# taz.de -- Buch über jüdische Komponisten im Exil: Von nun an nur noch Filmm… | |
> Flucht und erzwungene Selbstreflexion: Michael Haas blickt in seinem Buch | |
> „Die Musik der Fremde“ auf Schicksale jüdischer Komponisten im Exil. | |
Bild: Der Komponist Erich Wolfgang Korngold, aufgenommen um 1920, starb 1957 in… | |
Was macht das Exil mit Künstlern? Manche Existenzen wandeln sich radikal, | |
wie der Musikhistoriker Michael Haas in seinem Buch „Die Musik der Fremde“ | |
schildert. Er folgt den Spuren von Komponisten, die vor dem | |
Nationalsozialismus flohen. Darunter sind prominente Namen wie [1][Kurt | |
Weill] oder Erich Wolfgang Korngold. Haas geht es aber ausdrücklich auch um | |
heute vergessene Musiker und deren kaum bekannte Lebenswege im Exil. | |
Karol Rathaus etwa war im Deutschland der Zwischenkriegszeit ein namhafter | |
Komponist. Er floh 1933 zunächst nach Paris und weiter nach London, wo er | |
Erfolg mit Filmmusik hatte. Um seine Familie zu retten, nahm er eine Stelle | |
in New York an einem College auf Long Island an. Fortan beschränkte er sich | |
auf die Lehre und verschwieg vor seinen Studenten sogar seine | |
Vergangenheit. Er suchte auch keinen Kontakt zu Kollegen von früher, die in | |
Manhattan als Dirigenten auftraten. | |
Haas versucht mit seinem Buch, „die inneren Konflikte zu erforschen, die | |
sich aus dem Verlust von Heimat ergeben“. So begannen viele der Musiker | |
sich erst im Exil mit ihrer jüdischen Identität genauer zu beschäftigen und | |
diese mitunter in ihre Kompositionen einzubeziehen. | |
Aus dieser erzwungenen Selbstreflexion zogen die Komponisten [2][Arnold | |
Schönberg] und Erich Zeisl zum Beispiel ganz verschiedene Konsequenzen. | |
Während Schönberg sich zum Zionismus bekannte, beschloss Zeisl, dass er als | |
Jude „auch wie ein Jude komponieren sollte“. | |
## Antisemitismus in Europa vor der NS-Zeit | |
Diese Schicksale stellt Haas in einen größeren Zusammenhang, beginnend mit | |
dem Antisemitismus in Europa vor der NS-Zeit. Ebenso zeichnet er nach, wie | |
sich die Lage für Juden in Deutschland von 1933 an verschlimmerte. Eine | |
ambivalente Rolle spielte der Jüdische Kulturbund, der sich bemühte, | |
jüdischen Künstlern eine Beschäftigung zu ermöglichen, nachdem sie | |
offiziell nicht mehr arbeiten durften, doch zugleich versuchte er, die | |
emigrierten Künstler zurückzuholen, ihrer Fähigkeiten wegen. | |
Haas lässt nicht unerwähnt, dass die [3][Flucht vor dem NS-Regime] auch | |
eine soziale Frage war, da sie oft Personen mit Vermögen und | |
internationalen Kontakten vorbehalten war. Die Bedingungen, unter denen | |
andere Länder Flüchtlinge aufnahmen, waren ebenfalls schwierig. | |
In Großbritannien war der Antisemitismus so stark, dass man verschwieg, | |
dass die meisten Flüchtlinge, die kamen, Juden waren. Und während die | |
Musiker in den Ländern, aus denen man sie vertrieb, ein Vakuum | |
hinterließen, zahlten sie im Exil für den „abrupten Kreativitätsbruch“ | |
meist einen Preis. | |
27 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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