# taz.de -- CDU-interne Kritik an Merz: Lübcke-Witwe widerspricht Friedrich Me… | |
> CDU-Chef Merz fragte, wo „die Antifa“ gewesen sei, als CDU-Politiker | |
> Walter Lübcke ermordet wurde. Irmgard Braun-Lübcke kritisiert ihn deshalb | |
> scharf. | |
Bild: Nicht bemerkt, war trotzdem da: die Antifa im Fall Walter Lübcke | |
Berlin taz | Irmgard Braun-Lübcke hat den CDU-Chef Friedrich Merz scharf | |
kritisiert. Der hatte den Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke in eine Rede | |
instrumentalisiert, um gegen Gegendemonstrant*innen zu polemisieren. | |
Braun-Lübcke sagte: „Die Aussage von Friedrich Merz am Samstag beim | |
gemeinsamen Wahlkampfabschluss der CSU und CDU in München hat meine Familie | |
und mich sehr befremdet und ich möchte sie so nicht stehen lassen.“ Zuerst | |
hatte die [1][Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA)] über das | |
Statement von Braun-Lübcke berichtet. | |
Sie bezog sich auf einen [2][besonders geschmacklosen Ausfall] des | |
designierten CDU-Kanzlers Friedrich Merz am Abend vor der Wahl: Nach der | |
Protestwelle wegen der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD im | |
Bundestag begleiteten den Spitzenkandidaten in den letzten Wahlkampfwochen | |
Gegenproteste. So auch letzten Samstag beim Wahlkampfabschluss in einem | |
Münchner Brauhauskeller. | |
Merz regte sich dort erneut über die Kritik an seinem Manöver im Bundestag | |
auf und schimpfte: „Ich frage mal die Ganzen, die da draußen rumlaufen, | |
Antifa und gegen Rechts: Wo waren die denn, als Walter Lübcke in Kassel | |
ermordet worden ist von einem Rechtsradikalen?“ Er diffamierte | |
Gegenproteste als „grüne und linke Spinner“ und rief „Links ist nun | |
vorbei“. Merz wolle Politik machen für jene, die „[3][alle Tassen im | |
Schrank] haben“. Tatsächlich jedoch gab es viele antifaschistische | |
Demonstrationen mit tausenden Teilnehmer*innen nach dem Mord an Walter | |
Lübcke. | |
Darauf verwies Braun-Lübcke in ihrem Schreiben an die HNA. Es habe „nach | |
der Ermordung meines Mannes ein starkes gesellschaftlich breites Bekenntnis | |
zu unserer Demokratie und ihren Werten“ gegeben. Sie verwies auf | |
Trauerkundgebungen und Demos in Wolfhagen, Kassel und vielen weiteren Orten | |
von linken, liberalen und konservativen Demokraten: „Gemeinsam haben sie | |
sich klar gegen Gewalt, Hass und Hetze sowie eindeutig für Demokratie, | |
Freiheit und Menschlichkeit positioniert. Dies gab uns als Familie sehr | |
viel Kraft und zeigte, wir sind nicht allein, du bist nicht allein, wir | |
treten gemeinsam ein für den Bestand unserer Demokratie.“ | |
Sie schrieb weiter, in „dieser schwierigen Zeit, in der so Vieles, was | |
bisher selbstverständlich war, ins Wanken gerät oder keine Gültigkeit mehr | |
hat, sind wir alle mehr denn je gefordert, insbesondere die Politik, die | |
Menschen zusammenzuführen und gemeinsam für Werte einzutreten, wie es mein | |
Mann getan hat.“ | |
## Breite Kritik an Merz-Äußerungen | |
Merz Äußerungen hatten für breite Kritik gesorgt. Das Bündnis „Offen für | |
Vielfalt!“ nannte es „erschreckend ahnungslos“. Der Grüne Robert Habeck | |
stellte klar, dass es sich um eine „Lüge“ handelte und fragte, „ob die C… | |
damals die richtigen Konsequenzen gegen Rechts gezogen hatte.“ | |
Der damalige CSU-Innenminister Horst Seehofer hatte nach dem Mord an Lübcke | |
am 1. Juni 2019 über zwei Wochen lang Fragen nach einem politischen | |
Hintergrund [4][offen gelassen]. Das antifaschistische Recherche-Kollektiv | |
Exif veröffentlichte dann am 17. Juni eine [5][umfassende Recherche über | |
den neonazistischen Hintergrund des Täters]. Die Antifa Freiburg | |
[6][berichtete am selben Tag über eine Spende des Täters an die AfD]. | |
Auch die langjährige CDU-Rechtsauslegerin [7][Erika Steinbach hatte in der | |
Vergangenheit gegen Lübcke gehetzt], als sie bereits der AfD-nahen | |
Desiderius-Erasmus-Stiftung vorsaß. Morddrohungen gegen Lübcke in ihren | |
Kommentarspalten ließ sie stehen. Mittlerweile ist sie selbst der extrem | |
rechten AfD beigetreten. | |
Lübcke war vor seiner Ermordung vielfach von extrem Rechten angefeindet | |
worden, weil er bei einer Bürgerversammlung im nordhessischen Lohfelden | |
rassistischer Hetze gegen eine Flüchtlingsunterkunft vehement widersprochen | |
hatte. Lübcke sagte damals: „Es lohnt sich, in diesem Land zu leben. Und da | |
muss man für Werte eintreten, und wer diese Werte nicht vertritt, kann | |
jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist | |
die Freiheit eines jeden Deutschen.“ | |
Viel Empörung hat die Union zuletzt auch dafür geerntet, dass sie mit einer | |
raunenden parlamentarischen Anfrage Zweifel an der Gemeinnützigkeit von | |
Organisationen gestreut hatte, die gegen die CDU demonstriert hatten – | |
unter anderem die Omas gegen rechts. Zahlreiche Politiker und | |
zivilgesellschaftlichen Organisationen kritisierten das vehement. Die | |
Ortsgruppe Omas gegen Rechts aus dem Saarland schickte ein Paket mit Tassen | |
in die CDU-Parteizentrale. [8][Viele andere tun es derzeit der Gruppe | |
gleich] und nutzen dafür den Hashtag #AlleTassenimSchrank. | |
27 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hna.de/kassel/witwe-von-walter-luebcke-kritisiert-friedrich-mer… | |
[2] /Totalausfall-von-Friedrich-Merz/!6071285 | |
[3] /Alle-Tassen-im-Schrank/!6072661 | |
[4] https://bsky.app/profile/katharinakoenig.bsky.social/post/3litqe2mhmc2g | |
[5] https://exif-recherche.org/?p=6218 | |
[6] https://autonome-antifa.org/breve7096 | |
[7] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_85876452/erika-steinbach… | |
[8] /Alle-Tassen-im-Schrank/!6072661 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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