# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Frankreich: Nährboden für rechte Ideolog… | |
> Die Erleichterung über den Wahlsieg von Frankreichs Präsident Macron ist | |
> groß. Doch seine Politik hat die rechtsextreme Marine Le Pen groß | |
> gemacht. | |
Bild: Emmanuel Macrons Politik könnte ein Nährboden für rechte Ideologie sein | |
Man kann aufatmen in Europa: Die rechtsextreme Marine Le Pen hat in | |
Frankreich [1][die Stichwahl verloren]. Präsident bleibt Emmanuel Macron. | |
Damit wurde zwar das Schlimmste für die kommenden fünf Jahre verhindert. | |
Dennoch: Nichts ist in Ordnung in Frankreich. Eine Rechtsextreme war so | |
dicht an der Macht, dass man zittern musste. Wie konnte es so weit kommen? | |
Oft wird darauf hingewiesen, wie Le Pen daran gearbeitet hat, ein moderates | |
Image zu verbreiten. Bei genauem Hinsehen zeigt sich: Viel brauchte sie | |
nicht zu tun. In kaum einer Talkshow vor den Wahlen – auch nicht im | |
TV-Duell kurz vor der Stichwahl – wurde die Kandidatin mit ihrem | |
Rechtsextremismus konfrontiert. Kaum eine Frage zum migrationsfeindlichen | |
Programm, kein ungemütliches Gespräch. | |
Da fällt es leicht, moderat zu wirken. Es ist ein katastrophales Versagen | |
der Medien. Dann war da noch der grobschlächtige [2][Rechtsextremist Eric | |
Zemmour], der bis Herbst 2021 jeden Abend zur besten Sendezeit im | |
Privatfernsehen die krudesten Ideen verbreiten durfte – von Rassenlehre bis | |
hin zu Holocaustverharmlosung. Es war nicht schwer, neben diesem zügellosen | |
Rassisten geradezu harmlos zu wirken. Eine ganze Reihe Intellektuelle und | |
Schriftsteller haben das Ihre beigetragen, indem sie die Theorie des | |
„großen Austauschs“ normalisiert und weiterverbreitet haben. | |
Und Macron? Auch er ist in seinem kurzsichtigen Streben nach Macht Teil | |
ebendieser Verantwortungslosigkeit. Er hat [3][autoritäre Gesetze | |
geschaffen], die eine nie gesehene Überwachung erlauben und die | |
Pressefreiheit einschränken; er plant weiterhin, die Rundfunkgebühren für | |
Öffentlich-Rechtliche abzuschaffen. Und das, wo etliche Medien ohnehin | |
schon in Händen von teilweise rechten Milliardären liegen. Sollte Macron | |
später einmal eine rechtsextreme Nachfolgerin haben – und das ist nicht | |
auszuschließen –, hätte er ihr den Weg zum Durchregieren bereitet. | |
## Linker Strohhalm Parlamentswahlen | |
Auch sonst ist seine Politik ein Nährboden für rechte Ideologie. Er | |
[4][privatisiert], kürzt Sozialhilfen, macht das Bildungswesen | |
unzugänglich, bevorteilt die Reichen und lässt mit unverhältnismäßiger | |
Polizeigewalt gegen viele vorgehen, die sich widersetzen. Damit ist es Le | |
Pen ein Leichtes, das Narrativ über ein zu bekämpfendes Establishment zu | |
fahren. So überspielt sie geschickt, dass sie selbst in Wirklichkeit zu | |
diesem Establishment gehört. | |
Nun mag man hoffen, dass die gesellschaftliche Linke in dieser desolaten | |
Lage noch irgendeinen Hebel in die Hände bekommt. Im Juni [5][sind | |
Parlamentswahlen], das ist ein Strohhalm. Auch in den anstehenden sozialen | |
Kämpfen gegen Macron, um die Rente oder Uni-Gebühren, kann der Diskurs noch | |
mitgestaltet werden. Trotzdem: Es brennt. Jubel über das vermeintlich | |
gerettete Europa ist fehl am Platz. | |
25 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Lea Fauth | |
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