigung auf Pandemievertrag | |
| > Mit dem Abkommen sollen Virusausbrüche in Zukunft besser verhindert | |
| > werden. Die Bestätigung der 194 Mitgliedsländer steht allerdings noch | |
| > aus. | |
| Bild: Corona im Juni 2020: Eine Frau darf nach vier Monaten ihren Vater in eine… | |
| Berlin taz | Es ist eine Lehre aus der Covid-19-Pandemie: Nach über drei | |
| Jahren Verhandlungen haben sich die Mitgliedsländer der | |
| Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf ein internationales Pandemieabkommen | |
| geeinigt. Künftige Virusausbrüche sollen besser verhindert, schneller | |
| erkannt und gemeinsam effektiver bekämpft werden. Auf der | |
| WHO-Jahresversammlung im Mai wollen die 194 Mitgliedsländer das Abkommen | |
| unterzeichnen. | |
| WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus feierte das Abkommen: „Die Länder der | |
| Welt haben heute in Genf Geschichte geschrieben.“ Ein Generationenvertrag | |
| zur Erhöhung der globalen Sicherheit sei entstanden. Auch | |
| [1][Gesundheitsminister Karl Lauterbach] (SPD) in Berlin nannte die | |
| Einigung „historisch“. | |
| Mitten in der Covid-19-Pandemie, im Dezember 2021, begannen die | |
| WHO-Mitgliedstaaten mit der Arbeit an diesem Abkommen. [2][Zuvor war die | |
| Impfstoffinitiative Covax gescheitert]. Statt einer gerechten | |
| Impfstoffverteilung horteten Industrieländer den Großteil der Impfstoffe | |
| und des medizinischen Materials. In armen Ländern kam kaum etwas an. Diese | |
| Zustände sollten sich nicht wiederholen. | |
| Die Verhandlungen blieben trotzdem lange festgefahren. Länder des Globalen | |
| Südens sorgten sich um Chancengerechtigkeit, während Pharmaunternehmen um | |
| Patentrechte und Gewinne fürchteten. Eine Desinformationskampagne gegen die | |
| WHO erschwerte die Gespräche zusätzlich. | |
| ## Unternehmen sollen ihr Know-how weitergeben | |
| In einer Marathonsitzung in der Nacht auf Mittwoch in Genf verständigten | |
| sich die Beteiligten schließlich auf zentrale Punkte. Einigen konnte man | |
| sich trotz teils vager Sprache. Zur Prävention sollen die Mitgliedstaaten | |
| ihre Gesundheitssysteme ausbauen und Tierbestände stärker kontrollieren, um | |
| Krankheitsausbrüche schneller zu erkennen. Lieferketten sollen so angepasst | |
| werden, dass alle Länder Zugang zu Schutzmaterialien, Medikamenten und | |
| Impfstoffen haben. Gesundheitspersonal soll vorrangig versorgt werden. | |
| Bedeutsam ist auch der geplante Technologie- und Wissenstransfer zwischen | |
| Pharmaindustrie und Staaten. Die Unternehmen sollen ihr Know-how | |
| weitergeben, damit auch andere Länder Medikamente und Impfstoffe | |
| produzieren können. | |
| Im Bereich der Forschung und Entwicklung wird das sogenannte PABS-System | |
| (Pathogen Access and Benefit Sharing) eingeführt. Es sieht vor, dass | |
| DNA-Sequenzen von Pathogenen frei verfügbar sind, um die Entwicklung von | |
| Impfstoffen und Medikamenten zu beschleunigen. Im Gegenzug sollen | |
| Pharmaunternehmen 10 Prozent ihrer Produkte an die WHO spenden und weitere | |
| 10 Prozent vergünstigt abgeben. Die WHO verteilt diese an ärmere Länder. | |
| Wie aus Verhandlungskreisen zu hören war, herrschte bis zum Schluss | |
| Uneinigkeit über einige Fragen. Laut der Nachrichtenagentur AFP sorgte | |
| insbesondere die Frage des Technologietransfer an Entwicklungsländer für | |
| Unstimmigkeiten. Geeinigt wurde sich schließlich darauf, dass jeglicher | |
| Technologietransfer „in beidseitigem Einverständnis“ erfolgen müsse. | |
| ## Verhandlungen ohne USA | |
| Neben strengen Regeln für das PABS-System erhofften sich die Gruppe | |
| afrikanischer Länder vor allem auch klarere Zusagen bei der | |
| Finanzierungshilfe zur Stärkung der nationalen Gesundheitssysteme. Die | |
| europäischen Länder wiederum wollten strenge Präventionsauflagen. | |
| Der ersten Erfolgsmeldung folgt nun die eigentliche Arbeit der | |
| Mitgliedstaaten. Nach der Unterzeichnung im Mai muss das Abkommen auf | |
| nationaler Ebene ratifiziert werden. Dies wird voraussichtlich mehrere | |
| Jahre in Anspruch nehmen. Erst wenn 60 Ländern den Vertrag ratifiziert | |
| haben, tritt er in Kraft. | |
| Entscheidend bleibt die Frage der Regelung von Patenten. Die | |
| Pharmaindustrie stellt sich nach wie vor vehement gegen eine Lockerung des | |
| Patentschutzes. Andernfalls lohnten sich risikoreiche Investitionen nicht | |
| mehr, sagte David Reddy, der Generaldirektor des Verbands der | |
| Pharmahersteller. Wie sich während der Coronapandemie zeigte, verhindern | |
| Patentschutz und Protektionismus jedoch einen schnellen Zugang zu | |
| Impfstoffen drastisch. | |
| Die USA, bisher größter Geldgeber der WHO, sind nicht mehr an den | |
| Verhandlungen beteiligt. [3][Nach der Amtsübernahme von Donald Trump | |
| ordnete dieser den Austritt aus der UN-Organisation an.] Im Januar 2026 | |
| sollen die Vereinigten Staaten voraussichtlich vollständig austreten. | |
| WHO-Chef Ghebreyesus gab sich dennoch selbstbewusst: Die Mitgliedstaaten | |
| hätten gezeigt, „dass der Multilateralismus lebendig und gesund ist und | |
| dass die Nationen in unserer gespaltenen Welt noch immer zusammenarbeiten | |
| können“. | |
| 16 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Amelie Sittenauer | |
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