Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Klimaziele der EU: Auf der langen Bank
> Vor sechs Jahren beschloss die EU-Kommission den Green Deal, um das Klima
> zu retten. Längst ist unklar, wie sehr sie das noch will.
Bild: Vor sechs Jahren beschloss die EU mehr Klimaschutz. Seitdem fiel viel Was…
Brüssel taz | Die EU gerät beim Klimaschutz immer mehr in Verzug. Erst
haben die Europäer die Deadline für ein Klimaziel 2035 gerissen – es wäre
im Februar fällig gewesen, steht aber immer noch aus. Dann wurde das Ziel
für 2040 auf die lange Bank geschoben. EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra
will es im Sommer vorlegen.
Nun lässt auch noch der versprochene Plan zur Anpassung an die Folgen der
Klimakrise auf sich warten: Damit sei erst 2026 zu rechnen, teilte die
EU-Kommission am Dienstag mit. Eine Begründung lieferte sie nicht. Doch der
Verdacht steht im Raum: [1][Die EU nimmt es mit dem Klimaschutz nicht mehr
so ernst].
„Europa ist der am stärksten vom Klimawandel betroffene Kontinent und
trotzdem sinkt der Ehrgeiz beim Klimaschutz“, kritisiert der grüne
Europaabgeordnete Michael Bloss. Das gelte nicht nur für die EU, sondern
auch für die neue deutsche Bundesregierung: „Das ist politisches Versagen
mit Ansage.“
Besorgt zeigt sich auch der Umweltverband WWF. „Während die Klimakrise
weiter voranschreitet und Europa der Kontinent ist, der sich am schnellsten
erwärmt, scheint die Uhr bei manchen Entscheider:innen in Europa und
Deutschland rückwärts zu laufen“, sagt WWF-Expertin Fentje Jacobsen. „Nic…
zu handeln ist in jedem Fall teurer als zu handeln.“
## Die EVP steht auf der Bremse
Doch der politische Wille fehlt. Nicht nur in der EU-Kommission haben sich
die Prioritäten verschoben: Statt des 2019 beschlossenen „Green Deal“ für
den Klimaschutz stehen jetzt Wettbewerbsfähigkeit und Bürokratieabbau
obenan, was auch zur Verwässerung von klimarelevanten EU-Gesetzen wie der
Lieferkettenrichtlinie geführt hat.
Auch im Europaparlament hat der Ehrgeiz nachgelassen. Vor sechs Jahren hat
es noch den „Klimanotstand“ ausgerufen. Nun steht die größte Fraktion, die
konservative EVP, auf der Bremse. Man müsse den Mitgliedstaaten und der
Industrie „deutlich mehr Flexibilität“ geben, fordert Peter Liese (CDU),
der umweltpolitische Sprecher der EVP.
Liese plädiert nicht nur dafür, das für 2035 geplante [2][Verbrennerverbot
für Kraftfahrzeuge] abzuschaffen und durch eine „technologieneutrale“
Regelung zu ersetzen. Er rüttelt auch am EU-Klimaziel für 2040, das nach
bisheriger Planung vorsieht, klimaschädliche Treibhausgase um 90 Prozent
gegenüber 1990 zu reduzieren. Die „Fixierung“ der EU-Kommission auf 90
Prozent sei „Teil des Problems“, so Liese.
Bisher habe die EU nicht einmal ein Ziel für die Zeit nach 2030. Nach dem
Ausstieg von US-Präsident Donald Trump aus dem Pariser Klimaschutzabkommen
komme es darauf an, „schnell ein ambitioniertes, aber auch realistisches
Ziel“ vorzulegen.
## „Uns könnten vier verlorene Jahre drohen“
Mehr Druck macht der Grünen-Politiker Bloss. „Die EU braucht endlich ein
verbindliches Klimaziel: mindestens 90 Prozent Emissionsminderung bis
2040“. Außerdem fordert er „klare Ausstiegspfade für Kohle, Öl und Gas,
mehr Tempo beim Ausbau von Wind und Solar, den Abbau fossiler Subventionen
und einen fairen sozialen Ausgleich.“
Die Kommission, die von der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen geführt
wird, steht Liese näher als Bloss. Man müsse Flexibilität und Pragmatismus
zeigen, sagte Klimakommissar Hoekstra. Schließlich brauche man für alle
Maßnahmen eine Mehrheit unter den 27 EU-Staaten. Und [3][dort geben
konservative und rechte Regierungen den Ton an].
Brüssel nimmt offenbar auch Rücksicht auf Berlin. Vor dem Regierungswechsel
in Deutschland wollte die EU-Kommission nicht mit neuen Klimazielen
vorpreschen – nun könnte es noch schwieriger werden.
Deren Pläne enthielten einige Rückschritte und Schlupflöcher, kritisiert
Stefanie Langkamp von der deutschen Klima-Allianz, einem Bündnis von mehr
als 150 zivilgesellschaftlichen Organisationen, zu dem auch der WWF gehört.
„Uns könnten vier verlorene Jahre drohen“, fürchtet Langkamp.
Diese Sorge teilt der EU-Abgeordnete Bloss: Von der neuen schwarzroten
Bundesregierung sei nicht viel zu erwarten, meint er. „Meine Sorge ist
daher, dass das Klimaziel für 2040 von 90 Prozent nur noch auf dem Papier
steht“, sagte er der taz.
Wie es weitergeht, dürfte sich erst im Juli zeigen. Dann endet der
polnische EU-Vorsitz, der im Klimaschutz auf der Bremse steht. Und dann
muss die EU-Kommission Farbe bekennen. Die Brüsseler Behörde könnte die mit
Spannung erwarteten Klimaziele gerade noch rechtzeitig vor der Sommerpause
vorlegen – womöglich aber auch erst danach.
15 Apr 2025
## LINKS
[1] /Europaeischer-Klimaschutz/!6065413
[2] /Orban-Kickl-Meloni-Fico-und-Le-Pen/!6038301
[3] /Orban-Kickl-Meloni-Fico-und-Le-Pen/!6038301
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Green Deal
Europäische Kommission
Europäische Union
Schwerpunkt Klimawandel
GNS
EU-Kommission
Elektromobilität
Schwerpunkt Klimawandel
Europäische Kommission
## ARTIKEL ZUM THEMA
Laxere Nachhaltigkeitsregeln: Beschwerde gegen EU-Kommission
Die EU-Kommission will Unternehmen entlasten und legt die Axt an eigene
Regeln an. Dagegen gibt es nun Protest.
Politiker über Ausbau der E-Mobilität: „Autohersteller drängen auf Deregul…
Rechte Kräfte und Teile der Autolobby bremsen die Mobilitätswende in der EU
aus. Wo wir gerade stehen, berichtet der EU-Abgeordnete Kai Tegethoff.
Green Deal der EU: Klima kommt unter den Omnibus
Mit dem Argument Bürokratieabbau weicht die EU die ursprünglichen
Klimaziele auf. Wettbewerbsfähigkeit wiegt nicht nur in Brüssel schwerer.
Orbán, Kickl, Meloni, Fico und Le Pen: Europas rechte Welle
Im EU-Parlament haben Konservative und Rechtsaußen jetzt eine Mehrheit.
Auch in vielen der Mitgliedsländer bauen sie ihre Macht aus.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.