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# taz.de -- Studie zum Verkehr in Berlin: Eine Frage der politischen Steuerung
> Das Auto spielt eine immer geringere Rolle – sagt zumindest eine aktuelle
> Studie. Wie immer lohnt auch bei dieser schönen Meldung ein genauerer
> Blick.
Bild: „Wir lassen uns das Auto in Berlin nicht verbieten“ (Kai Wegner, CDU)
Das Thema hat in den vergangenen Tagen Wellen geschlagen, die Grünen
sprechen von einer „echten Sensation“. Die Rede ist von der jüngsten
Ausgabe der Befragung „Mobilität in Städten“, die die TU Dresden gerade f…
2023 vorgelegt hat.
Laut der Untersuchung sinkt in Berlin der Anteil des Autoverkehrs an allen
Wegen kontinuierlich – [1][von 30 (2013) über 26 (2018) auf 22 Prozent im
Jahr 2023]. Auch die Zahl der Autos pro Haushalt fällt leicht: 2013 und
2018 waren es 0,7 Pkw, aktuell sind es nur noch 0,6. Klingt wenig, ist aber
ein Minus von 14 Prozent.
„In keiner anderen deutschen Stadt hat das Auto weniger Relevanz als
Verkehrsmittel“, schlussfolgert [2][Antje Kapek, die verkehrspolitische
Sprecherin der Grünen-Fraktion]. Es sei an der Zeit, dass Schwarz-Rot das
anerkenne, statt „blind die rückwärtsgewandte Verkehrspolitik des letzten
Jahrtausends voranzutreiben“.
Das ist insgesamt sicher nicht falsch. Wie immer lohnt sich aber auch hier
ein genauerer Blick: auf die Zahlen im Einzelnen, ihre Aussagekraft – und
ihr Zustandekommen. Ohne ein pinch of salt, wie es auf Englisch so schön
heißt, sollte man solche Daten nicht genießen, denn sie stammen aus
Haushaltsbefragungen. Verzerrungen entstehen dabei sowohl beim Rücklauf als
auch der Auskunftsbereitschaft.
## Es gibt härtere Fakten
Es ist wie mit der Frage nach der Zahl der Zigaretten, die jemand raucht.
Sinkt die gesellschaftliche Akzeptanz einer Handlung, reden Antwortende ihr
Verhalten schön – oder entziehen sich. Relevanter für die Einschätzung sind
härtere Fakten wie Verkehrszählungen.
Andererseits ist auch das Fahrrad nicht der große Gewinner. Zwar hat sich
die Zahl der Räder pro Haushalt von 1,6 auf 1,7 erhöht, aber der Anteil an
den Wegen stagniert bei 18 Prozent. Gleichzeitig sinkt der Anteil des ÖPNV
von 27 auf 26 Prozent, [3][während der des Fußverkehrs von 30 auf 34
Prozent springt].
Ein zu wenig beachtetes Detail ist die schrumpfende Mobilität insgesamt:
von 3,5 auf 3,3 Wege pro Kopf und Tag, wobei die Länge der Wege von 5,9 auf
5,5 Kilometer schrumpft. Das hat viel mit den durch die Pandemie
veränderten Gewohnheiten zu tun: Viele von uns fahren eben nicht mehr jeden
Tag ins Büro.
Die interessante Frage ist aber die nach Ursache und Wirkung. Sinkt der
Autoverkehr „von selbst“, und die Politik sollte darauf reagieren, indem
sie ihm weniger Platz einräumt? Oder ist der Rückgang Effekt politischen
Handelns?
## Beispiel Parkgebühren
Ganz leicht lässt sich das nicht beantworten. Aber – um ein Beispiel
herauszupicken – die Kosten für das Parken dürften heute oft den Ausschlag
dafür geben, das Auto stehen zu lassen. Gemeint sind hier [4][nicht die
spottbilligen Anwohnervignetten], sondern die Gebühren am Zielort.
Mittlerweile ist die Parkraumbewirtschaftung im Ring weitflächig
ausgerollt. Tägliche Kosten von 10, 20 oder 30 Euro leistet sich aber
niemand gern.
Wenn nun die CDU ihre Klientel bedient, indem sie die Zeit des Leidens für
beendet erklärt, mag das falsch sein. Nur wird der Verweis nicht ziehen,
dass die Menschen ja ohnehin nicht mehr Auto fahren wollen. Dass sie es
weniger tun, ist schon Ergebnis politischer Steuerung.
9 Apr 2025
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/sen/uvk/mobilitaet-und-verkehr/verkehrsdaten/zahlen-u…
[2] /Verkehrssicherheit-in-Berlin/!6065080
[3] /Lobbyarbeit-fuer-den-Fussverkehr/!5923625
[4] /Parkgebuehren-in-Berlin/!6064116
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Autoverkehr
Verkehrspolitik
Radverkehr
Fußverkehr
Studie
CO2-Emissionen
Autobahn
Verkehr
Schwerpunkt Stadtland
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