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# taz.de -- Weniger künstliche Intelligenz ist mehr: Es muss nicht überall KI…
> Künstliche Intelligenz ist die nächste große Umweltgefahr. Wer ihre
> schädlichen Auswirkungen verhindern will, sollte sich jetzt große Fragen
> stellen.
Bild: Welchen Schleudergang diese Socke braucht, kann eine in die Waschmaschine…
Gerade findet eine Art moderner Wettlauf zum Mond statt. Ein
technologisches Rennen, bei dem [1][ziemlich viel schiefgehen kann]; mit
den USA als Hauptakteur, die sich jedoch, wie auch bei der Mondlandung, mit
Konkurrenz aus anderen Ländern herumschlagen müssen. Dieses Mal primär aus
China, aber auch die EU wäre gerne dabei.
Nun ist das aktuelle Ziel etwas weniger konkret als der Mond, denn es geht
darum, in welchem Land die leistungsfähigste künstliche Intelligenz
entwickelt wird. KI wird dabei meist begriffen als generative KI: also als
ein Modell, das Inhalte – Text, [2][Bilder], Audio, Video – erzeugen kann.
Dabei wird sich die Steigerungsform von „leistungsfähig“ im Laufe der
weiteren technischen Entwicklung natürlich immer wieder ändern. Das
verhindert ein bequemes „[3][Fähnchen drauf, Häkchen dran“, wie es bei der
Mondlandung der Fall war]. Und sorgt dafür, dass die Superlative immer
superlativiger werden müssen.
Mehrere globale Unternehmen wollen [4][eine dreistellige Milliardensumme in
Rechenzentren investieren]? Puh, wen interessiert’s? Na ja, es sind
Rechenzentren für künstliche Intelligenz. Und zack, sind alle on fire.
Allen voran [5][Donald Trump] natürlich, einer der größten lebenden Fans
des national-kompetitiven Gehabes.
## Die Oscars sind ein gutes Beispiel
Aber auch die Europäische Union ist wenig entspannt. Leider. Die ersten
Reaktionen nach der 500-Milliarden-Dollar-Investitionszusage aus den USA
waren im Wesentlichen ein lautes Nachdenken darüber, ob man hierzulande
[6][nicht doch zu stark auf Regulierung setze] in Sachen KI und es nicht
besser sei, massiv auch staatliche Gelder in die Industrie zu stecken, um
beim Wettrennen einen Vorteil zu haben.
Als positives Beispiel für solche staatlichen Investitionen dient dabei
gerne [7][Airbus], das sich seit Jahrzehnten über massive Subventionen
verschiedener europäische Staaten freuen kann. Und dessen Bremer Werk, und
hier schließt sich der Kreis, mit der ESA immerhin ein Versorgungsmodul für
die Artemis-Mondmissionen baut.
Klar ist: Künstliche Intelligenz wird unser Leben verändern. Drastisch. Ob
in der Medizin, in der Schule, in der Kunst oder Kommunikation. Dass auch
traditionsreiche Institutionen nicht vor dem Wandel gefeit sind, hat erst
im Februar die Oscar-Academy gezeigt. Medienberichten zufolge überprüft die
Academy, Filmemacher:innen ab dem kommenden Jahr verpflichtend angeben
zu lassen, ob in ihren Werken KI genutzt wurde. Noch ist diese Angabe
freiwillig.
Auslöser der Debatte: [8][In drei in diesem Jahr nominierten Filmen –
„Emilia Pérez“, „The Brutalist“ und „Like a Complete Unknown“ – …
Einsatz]. Dabei geht es gar nicht mal um wilde Dinge: So wurde etwa für die
Produktion von „The Brutalist“ ein Werkzeug verwendet, das den ungarischen
Akzent des Hauptdarstellers echter klingen lässt. Im April soll die
Entscheidung fallen.
Die Oscars sind ein gutes Beispiel für die Frage: Wie umgehen mit KI?
Möglichst früh möglichst viel regulieren, bevor es zu spät ist? Erst mal
laufen lassen und schauen, was passiert? Oder sich an einem Kompromiss
versuchen, wie auch immer der aussehen mag?
Diese Frage ist deshalb nicht trivial, weil eine Entwicklung, die lange
einfach gelaufen ist, irgendwann faktisch nicht mehr rückholbar wird.
Beispiel: Verkehr. Eigentlich müsste allen Menschen, die mal kurz [9][über
CO2-Emissionen], Ressourcenverbrauch und Flächenversiegelung nachdenken,
klar sein, dass es so nicht weitergeht mit der Zahl der Autos und Straßen.
Aber jetzt Millionen Menschen etwas zu versagen, an das sie seit
Jahrzehnten gewöhnt sind? Politischer Selbstmord. Also geht es in der
politischen Debatte kaum um die nötige Verkehrswende, sondern nur ihre
kleine Schwester, die Antriebswende. Nicht weniger Autos, sondern
[10][höchstens weniger Verbrenner].
Lassen wir es also mit KI so laufen, stehen wir in ein paar Jahren dort, wo
wir in Sachen Straßenverkehr heute sind. Die Big-Tech-Konzerne erwarten
einen derart steigenden Energiebedarf, dass etwa [11][Google sein Ziel, bis
2030 klimaneutral zu werden], wohl nicht halten wird.
