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# taz.de -- Antiziganismus in Berlin: Tief sitzende Vorurteile
> Antiziganistische Vorfälle haben in Berlin einen neuen Höchststand
> erreicht, wie ein neuer Bericht belegt. Frauen sind besonders stark
> betroffen.
Bild: Jedes Jahr ein neuer Höchststand – Violeta Balog, Projektleiterin bei …
Berlin taz | Eine Schülerin wird von einem Mitschüler geschlagen. Als eine
Mitarbeiterin des Jugendamts davon erfährt, sagt sie: „Ein bisschen Gewalt
kennt das Mädchen sicher aus ihrer Familie, wenn sie aus Rumänien kommt.“
Einer jungen Mutter wird von der Mitarbeiterin ihrer Unterkunft nahegelegt
abzutreiben, weil sie schon zu viele in der Familie seien. Eine Romni
sammelt Pfandflaschen und wird auf der Straße von einer Frau angegriffen.
Sie erleidet so schwere Knieverletzungen, dass sie operiert werden muss.
Das sind nur drei Beispiele von antiziganistischen Vorfällen aus dem
vergangenen Jahr, die die Dokumentationsstelle Antiziganismus (Dosta) des
Vereins Amaro Foro am Dienstag vorgestellt hat. In ihrem Jahresbericht 2024
verzeichnet der Verein mit 247 Vorfällen einen neuen Höchststand seit
Beginn des Projekts 2014. Im Jahr zuvor waren es 210 dokumentierte Fälle.
Die meisten Vorfälle ereigneten sich demnach bei Kontakt zu Behörden (49),
[1][im Bildungsbereich] (47) und in der Öffentlichkeit (45). Aber auch in
den Bereichen Polizei, Justiz, Wohnen, Arbeit und medizinischer Versorgung
kam es zu Diskriminierung. Insgesamt wurden in den vergangenen zehn Jahren
1.749 antiziganistische Fälle dokumentiert.
„Wir erleben derzeit eine politische Lage, in der [2][rechtsradikale
Einstellungen in der gesellschaftlichen Mitte] offen kommuniziert und
gelebt werden, was sich in den Fallmeldungen widerspiegelt“, so
Projektleiterin Violeta Balog. Zum ersten Mal habe man daher auch den
Bereich Politik aufgenommen und neun rassistisch geprägte politische
Debatten dokumentiert.
Als Beispiel führt Dosta eine öffentliche Anhörung im Abgeordnetenhaus an,
bei der AfD-Politiker Sinti*zze und Rom*nja als „Bettelbanden“
bezeichneten und fragten, ob „Straftaten dieser Volksgruppe gegen die
Berliner Bevölkerung“ auch dokumentiert würden.
## Behörden unterstellen kriminelle Absichten
Auch [3][Behörden würden Rom*nja oft kriminelle Absichten unterstellen],
sagt Projektmitarbeiterin Valerie Laukat. Die mit Abstand meisten Vorfälle
gebe es beim Jobcenter, aber auch bei der Wohngeldbehörde und dem Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) sei Antiziganismus weit verbreitet. So
würde Rom*nja häufig Sozialleistungsmissbrauch oder
Scheinarbeitsverhältnisse unterstellt. Die Bearbeitungszeiten für die
Anträge dauerten häufig unverhältnismäßig lange, was sich für die
Betroffenen existenzbedrohlich auswirken könne, so Laukat.
Als Beispiel nennt Dosta den Fall einer jungen Mutter, die bei der
Antragstellung für die Schwangerschaftsausstattung von einem Mitarbeiter
des Gesundheitsamts gefragt wurde: „Warum brauchen sie das Geld, reicht
Ihnen die Ausstattung vom Jobcenter nicht oder kaufen Sie sich dann ein
Auto?“ Laukat kritisiert: „Bei den meisten Fällen handelt es sich um
existenzsichernde Leistungen, auf die die Menschen einen Anspruch haben.“
Frauen sind laut Dosta besonders häufig von Antiziganismus betroffen. „Das
sind jahrhundertealte Stereotype, die tief verankert sind und auch
ausgelebt werden“, so Laukat. So bekämen junge Romnja beim Arzt etwa
ungefragt Informationen zur [4][Sterilisation] vorgelegt. Vor dem
Hintergrund, dass Rom*nja in der NS-Zeit zwangssterilisiert wurden, sei
das „unerträglich und inakzeptabel“.
15 Apr 2025
## LINKS
[1] /Antiziganismus-im-Bildungssystem/!6000369
[2] /Rechtsruck-im-politischen-Diskurs/!5983190
[3] /Behoerdenumgang-mit-Roma/!6000329
[4] /Roma-Diskriminerung-in-Rumaenien/!5075546
## AUTOREN
Marie Frank
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Diskriminierung
Antiziganismus
Sinti und Roma
Rechtsruck
Alltagsrassismus
Antiziganismus
Schwerpunkt Rassismus
Sinti und Roma
Schwerpunkt Internationaler Tag der Roma
Lesestück Recherche und Reportage
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