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# taz.de -- Alle Tassen im Schrank: Heraus zum Ersten Merz
> Merz’ „Tassen-im-Schrank“-Politik ist der Aufreger online. Nun werden
> Tassen für den kommenden Kanzler gesammelt. Wo kommt eigentlich der
> Spruch her?
Bild: Da steht tatsächlich eine CDU-Tasse: Schrank in einer Kaffeeküche der t…
Berlin taz | Friedrich Merz ist ja ein aufregender Typ. Das finden nicht
nur die Fans des wohl künftigen Kanzlers. Sondern erst recht seine
Kritiker:innen, die sich gar nicht mehr einkriegen über all das Porzellan,
das Merz bereits zerschlagen hat, bevor er überhaupt ins Amt gewählt wird.
Kurz gesagt: Es geht um die letzte Wahlkampfrede des CDU-Spitzenkandidaten.
Am Samstag vor der Wahl hatte er [1][im Münchner Löwenbräukeller]
ordentlich vom Leder gezogen und versprochen, dass er keine Politik für
linke und grüne Spinner machen würde, sondern nur für die Bürger, die noch
alle Tassen im Schrank haben. Und obwohl sich im Löwenbräukeller doch
eigentlich alles um maßlos überfüllte Gläser dreht, geht der
Tassen-Vergleich kurz vor dem 1. Merz steil.
Die taz stellte nicht nur auf ihrer Titelseite vom Donnerstag die ganz
kleine Anfrage an Merz: „Noch alle Tassen im Schrank?“.
Sie hat das auch gleich mal recherchiert. Und siehe da, offenbar fehlen in
der CDU-Zentrale tatsächlich einige Tassen. Der Beweis: Mindestens eine hat
sich sogar auf unergründlichen Wegen in eine Kaffeeküche der taz verirrt.
Muss man sich also Sorgen machen, dass Deutschland demnächst von einem
Herrn mit Trinkgefäßen in nicht ausreichender Zahl regiert wird?
Zum Glück gibt es engagierte Bürgerinnen wie Silke Burmester. Die
Mitgründerin [2][des Magazins Palais-Fluxx] und gelegentliche
[3][taz-Autorin] hatte erst kürzlich etwas Aufsehen verursacht, als sie der
Ex-Kanzlerin Angela Merkel bei [4][einer Signierstunde die taz-Titel-Seite
„Oma gegen rechts“] vorlegte – was die mit einem Lächeln und einem
schwungvollen Autogramm quittierte.
Jetzt widmet sich Burmester Merkels potenziellem Nachnachfolger. Weil Merz,
„dieser moderne Menschenversteher“, nur Politik für Bürger mit Tassen im
Schrank machen wolle, [5][rief sie auf Instagram unter dem Hashtag
#MeineTasseFuerMerz] dazu auf, Gefäße für den mutmaßlich selbst tassenlosen
Politiker zu sammeln.
Bereits am Mittwoch reiste sie zum Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, um dort
alle in ihrer Heimatstadt Hamburg gesammelten Tassen persönlich abzugeben.
Mit Erfolg! Denn dort seien bereits „einige hundert Tassen angekommen“,
berichtet Burmester anschließend.
Denn Burmester ist nicht allein. Auch unter dem Hashtag
[6][#AlleTassenImSchrank] wird auf den entscheidenden Social-Media-Kanälen
zur Sammlung für Merzens Schrank aufgerufen.
## Der Ursprung der Redewendung liegt im Dunkeln
Bleibt noch die Frage, woher dieser Spruch mit den Tassen eigentlich kommt.
In den Klassikern, wie dem Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm oder gar
im 1801 verfassten „Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen
Mundart“ von ihrem Vorgänger Johann Adelung, ist die Redewendung nicht zu
finden. Sie muss folglich deutlich jüngeren Datums sein.
[7][Immerhin liest man bei Adelung sehr kenntnisreich], dass das deutsche
Wort Tasse kleine Schalen bezeichne, „woraus man Thee oder Kaffee zu
trinken pflege“. Und dass das Wort „zusammen mit der Sache selbst aus
Frankreich zu uns gebracht worden“ sei. Ursprünglich scheine der Begriff
aber „aus dem Morgenland herzustammen“.
Hat also Merz ganz subtil zu erkennen gegeben, dass er doch für mehr
Migration offen sei?
Dieser Interpretation widerspricht aber die häufig vertretene These, dass
es bei den vermissten Tassen im Schrank gar nicht um die Dinger gehe, die
wir zum Genuss heißer Getränke einsetzen. Vielmehr handele es sich um eine
missverstandene Entlehnung aus dem Jiddischen. Denn dort gebe es den
Begriff „toshia“, und der bedeute Verstand. „Und weil Leute, die kein
Jiddisch verstanden haben, statt Toshia vermutlich Tassen verstanden haben
und Tassen nun mal in einem Schrank stehen, hat sich halt so eine Redensart
entwickelt“, heißt es zum Beispiel [8][in einem Onlineforum], aber auch
beim [9][redensarten-index].
Allerdings hat schon vor vielen Jahren [10][die Jüdische Allgemeine darauf
hingewiesen], dass das Wort „toschia“ in keinem Jiddisch-Wörterbuch belegt
sei. Infrage käme allenfalls das Wort „tushiya“ für Umsicht, wie es im Bu…
der Sprüche 2,7 und 3,21 auftaucht – das aber sei hebräisch und nicht
jiddisch.
Bleibt die letzte Interpretation des Spruchs. Demnach ging es ursprünglich
um die Beschreibung verlorenen Wohlstands. Denn wer viel Porzellan
vorweisen konnte, galt als reich. Wer hingegen nicht mehr alle Tassen im
Schrank hatte, als arm. Das dürfte zumindest dem Weltbild von Friedrich
Merz entsprechen, der sich ja einst selbst als Millionär dem Mittelstand
zugeordnet hat.
So oder so. Wenn der Sauerländer Schlacks also tatsächlich demnächst ins
Kanzleramt ziehen sollte, kann er sich dort wie der Elefant im
Porzellanladen auslassen. Genügend Tassen wären Dank der Online-Aufregung
zumindest vorhanden.
27 Feb 2025
## LINKS
[1] /Alles-zur-Bundestagswahl/!6071029&s=merz+l%C3%B6wenbr%C3%A4u/
[2] https://palais-fluxx.de/
[3] /Silke-Burmester/!a175/
[4] /Merkel-kritisiert-Merz-erneut/!6067790
[5] https://www.instagram.com/reel/DGdvH-_sRlK/?utm_source=ig_web_copy_link
[6] https://bsky.app/hashtag/AlleTassenImSchrank
[7] https://lexika.digitale-sammlungen.de/adelung/seite/bsb00009134_00273
[8] https://www.gutefrage.net/frage/woher-kommt-das-sprichtwort-alle-tassen-im-…
[9] https://www.redensarten-index.de/suche.php?suchbegriff=nicht%2Balle%2BTasse…
[10] https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/macke-meise-und-meschugge/
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## TAGS
Friedrich Merz
Haushalt
Redewendungen
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Tassen im Schrank
Umverteilung
Kulturpolitik
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CDU
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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