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# taz.de -- Schuldenbremsen-Lockerung in Nordländern: Ohne die jeweilige Oppos…
> Wollen die Nord-Länder in den Genuss der gelockerten Schuldenbremse
> kommen, müssen sie erst ihre Verfassungen ändern. Das könnte schwierig
> werden.
Bild: Jan Vermöhlen (l) vom Bund der Steuerzahler und CDU-Politiker Ulf Thiele…
Hamburg taz | Immerhin 0,35 Prozent: Nach den Plänen von CDU und Grünen im
Bund sollen die Bundesländer künftig wieder Schulden in Höhe von immerhin
0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen dürfen. Aber: Nur weil
sich SPD und CDU im Bund darauf geeinigt haben, ist der Weg noch lange
nicht frei, vor allem nicht für die Nordländer Bremen, Hamburg,
Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Hier machen die einst besonders
strengen Selbstbeschränkungen bei der [1][Einführung der Schuldenbremse]
eine Lockerung deutlich schwieriger als in anderen Ländern.
Es ist schon ein ziemlicher Geldregen, mit dem CDU und SPD im Bund die
Länder mit dem geplanten Sondervermögen Infrastruktur ausstatten wollen:
Über ein Fünftel der anvisierten 500 Milliarden Euro sollen die Länder und
mit ihnen die Kommunen selbst verfügen können – und es in die Sanierung von
Schulen, Krankenhäusern, Schienen oder Straßen stecken können.
Wie viel jedes Bundesland vom Kuchen abbekommt, ist noch nicht abschließend
geklärt. Es dürfte sich aber am sogenannten Königsteiner Schlüssel
orientieren, der festlegt, wie viel die einzelnen Länder bei gemeinsamen
Finanzierungen einzahlen müssen oder umgekehrt erhalten. Der jeweilige
Anteil errechnet sich aus der Einwohnerzahl und dem jeweiligen
Steueraufkommen. Für Schleswig-Holstein wären das rund 3,4 Milliarden Euro,
für Niedersachsen sogar mehr als 9 Milliarden. Hamburg könnte mit rund 2,6
Milliarden rechnen, Bremen immerhin mit knapp 1 Milliarde.
Um von der jährlichen Lockerung der Schuldenbremse profitieren zu können,
müssen die Nordländer allerdings ihre Landesverfassungen ändern: Nachdem
die damalige Bundesregierung die Schuldenbremse für Bund und Länder
eingeführt hatte, nach der die Länder grundsätzlich keine Schulden mehr
machen dürfen, unterwarfen sich viele Bundesländer noch schärferen
Sparzwängen. Dabei haben [2][die Nordländer die Hürden für eine Änderung
höher gelegt als andere]: Während sich etwa Berlin, Nordrhein-Westfalen,
Thüringen und das Saarland darauf beschränkten, ihre
Landeshaushaltsordnungen zu überarbeiten, hoben Bremen, Hamburg,
Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Schuldenbremse in den
Verfassungsrang.
Die Folge: Wird die Schuldenbremse auf Bundesebene gelockert, können die
Landesregierungen in Berlin oder Nordrhein-Westfalen ohne großen Aufwand
die Haushaltsordnungen anpassen. Die Regierungen der Nordländer hingegen
müssen die Oppositionsfraktionen mit ins Boot holen, um mit einer
Zweidrittelmehrheit die Verfassung erneut zu ändern.
Denn ohne eine Anpassung auf Länderebene bliebe die Grundgesetzänderung in
den Nordländern folgenlos: Eine [3][Änderung der Schuldenbremse auf
Bundesebene] verpflichtet die Länder nicht zur Kreditaufnahme, sondern
erweitert lediglich den Rahmen des Erlaubten. Der Hamburger
SPD-Haushaltspolitiker Milan Pein spricht in dieser Frage zwar von
„Verfassungsneuland“, zweifelt aber nicht an der Notwendigkeit einer
Verfassungsänderung. „Wir wollen zügig eine Einigung mit den anderen
Fraktion herbeiführen“, sagt Pein.
Seit der Hamburg-Wahl ist es allerdings etwas komplizierter geworden. Zuvor
verfügte die rot-grüne Koalition noch über eine Zweidrittelmehrheit in der
Bürgerschaft. Diese – wie auf Bundesebene geplant – vor der Konstituierung
des neu gewählten Parlaments zu nutzen, kommt nach Peins Einschätzung in
Hamburg nicht infrage. Dagegen spricht auch, dass erst das Grundgesetz
geändert werden müsste, bevor die Hamburger Landesverfassung angefasst
werden könnte. Dafür sei die Zeit zu knapp.
Niedersachsens Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU) hatte bereits
vergangene Woche Widerstand gegen eine Aufweichung der Schuldenbremse
angekündigt: „Dass wir die Schuldenbremse in der Landesverfassung lockern,
sehen wir aktuell nicht.“ Vielmehr wolle er über das „unverantwortliche
Finanz- und Haushaltsgebaren der Landesregierung“ sprechen, das unnötige
Haushaltslöcher verursache. Darauf müsse die rot-grüne Landesregierung
reagieren, denn: „Klar ist, ohne die CDU ist keine Lockerung der
Schuldenbremse möglich.“
Auch im rot-grün-rot regierten Bremen ist die Zustimmung der CDU notwendig.
Sie hat dem Senat bereits einen „Investitionskonsens“ angeboten. Wenn sie
einer Verfassungsänderung zustimmt, will sie anschließend auch
mitentscheiden, wohin die Mittel fließen. „Eine Änderung der Schuldenbremse
nur auf Zuruf wird die Bremer CDU auf keinen Fall mittragen. Sondern nur
konditioniert, dass es eine Verständigung darüber gibt, was mit den dadurch
ermöglichten Kreditaufnahmen im Ergebnis finanziert wird“, stellte der
Bundestagsabgeordnete Thomas Röwekamp klar.
## Schleswig-Holsteins SPD ist sauer auf die CDU
In Schleswig-Holstein wiederum ist die schwarz-grüne Landesregierung unter
Daniel Günther auf die SPD angewiesen. Doch die zeigt sich zumindest
zeitweise ziemlich verärgert über den Ministerpräsidenten: „Zwar hat Daniel
Günther immer wieder mal angedeutet, dass man über eine Reform der
Schuldenbremse reden könnte“, sagt Landeschefin Serpil Midyatli.
Gleichzeitig habe seine Fraktion im Landtag aber in der Vergangenheit jeden
Vorstoß der SPD zu einer Reform der Schuldenbremse als unseriös abgelehnt.
„Jetzt, da die öffentliche Debatte um die Schuldenbremsenreform nach der
Bundestagswahl an Intensität gewinnt, versucht Günther sich als Vorreiter
zu positionieren und die Initiative für sich zu beanspruchen“, kritisiert
Midyatli.
Legt man das jeweilige BIP der Länder zugrunde, könnte Bremen künftig
regelmäßig 140 Millionen Euro zusätzlich in den Haushalt einstellen,
Hamburg bereits deutlich über 500 Millionen. In Schleswig-Holstein wären es
350 Millionen und in Niedersachsen etwas mehr als eine Milliarde Euro.
11 Mar 2025
## LINKS
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## AUTOREN
André Zuschlag
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