# taz.de -- Politiker über Ausbau der E-Mobilität: „Autohersteller drängen… | |
> Rechte Kräfte und Teile der Autolobby bremsen die Mobilitätswende in der | |
> EU aus. Wo wir gerade stehen, berichtet der EU-Abgeordnete Kai Tegethoff. | |
Bild: Für E-Auto-Nutzer*innen können Gebühren anfallen, wenn sie zwischen St… | |
taz: Herr Tegethoff, kriegt die EU endlich die E-Mobilität in Gang? | |
Kai Tegethoff: Mit dem Beschluss zum Verbrenner-Aus und dem Festsetzen von | |
Grenzwerten für CO2-Emissionen haben wir eine gute Entwicklung in der | |
Autoindustrie angestoßen. Dadurch kommen jetzt endlich auch kleinere, | |
günstigere E-Modelle auf den Markt und die Ladeinfrastruktur wird | |
ausgebaut. | |
Mit dem neuen EU-Parlament sind Fortschritte schwerer machbar. Statt grüner | |
Mehrheiten, die auf Klimaneutralität pochen, drängt [1][das | |
rechts-konservative Lager] darauf, die gesetzten Anforderungen | |
abzuschwächen – unter dem Vorwand, die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. | |
taz: Zum Beispiel die EVP, der auch die CDU angehört? | |
Tegethoff: Unter anderem. Die zentrale politische Akteurin ist natürlich | |
die EU-Kommission. Sie hat die Hoheit, Gesetze zu überprüfen und Änderungen | |
vorzuschlagen. Aber sie ist getrieben von den Kräften im EU-Parlament. Dazu | |
wirken auch die nationalen Regierungen der Mitgliedsstaaten entsprechend | |
der Interessen ihrer Industrien auf die EU-Kommission. | |
taz: Und die Autobauer selbst? | |
Tegethoff: Leider drängen auch einige Autohersteller auf eine solche | |
Deregulierung. Volkswagens Management hat die Entwicklung hin zur | |
E-Mobilität zu lange verschlafen, ist ins Hintertreffen geraten und | |
versucht jetzt, größeren Schaden durch [2][Strafzahlungen für | |
nicht-eingehaltene Grenzwerte] abzuwenden. Die europäische Vereinigung der | |
Autohersteller lobbyiert ebenfalls in diese Richtung. | |
Es gibt aber auch andere Hersteller, zum Beispiel Volvo, die ihre | |
Hausaufgaben gemacht haben. Die kommen sich jetzt von der EU verarscht vor. | |
Sie sagen: „Wir haben früh investiert, um entsprechend eurer Vorgaben ganz | |
vorne im Wettbewerb dabei zu bleiben. Den Vorteil wollt ihr uns jetzt | |
wegnehmen?“ Es geht aber weniger um einzelne Autobauer als ums Prinzip. | |
Wenn wir die Regeln zurückdrehen, würgen wir uns die selbst angestoßenen | |
Innovationen ab und riskieren unsere politische Glaubwürdigkeit. | |
taz: Wie steht es um den Ausbau der Ladeinfrastruktur? | |
Tegethoff: Das Ziel der vorherigen Legislatur war es, EU-weit bis 2025 eine | |
Million Ladepunkte verfügbar zu machen. Ende 2024 lagen wir etwa bei | |
850.000 Ladepunkten. Da sind wir auf Kurs. Beim Netz hingegen stehen wir | |
vor großen Herausforderungen. | |
taz: Die wären? | |
Tegethoff: Wir müssen das Stromnetz massiv aus- und umbauen, damit Strom | |
aus Erneuerbaren Energiequellen, der unregelmäßiger produziert wird, als | |
beispielsweise Kohlestrom, an einer Vielzahl von Stromtankstellen ständig | |
verfügbar ist. Und zwar ausreichend und in einer solchen Spannung, dass | |
auch E-Lkw dort schnell geladen werden können. Die EU-Kommission will dafür | |
in den kommenden beiden Jahren 570 Millionen Euro in den Ausbau sowohl des | |
Stromnetzes, als auch der Ladeinfrastruktur stecken. | |
taz: [3][Für E-Auto-Nutzer*innen können Gebühren anfallen], wenn sie | |
zwischen Stromtankstellen verschiedener Anbieter wechseln. Schrecken diese | |
„Roaming“-Gebühren potenzielle Kunden ab? | |
Tegethoff: Das ist ein großer Wettbewerbsnachteil der E-Autos gegenüber | |
Verbrennern. Die EU-Kommission muss zügig untersuchen, wie sie gegensteuern | |
und diese Benachteiligung aufheben kann. Das Ziel muss ein europäischer | |
Standard sein, der das Roaming im besten Fall überflüssig und sämtliche | |
Ladepunkte für alle E-Auto Nutzer*innen einfach und preisgünstig | |
verfügbar macht. | |
taz: 2017 wurden die Roaming-Gebühren im Bereich der Mobiltelefonie in der | |
gesamten EU verboten. Könnte das nicht auch eine gute und schnelle Lösung | |
für die E-Mobilität sein? | |
Tegethoff: Populistisch ein Roaming-Verbot zu fordern, ohne die Mechanismen | |
dahinter zu kennen, halte ich für gefährlich. Mir ist aber auch nicht | |
ersichtlich, weshalb diese Gebühren notwendig sein sollen. Eher wirkt es | |
wie eine im freien Markt gewachsene Struktur, die dazu tendiert, möglichst | |
gewinnbringend zu sein. Im kommenden Jahr will die EU-Kommission das Thema | |
adressieren, wenn sie die Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für | |
alternative Kraftstoffe (AFIR) überprüft. | |
28 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Bachmann | |
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