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# taz.de -- Parteitag des Rassemblement national: Von Le Pens Gnaden
> Jordan Bardella ist neuer Chef des Rassemblement national. Er soll den
> bürgerlichen Anstrich der rechtsextremen Partei noch dicker auftragen.
Bild: Bardella ist neuer Parteichef, Marine Le Pen will 2027 Präsidentin werden
Paris taz | Niemand soll sagen können, dass die Wahl des Parteivorsitzenden
des rechtsextremen Rassemblement national (RN, der frühere Front national)
eine reine Formalität war. Zwar wurde der Favorit, der erst 27-jährige
Jordan Bardella, mit einer überwältigenden Mehrheit von 85 Prozent der
Stimmen von den Mitgliedern gewählt.
Doch es gab mit dem Bürgermeister von Perpignan, Louis Aliot, immerhin
einen Gegenkandidaten, den die Parteibasis als ehemaligen Lebenspartner der
bisherigen Parteichefin Marine le Pen kennt. Aliot hatte gehofft, dass sein
Gewicht als historisches Mitglied des RN und seine Erfahrung als lokaler
Politiker aus der Provinz mehr Einfluss haben würde. Nun wirkt seine
Kandidatur wie ein bloßes Alibi für das Funktionieren einer Partei, die
bisher wie ein traditionelles Familienunternehmen geführt wurde – vertikal
und ohne demokratischen „Schnickschnack“.
Unter dem Applaus der Anwesenden übergab Marine Le Pen ihrem Favoriten und
Protégé Bardella am Samstagabend mit einer herzlichen Umarmung den Vorsitz,
den dieser bereits seit der Präsidentschaftskampagne im Frühling ad interim
inne gehabt hatte.
Dass Bardella so klar das Rennen gemacht hat, erklärt sich nicht nur damit,
dass er die Unterstützung fast der gesamten Parteileitung hatte, sondern
eben auch, weil er de facto bereits als Parteichef amtierte und nun
lediglich offiziell auf seinem Posten bestätigt worden ist. Seine Wahl ist
in diesem Sinne ein Wechsel ohne eigentliche Änderung.
## Rassismus-Eklat in der Nationalversammlung
Auf dem Parteitag versicherte Marine Le Pen, die selber den Parteivorsitz
von ihrem Vater, Jean-Marie Le Pen, geerbt hatte, sie gedenke keineswegs,
in die zweite Reihe zurückzutreten. Klar habe sie bereits die
Präsidentschaftswahl von 2027 im Visier, bei der der amtierende Staatschef
[1][Emmanuel Macron gemäß Verfassung nicht für ein drittes Mandat antreten
kann].
Bardella, der schon mit 16 Jahren der Partei beitrat und dann in
sensationell raschem Tempo alle internen Stufen bis in den engsten Kreis
der Le-Pen-Vertrauten erklomm, soll für die eigentliche Chefin bis 2027 die
Partei führen. Bardella gilt als loyal und verkörpert genau das von Marine
Le Pen angestrebte Image eines Rechtspopulismus: Ideologisch klar rechts
und reaktionär, zugleich aber auch sozialreformerisch, um breite Schichten
der Bevölkerung abzuholen.
Bardella tritt für die – vom offen rassistischen Parteigründer Jean-Marie
Le Pen kritisierte – Linie einer „Dediabolisierung“ ein, die dem RN den
Anstrich einer ganz normalen Partei geben soll. So wolle man mit
Unterstützung eines Teils der übrigen Rechten die Mehrheit und die Macht
erlangen.
Diese Politik der Normalisierung hat kurz vor dem Parteitag und Bardellas
Krönung zum Vorsitzenden in der Nationalversammlung einen Rückschlag
erlitten. Ein RN-Abgeordneter, Grégoire de Fournas, ließ sich während einer
Rede des schwarzen Ratsmitglieds aus den Reihen der Linken, Carlos Martens
Bilongo, zu einem rassistischen Zwischenruf hinreißen.
Er hatte dem in Frankreich geborenen Bilongo zugerufen, [2][er solle doch
nach Afrika zurückkehren]. Die Empörung war – außer beim RN – groß, Fou…
wurde für 14 Tage aus dem Ratssaal verbannt, was die höchste vorgesehene
Strafe im Reglement der Nationalversammlung darstellt.
Mit einem reibungslosen Verlauf des Parteitags und dem von ähnlichen
Skandalen bislang unbefleckten Images des Parteivorsitzenden möchte die
RN-Führung diesen „Ausrutscher“ so rasch wie möglich aus der Öffentlichk…
verdrängen. Für die linke Opposition und auch für die Regierungsfraktionen
im Parlament hat der offene Rassismus jedoch das wahre Antlitz dieser
rechtsextremen Partei offenbart.
5 Nov 2022
## LINKS
[1] /TV-Duell-vor-Frankreichs-Wahl/!5849811
[2] /Rassismus-in-Frankreichs-Parlament/!5892910
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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