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# taz.de -- Rechtsruck in Frankreich: Rechte Fassadenrenovierung
> Der Bruch mit der AfD ist Teil einer Verharmlosungsstrategie unter der
> Rechtsextremen Marine Le Pen. Damit will sie Wähler anziehen.
Bild: Verharmlosung für die Wählergunst: Marine Le Pen mit Präsident des RN,…
Paris taz | Jetzt nur keine Angriffsfläche bieten: Das ist die inoffizielle
Devise beim französischen [1][Rassemblement National (RN)]. Denn alle
Umfragen haben seit Wochen und Tagen die extreme Rechte als klare
Wahlsiegerin am 9. Juni erklärt. Der vom erst 28-jährigen
Interimsparteichef Jordan Bardella angeführten Liste werden konstant 32
Prozent der Stimmen vorausgesagt. Und keine andere Gruppe von
Wahlberechtigten scheint so entschlossen zu sein, am 9. Juni ins Stimmbüro
zu gehen, wie die RN-Sympathisanten.
Die Strategie der Wahlkampagne für die rechtsextremen Favoriten ist ebenso
einfach wie durchsichtig: Alles muss so harmlos daherkommen, dass auch
gemäßigt rechte Franzosen und Französinnen eigentlich gar keinen Grund mehr
erkennen können, nicht diese „Alternative“ zu den übrigen Parteien zu
wählen.
Darum posiert Marine Le Pen auf den Netzwerken lieber mit ihren Katzen als
mit Neonazis. Auch ihre eventuell belastenden Kontakte zu [2][russische
Geldgebern] und ihre Bewunderung für Putin spielt sie herunter. Ihre
Verharmlosungsstrategie erklärt auch den Bruch mit der AfD, die für die
französischen Rechtsextremisten von Marine Le Pen nicht mehr salonfähig
genug ist.
Zu der Strategie passt auch das Auftreten von Spitzenkandidat Bardella: Er
kommt in seiner Wahlkampagne so geschniegelt daher, dass er seine
Popularität mehr seinem Look als seinen Argumenten verdankt. In einer
Debatte auf dem politisch befreundeten [3][Fernsehsender CNews] blieb er
etwa auf die Frage, auf welche Zahlen er seine Gewissheit stütze, dass eine
„Mehrheit der Franzosen“ seine Ansichten bezüglich eines Immigrationsstopps
teilte, achselzuckend eine Antwort schuldig. Er denkt, er habe die
öffentliche Meinung auf seiner Seite. Und es stimmt, dass das im Kern
aggressive nationalistische Gedankengut seit Jahren von den Medien
banalisiert worden ist.
Als Marine le Pen 2011 die Führung des Front National von ihrem politisch
wegen Antisemitismus und Rassismus verurteilten und belasteten Vater
Jean-Marie Le Pen übernahm, hat sie diese Fassadenrenovierung der Partei
unter dem Stichwort der „Dédiabolisation“ (Entdiabolisierug) eingeleitet.
Die kleine Namensänderung des FN in RN soll diese Distanzierung von der
Vergangenheit (die Gründung des FN mit Rechtsradikalen aus der Zeit der
Kollaboration mit den Nazis und Revanchisten der Kolonialkriege) ebenfalls
symbolisieren. Diese Altlasten sollen jetzt kein Thema mehr sein. Zur Zeit
ihres Vaters war das umgekehrt: Der FN galt rechtspopulistischen
„Schwesterparteien“ in Europa als zu extrem und folglich kompromittierende
Gesellschaft.
40 Prozent wählen extrem rechts
Die offen rassistische und antimuslimische Propaganda kann der RN der
kleineren Konkurrenz der Partei Reconquête von Eric Zemmour überlassen, die
mit der Enkelin von Jean-Marie le Pen, Marion Maréchal, antritt. Fast gerät
wegen der Entdiabolisierung des RN in Vergessenheit, dass gemäß den
Wahlumfragen die diversen Listen der extremen Rechten zusammen fast 40
Prozent Stimmenanteil ausmachen.
Wenn es nur nach den Wahlprognosen ginge, wäre das Rennen für [4][die
Europawahl] bereits gelaufen. Kleine Bewegungen im voraussichtlichen
Wahlverhalten gibt es ihnen zufolge nur noch unter den anderen Listen: So
könnte der bisher als Dritter gehandelte Raphaël Glucksmann – er tritt mit
seinem eigenen Politklub Place public für die Sozialisten an – noch die
Liste Renaissence der Macronistin Valérie Hayer überholen und so den
Ausgang der Europawahlen in ein politisches Debakel für die Regierung und
Staatspräsident Emmanuel Macron verwandeln.
Hayer hat als bisherige EU-Abgeordnete und Renaissance-Fraktionschefin in
Straßburg eine respektable Bilanz vorzuzeigen, trotzdem bleibt sie ohne
echten Einfluss auf den Wahlkampf. Der vermutliche Stimmenanteil ihrer
Liste wird ständig nach unten korrigiert.
Daran änderte auch Macron nichts, der sich für seine Kandidatin engagiert
und auf einem Flugblatt von Renaissance an der Seite von Hayer so glücklich
lächelnd posiert wie auf einem Hochzeitsfoto. Nur kommt dies eben nicht so
gut an wie das Wahlplakat mit Marine Le Pen an der Seite von Bardella, den
die mehrfache RN-Präsidentschaftskandidatin schon als ihren zukünftigen
Premierminister vorstellt, sollte sie in drei Jahren Staatschefin werden.
22 May 2024
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Rassemblement_National
[2] /Frankreichs-rechte-Russland-Connection/!5960467
[3] https://www.cnews.fr/france/2024-05-20/limmigration-menace-aujourdhui-notre…
[4] /Wahlkampfauftakt-zur-EU-Wahl/!6005005
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
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Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022
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