| # taz.de -- Antiziganismus: Ein Problem, das ständig ignoriert wird | |
| > Die neue Bundesregierung weigert sich, die Stelle des | |
| > Antiziganismus-Beauftragten neu zu besetzen. Was dahinter steckt und | |
| > warum das schlimm ist. | |
| Bild: Mehmet Daimagüler, Noch-Bundesbeauftragter gegen Antiziganismus | |
| Keinen Monat ist es her, dass der neue Bundesinnenminister Alexander | |
| Dobrindt (CSU) die Zahlen zu politisch motivierter Kriminalität | |
| vorstellte. Während zu Recht viel Aufmerksamkeit bekam, dass die Fälle | |
| rechtsextremer Gewalt in letzter Zeit massiv zugenommen haben, genauso wie | |
| die Zahl antisemitischer Taten gestiegen ist, blieb weitgehend unbeachtet, | |
| dass auch bei antiziganistischer Gewalt ein Höchststand verzeichnet wurde. | |
| Das ist bezeichnend für ein gesellschaftliches Problem, das ständig | |
| ignoriert wird. Doch statt dagegen anzugehen, schafft die schwarz-rote | |
| Bundesregierung nun de facto das Amt des Antiziganismus-Beauftragten ab. | |
| Zwar spricht das beim zuständigen Familienministerium niemand so klar aus, | |
| stattdessen heißt es nur, [1][die derzeit vakante Stelle werde nicht | |
| nachbesetzt]. Aber der Effekt ist derselbe. Eine verheerende Entscheidung. | |
| Antiziganismus zieht sich durch die Gesellschaft. Er findet sich auch in | |
| Milieus, in denen andere Formen des Rassismus oder Antisemitismus | |
| weitgehend tabuisiert sind. Formen nimmt er an in offener Gewalt, in | |
| struktureller Benachteiligung, in herabwürdigenden Medienbeiträgen, | |
| verächtlichen Sprüchen oder diskriminierenden Polizeipraktiken. Und er hat | |
| eine lange, tragische Tradition. Nazideutschland und seine Helfer | |
| ermordeten während des Zweiten Weltkriegs rund 500.000 Sinti*zze und | |
| Rom*nja in Europa. | |
| Dieser Genozid ist bis heute nicht gut erforscht und ist vielen Menschen | |
| noch nicht einmal bekannt. Wie wichtig die deutsche Gesellschaft die | |
| Erinnerung daran nimmt, erkennt man am Umgang mit dem Mahnmal für diese | |
| Verbrechen in Berlin. Für den Ausbau einer S-Bahn-Strecke sollte der erst | |
| [2][vor wenigen Jahren eröffnete Erinnerungsort in Berlin] weichen. Erst | |
| nach massivem Protest wurden die Pläne etwas entschärft, es ist aber | |
| weiterhin vorgesehen, dass Teile des Mahnmals zur Baustelle werden. | |
| Es war ein Hoffnungsschimmer | |
| Die Einsetzung eines [3][Antiziganismus-Beauftragten vor drei Jahren] war | |
| da ein Hoffnungsschimmer. Endlich hat die Bundespolitik erkannt, wie | |
| wichtig das Thema ist, so konnte man denken. Sogar die Union hatte schon | |
| 2019 im Bundestag der Schaffung einer unabhängigen Kommission zu dem Thema | |
| zugestimmt, die dann in ihrem Abschlussbericht die Einsetzung des | |
| Beauftragten empfohlen hatte. | |
| Doch inzwischen ist die Stimmung in der Gesellschaft und im politischen | |
| Berlin eine andere. Offiziell begründet wird die Abschaffung des | |
| Antiziganismusbeauftragten und ähnlicher Stellen mit Bürokratieabbau. Aber | |
| es steckt mehr dahinter: Der Schutz von verletzlichen Minderheiten ist der | |
| neuen Bundesregierung erkennbar nicht wichtig; ebenso wenig, wenn der Kampf | |
| gegen Antiziganismus etwa bedeuten würde, Fragen nach der Rolle der Polizei | |
| bei der Diskriminierung zu stellen. Das ist mit einem Bundesinnenminister | |
| Dobrindt nicht zu machen, der erst kürzlich einen „Generalverdacht“ gegen | |
| die Polizei beklagte. | |
| So wird klar, wohin es beim Minderheitenschutz gehen dürfte: in die falsche | |
| Richtung. | |
| 30 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Frederik Eikmanns | |
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