# taz.de -- Konferenz in Jerusalem: Mit Rechtsextremen gegen Antisemitismus | |
> Zu einer Konferenz gegen Antisemitismus lädt Israels Regierung Vertreter | |
> der europäischen extremen Rechten. Andere Geladene sagen empört ab. | |
Bild: Frankreichs rechter Parteichef Bardella (r.) mit Israels Diasporaminister… | |
Jerusalem taz | Von Kritik will Israels Diasporaminister Amichai Chikli am | |
Donnerstag vor seiner Rede bei der von ihm ausgerichteten Internationalen | |
Konferenz gegen Antisemitismus nichts hören. „Ohne Widerstand gibt es keine | |
Veränderung“, sagt der ultrarechte Minister im Konferenzzentrum Jerusalem. | |
Eigentlich wäre er zuständig für die Verbundenheit mit den jüdischen | |
Gemeinden außerhalb Israels – doch genau diese haben in den vergangenen | |
Wochen reihenweise ihre Teilnahme abgesagt, nachdem sie erfahren hatten, | |
wen Chickli noch eingeladen hatte. | |
In der Eingangshalle gibt am Morgen der Präsident der Republik Srpska in | |
Bosnien-Herzogowina, [1][Milorad Dodik], ein Interview. Im eigenen Land | |
wird er per Haftbefehl gesucht, er gilt als Putin-Freund und leugnet den | |
Genozid bosnisch-serbischer Streitkräfte an den Bosniaken. | |
Kurz nach Chikli spricht am Donnerstag [2][Jordan Bardella], Präsident der | |
rechtsextremen französischen Partei Rassemblement National. Die zwei | |
Dutzend französischen Journalisten im Saal zeigen, welche Wellen die | |
Annäherung zwischen der israelischen Regierung zu Rechtsextremen in dem | |
Land mit der größten jüdischen Gemeinde in Europa schlägt. | |
Der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy sagte seine zunächst geplante | |
Teilnahme wieder ab. Außerdem auf der Liste der Eingeladenen: Vertreter der | |
spanischen Vox, der ungarischen Fidesz und der postfaschistischen Fratelli | |
d’Italia. Auch der argentinische Präsident [3][Javier Milei] hatte seine | |
Teilnahme angekündigt, zuletzt aber abgesagt. | |
## Spaltung zwischen Israels Regierung und der Diaspora | |
Die deutsche AfD habe man bei der „sehr sorgfältigen Auswahl“ nicht | |
eingeladen, sagt Chikli der taz. Er beobachte die Partei jedoch genau und | |
hoffe, „künftig Einladungen auszusprechen“, wenn sich „moderate Stimmen�… | |
durchsetzen würden. | |
Aus Deutschland hatten sich zunächst Persönlichkeiten wie der ehemalige | |
CDU-Chef Armin Laschet oder der [4][Antisemitismusbeauftragte Felix Klein] | |
angekündigt, ihre Anmeldungen dann aber zurückgezogen. Volker Beck, der | |
Präsident der deutsch-israelischen Gesellschaft, schrieb auf X: „Wenn wir | |
uns mit rechtsextremen Kräften zusammentun, diskreditieren wir unsere | |
gemeinsame Sache.“ | |
Dabei kommen die Einladungen nicht völlig überraschend. Ministerpräsident | |
Benjamin Netanjahu sucht schon länger die Nähe zu Vertretern der extremen | |
Rechten in Europa. Seit Februar hat der Likud einen Beobachterstatus bei | |
den Patrioten für Europa, der ultrarechten Fraktion im EU-Parlament. | |
Nahe ist man sich vor allem bei der Ablehnung des Islam. Vor einem Tisch | |
mit Häppchen bringt es der rechtsreligiöse Regierungspolitiker Simcha | |
Rothman auf den Punkt: Bei europäischen Rechten würde nach „jeder Spur von | |
Antisemitismus“ gesucht, während Israel mit der Hamas „moderne Nazis“ | |
direkt an seiner Grenze habe. | |
Verbindungen finden sich zur europäischen Rechten außerdem in ihrem Hang | |
zur Autokratie. Erst am Morgen hat das israelische Parlament ein | |
historisches Gesetz angenommen, das der Regierung die Kontrolle über die | |
Auswahl der obersten Richter gibt. Seit einer Woche gehen dagegen täglich | |
Tausende auf die Straße. | |
Die neuen Allianzen könnten letztlich zu einer Spaltung führen, wie sie in | |
Israel selbst schon weit vorangeschritten ist: Das Auseinanderdriften des | |
liberalen, linken Israels auf der einen und des religiös-nationalistischen | |
andererseits ist nicht mehr zu übersehen. Mit der Konferenz in Jerusalem | |
wird auch die Spaltung zwischen dem jüdischen Staat und der Diaspora | |
vorangetrieben. | |
27 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Felix Wellisch | |
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