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# taz.de -- Nach Einigung mit den Grünen: Wie sich das Billionen-Paket zusamme…
> Die wohl kommende Schwarz-Rote Regierung hat Grünes Licht für ihr
> Milliardenpaket erhalten. Nun geht es an die Umsetzung. Was bedeutet das
> genau?
Bild: In Sondersitzungen des alten Bundestages sollen nach dem Willen von Union…
Berlin rtr | Der Haushaltsausschuss des Bundestages soll am
Sonntagnachmittag ein [1][Billionen-Finanzpaket für Sicherheit und
Investitionen] auf den Weg bringen. Auf einen Schlag werden neue Schulden
in einem Volumen ermöglicht, wie es dies in der Geschichte der
Bundesrepublik noch nicht gegeben hat. Es fallen gleich mehrere Hürden für
die Kreditaufnahme – Geld fließt vorerst aber noch keines. Zur Befüllung
etwa des geplanten 500 Milliarden Euro Sondervermögens muss der neugewählte
Bundestag erst noch mit einem Errichtungsgesetz die Kreditermächtigungen
beschließen. Und auch bei der neuen Möglichkeit der strukturellen
Neuverschuldung für die Länder bleiben viele Fragen offen. Es folgt ein
Überblick über die geplanten Regelungen und darüber, welche
Finanzspielräume nach ersten Berechnungen entstehen.
## Was ist geplant?
Über drei Hebel wird die Schuldenaufnahme ausgeweitet: Für Verteidigung wie
auch für Zivilschutz, Nachrichtendienste und Militärhilfe für die Ukraine
wird die Schuldenbremse gelockert. Aus neuen Schulden kann der Bund zudem
einen [2][Ausgabentopf von bis zu 500 Milliarden Euro für Investitionen in
Infrastruktur und Klimaschutz] auflegen. Legt man Verteidigungsausgaben von
bis zu drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) jährlich zugrunde, wird
eine zusätzliche Neuverschuldung des Bundes von einer Billion Euro oder
mehr ermöglicht. Zudem wird eine Nettoneuverschuldung der Länder
ermöglicht.
## Wer beschließt das Paket?
Auf die Grundzüge hatten sich Union und SPD gleich zu Beginn ihrer
Sondierungen für eine künftige schwarz-rote Regierungskoalition
verständigt. Allerdings muss dafür das Grundgesetz geändert werden. Für die
[3][erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit werden daher die Stimmen der Grünen
benötigt]. Auf das Finanzpaket in der jetzigen Fassung hatte sich eine
Spitzenrunde von Union, SPD und Grünen am Freitag verständigt, nachdem die
Grünen Änderungen durchgesetzt hatten. Der Bundestag soll das Paket am
Dienstag noch in seiner alten Zusammensetzung beschließen. Im neuen
Bundestag können AfD und Linke zusammen Zwei-Drittel-Mehrheiten verhindern.
Der Bundesrat soll am 21. März zustimmen.
## Was ist bei Verteidigung und Sicherheit geplant?
Die [4][größte finanzielle Tragweite hat möglicherweise die Lockerung der
Schuldenbremse für Ausgaben, die unter einen erweiterten
Verteidigungsbegriff fallen]. Zum einen gibt es dafür faktisch keine
Kreditobergrenze mehr – und zum anderen verschafft sich Schwarz-Rot im
Kernhaushalt zusätzlich Spielraum von annähernd 20 Milliarden Euro zur
Finanzierung anderer Ausgaben.
Demnach fallen „Ausgaben des Bundes für den Zivil- und Bevölkerungsschutz
sowie für die Nachrichtendienste, für den Schutz der
informationstechnischen Systeme und für die Hilfe für völkerrechtswidrig
angegriffene Staaten“ ab einer Höhe von mehr als einem Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht unter die Schuldenbremse. Ein Prozent des
BIP entsprach 2024 rund 43 Milliarden Euro. Darunter fällt auch die
Militärhilfe an die Ukraine, die für 2025 mit vier Milliarden Euro geplant
ist und zu der wohl demnächst weitere drei Milliarden Euro hinzukommen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte jüngst gesagt, man rede
über einen Verteidigungsaufwand von eher drei als zwei Prozent des BIP
jährlich. Allein das wären auf Grundlage des BIP 2024 etwa 129 Milliarden
Euro pro Jahr.