Und es ist nicht nur Strom. Training und Anwendung der KI benötigen extrem
leistungsfähige Rechner, die gekühlt werden müssen – dabei kommt auch
Wasser zum Einsatz. Wie bei fast allen Herstellungsprozessen benötigt auch
die Produktion der Hardware Wasser. [12][Wissenschaftlichen Schätzungen von
Forschenden der University of California zufolge] verbraucht eine aus 20
bis 50 Fragen bestehende Konversation mit dem Textgenerator ChatGPT etwa
einen halben Liter davon. Mal eben ChatGPT nach den besten Kuchenideen für
einen Kindergeburtstag fragen – nachhaltig geht anders.
Dazu kommen die für die Computerchips notwendigen Rohstoffe, die häufig
unter fragwürdigen Bedingungen abgebaut werden. Und natürlich müssen die
Chips in kurzen Taktungen ausgetauscht werden, um immer die
leistungsfähigsten im Einsatz zu haben.
Zu dem Wettrennen der Nationen kommt also auch das Wettrennen der
Unternehmen. Es funktioniert analog zu den Mechanismen der
Plattformökonomie: Die Tech-Konzerne werden in KI investieren, koste es,
was es wolle – einfach, um die Nummer eins zu sein. Wer die Nummer eins
ist, hat die besten Chancen, seine Dienste irgendwann zu Geld zu machen.
Dass die Blicke nun hoffnungsvoll nach China gehen, [13][wo ein Anbieter
jüngst ein mutmaßlich energiesparenderes KI-Modell vorgestellt hat], löst
das Problem nicht: Je sparsamer die Modelle werden, desto mehr Anbieter
werden sie nutzen – der klassische Rebound-Effekt.
Je sparsamer also die Modelle, desto mehr Anwendungen und Geräte werden wir
sehen, die eine Portion KI verpasst bekommen, ganz egal, ob sinnvoll und
gewünscht oder nicht. Wer durch die Haushaltswarenabteilung eines
Elektronikmarkts schlendert, findet jetzt schon einen Haufen Geräte, in
denen KI steckt: vom Staubsaugerroboter bis zum Kaffeevollautomaten. Wenn
die Waschmaschine eine KI bekommt, die anhand der Beladung direkt das
optimale Programm einstellen soll, lässt sie sich besser vermarkten. Den
Gewinn daran haben vor allem die Hersteller.
In politischen Diskussionen wird KI oft vor allem als Mittel für mehr
Wirtschaftswachstum gesehen. Nach dem Motto: Möglichst viel KI-Entwicklung
in Deutschland, dann klappt’s auch wieder mit dem steigenden
Bruttoinlandsprodukt. Diese Vorstellung ignoriert, dass das Wachstum seit
Jahrzehnten in weiten Bereichen darauf beruht, Umwelt zu zerstören und
Ressourcen über Gebühr auszubeuten. Wir können das jetzt mit KI alles ein
paar Umdrehungen schneller so weiterführen und schauen, wo wir am Ende
landen. Der Mond wird es wohl nicht sein – aber wie viel besser das Leben
hier auf der Erde dadurch würde, ist fraglich.
Das geht so nicht. Und da haben wir noch nicht mal über andere KI-Probleme
gesprochen. Gefahren für die Demokratie durch massenhafte Fake News und
Propaganda zum Beispiel, durch intransparente Trainingsdaten – und dass KI
quasi systemimmanent strukturkonservativ ist. Schließlich folgert sie aus
den Trainingsdaten der Vergangenheit auf Gegenwart und Zukunft.
## Positive Vision gesucht
Wir brauchen daher dringend Strategien dafür, dass KI nicht in allem
Möglichen landet, nur weil das gerade im Trend liegt. Und zwar Strategien,
die nicht wieder die Verantwortung auf die Nutzer:innen schieben. Am
besten dafür wäre eine politisch klare und positive Vision des
KI-Einsatzes: nicht sagen, was man nicht will, sondern vorantreiben, wo der
Einsatz von KI von gesellschaftlichem Nutzen ist – oder wo er aus
sicherheitspolitischen Gründen sinnvoll ist. Denn eine KI, die zum Beispiel
Lasten im Stromnetz verteilen soll, aus China oder den USA einzukaufen, ist
angesichts der aktuellen Lage vermutlich nicht die beste Idee.
Vorschläge für ein ökologisches Mitdenken gibt es: So skizziert zum
Beispiel die NGO Algorithmwatch ein Modell, in dem Anbieter verpflichtet
werden, beim Bau von neuen Rechenzentren deren Energiebedarf durch
erneuerbare Energiequellen und vor Ort zu decken. In Sachen
Wettbewerbsfähigkeit müssen solche Einschränkungen nicht einmal ein
Nachteil sein. So viel KI wie möglich – das werden die USA und China schon
selber machen. Europa kann sich einen eigenen Weg leisten. Es muss sich nur
trauen, ihn zu gehen.
27 Mar 2025
## LINKS
[1] /Hessen-beschliesst-Polizeigesetz/!6056265
[2] /Wie-rechts-ist-die-KI-Aesthetik/!6071540
[3] /Generation-Mondlandung/!1279744/
[4] /USA-investieren-in-KI/!6060153
[5] /Donald-Trump/!t5204455
[6] /Kuenstliche-Intelligenz/!6069284
[7] /Airbus/!t5008728
[8] /KI-in-der-Filmindustrie/!6065180
[9] /Oekologischer-Fussabdruck-von-KI/!5946576
[10] /Elektromobilitaet/!t5033699
[11] /Konzerne-und-ihre-Klimaversprechen/!5912463
[12] https://arxiv.org/pdf/2304.03271
[13] /Kuenstliche-Intelligenz/!6065865
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
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