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# taz.de -- Rassismus in Frankreichs Parlament: Rechte versuchen sich herauszur…
> Wegen eines rassistischen Zwischenrufs wurde die Sitzung der
> Nationalversammlung unterbrochen. Aber Marine Le Pen spricht von einem
> „Missverständnis“.
Bild: Der Abgeordnete Gregoire de Fournas in der französischen Nationalversamm…
Paris taz | Carlos Martens Bilongo, ein Abgeordneter der linken Partei „La
France insoumise“ (LFI) stellte der Regierung gerade eine Frage zur Rettung
von Geflüchteten im Mittelmeer, als aus den Reihen der rechten
Rassemblement National (RN) ein lauter Zwischenruf kam: „Retourne en
Afrique!“ Die Mehrheit hörte deutlich die Worte während der wöchentlichen
Fragestunde am Donnerstagnachmittag und verstand sofort, dass damit der
schwarze Redner der LFI in krass rassistischer Weise beleidigt und
aufgefordert wurde, „nach Afrika zurückzukehren“.
Auch die Ratspräsidentin der Nationalversammlung, Yaël Braun-Pivet, hatte
das so mitbekommen, sie unterbrach kurzerhand die Sitzung. Im ausbrechenden
Proteststurm war es zunächst nicht möglich zu erfahren, wer genau diesen
Zwischenruf gebrüllt hatte. Ihre Aufforderung an den Zwischenrufer, sich zu
melden, blieb ohne Antwort.
Aber dank der Kameras wurde dieser rasch identifiziert. Es handelte sich um
den RN-Abgeordneten Grégoire de Fournas. Geschlossen forderten die linke
Opposition und auch die Fraktion der [1][Regierungspartei Renaissance
(früher En Marche)] gegen ihn sofortige Sanktionen.
Die Fraktion des RN (früher Front National) stellte sich hinter de Fournas
und sprach von einem „Missverständnis“, das sie versuchte, schnell
aufzuklären: Carlos Martens Bilongo habe die Regierung aufgefordert,
zugunsten der auf dem Meer blockierten Geflüchteten auf dem Rettungsschiff
Ocean Viking zu intervenieren. Darauf habe De Fournas reagiert und die
Geflüchteten angesprochen mit: „Qu'ils retournent en Afrique!“ („Die sol…
nach Afrika zurück!“).
## Auf die Hautfarbe reduziert
De Fournas habe also nicht den Abgeordneten mit der Aufforderung gemeint,
schoss die RN-Fraktion. Allerdings klang die Behauptung nicht sehr
glaubhaft und wäre politisch oder moralisch kaum besser. Auch die anwesende
Premierministerin Elisabeth Borne protestierte: „Für Rassismus ist kein
Platz im Parlament!“
Carlos Martens Bilongo hatte inzwischen den Saal verlassen und [2][gab vor
den Medien] eine Erklärung ab. Der in Frankreich geborene Mittelschullehrer
sagte: „Ich hätte nicht erwartet, eines Tages solche Worte [3][in der
Nationalversammlung] zu hören.“
Er bezeichnete es sichtlich schockiert als „Schande“, in ordinär
rassistischer Weise auf „die Hautfarbe reduziert zu werden“. In einer
Medienmitteilung fügte er an: „Wenn es angeht, dass ein Abgeordneter ohne
Komplex einem anderen Abgeordneten wegen seiner Hautfarbe ins Gesicht
spucken kann, und dies mitten in einer Ratssitzung, was würde sich dieser
erlauben, falls seine Partei an die Macht kommen sollte?“
De Fournas blieb dabei, dass seine „Bemerkung“, die eine „politische
Ansicht“ sei, von den linken Gegnern für eine „Manipulation“ und eine
„Polemik“ deformiert und missbraucht werde. Seine Parteikolleg*innen
stellten sich hinter ihn. Seine Partei-Vorsitzende [4][Marine Le Pen]
meinte: „Die von unseren Feinden geschaffene Polemik ist allzu krass, um
die Franzosen zu täuschen.“
Ein reines Gewissen hat der RN-Abgeordnete de Fournas aber nicht. Wie
diverse Medien entdeckten, hat er in aller Eile einige offenbar
kompromittierende Publikationen und Kommentare auf Twitter gelöscht, die
seine rassistische Haltung offenbaren. Beim attackierten LFI-Ratskollegen
Martens Bilongo habe er sich per E-Mail für das „Missverständnis“
entschuldigt.
Für die linke Opposition hat der Zwischenfall das „wahre (rassistische)
Gesicht der extremen Rechten“ enthüllt. Wie die Regierungspartei
Renaissance auch fordert sie den Rücktritt von de Fournas.
4 Nov 2022
## LINKS
[1] /Parlamentswahlen-in-Frankreich/!5860458
[2] /Medienpodcast-von-Civis-und-SZ/!5847607
[3] /Nationalversammlung-in-Frankreich/!5850189
[4] /Marine-Le-Pen/!t5009505
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Frankreich
Nationalversammlung
Marine Le Pen
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Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022
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