Für 2025 verschafft sich Schwarz-Rot damit im Haushalt zusätzlichen
Spielraum von 18,76 Milliarden Euro, wie sich aus einer Zusammenstellung
der Haushaltsansätze durch den FDP-Haushälter Otto Fricke ergibt. Bis 2028
betrüge der Spielraum insgesamt 67,43 Milliarden Euro, wenn jährlich sieben
Milliarden Euro als Ukraine-Militärhilfe angenommen werden.
## Wozu ein Sondervermögen?
In einem neuen Artikel 143h des Grundgesetzes soll es künftig heißen: „Der
Bund kann ein Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung für zusätzliche
Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur
Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 mit einem Volumen von bis zu 500
Milliarden Euro errichten.“ Zudem wird im Grundgesetz festgehalten, dass
die dafür erforderlichen Kredite nicht unter die Schuldenbremse fallen. Das
Sondervermögen soll für einen Zeitraum von zwölf Jahren gelten.
[5][Die Grünen setzten in den Verhandlungen die „Zusätzlichkeit“ der
Investitionen durch – und dass das Geld auch für Klimaschutz verwendet]
werden soll. Aus dem Topf werden 100 Milliarden Euro dem Klima- und
Transformationsfonds (KTF) zugeführt, 100 Milliarden Euro stehen den
Ländern für Investitionen in deren Infrastruktur zu. Wofür das Geld vom
Bund aber ganz konkret ausgegeben wird, entscheidet der neugewählte
Bundestag erst mit dem jeweiligen Bundeshaushalt. Dafür reicht dann etwa
die Mehrheit von Union und SPD.
Voraussetzung für den Abruf der Kredite ist eine „angemessene
Investitionsquote“ im Bundeshaushalt, die mindestens zehn Prozent des
Gesamtetats betragen soll. Das wären für 2025 auf Grundlage der vorläufigen
Etatplanung knapp 49 Milliarden Euro. Sondervermögen und finanzielle
Transaktionen werden dabei nicht mitgezählt.
## Was ändert sich für die Länder?
Auch für die Länder gibt es künftig die Möglichkeit der strukturellen
Neuverschuldung, und zwar in gleicher Höhe wie laut Schuldenbremse für den
Bund. Alle Länder zusammen dürfen neue Schulden in Höhe von bis zu 0,35
Prozent des BIP machen. Das entspricht derzeit etwa einer Summe von 15
Milliarden Euro. Die Aufteilung der jeweils zulässigen Kreditaufnahme auf
die Länder soll ein Bundesgesetz regeln.
Die Neuregelung für die Länder ist aber noch mit vielen Fragen versehen.
„Dies scheint mir – vorsichtig formuliert – alles noch nicht recht
abgestimmt zu sein“, schreibt der Rechtsprofessor Henning Tappe bei
„verfassungsblog.de“. Er hält es für rechtlich möglich, dass mit der
Grundgesetzänderung direkt auch Landesrecht etwa in deren Verfassungen
aufgehoben wird, das andernfalls eine höhere Schuldenaufnahme verhindern
würde. „Gleichwohl ist nicht wirklich klar, was hier wann außer Kraft
tritt“, schreibt Tappe. Auch die Verteilung des Kreditspielraums auf die
Länder werfe noch viele Fragen auf.
Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz sagte der
Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag, er könne nachvollziehen, dass der
Bund die Änderung der Schuldenbremse in den Ländern möglichst einheitlich
vollziehen wolle. „Zum Teil wäre eine Änderung in manchen Bundesländern
sonst mit erheblichem Aufwand oder schwierigen politischen Gesprächen
verbunden“, sagte der Grünen-Politiker. „Es bleibt trotzdem ein starker
Eingriff in unseren Föderalismus.“
Die Grundgesetzänderung mit der gleichzeitigen Aufhebung von Landesrecht
ist wichtig, weil es in vielen Ländern keine Mehrheiten für eine Lockerung
der Schuldenbremse gibt. Laut einer Übersicht des Münchener Ifo-Instituts
können nur Berlin, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und das Saarland ihre
Schuldenbremsen per Gesetz mit einfachen Mehrheiten lockern.
16 Mar 2025
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