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# taz.de -- Parteitag der Grünen Berlin: Abrechnung mit dem Rechtskurs der Bun…
> Schwarz-Grün als Irrweg: Nach den Verlusten bei der Bundestagswahl
> attackieren die Berliner Grünen die Strategie von Spitzenkandidat Robert
> Habeck.
Bild: „Das müssen wir uns anschauen“: Berlins Grünen-Chef:innen Nina Stah…
Berlin taz | Ein rechtsblinkender Frontmann, eine nichtssagende
Wahlkampagne, hart vernachlässigte Kernthemen: Der kleine Parteitag der
Berliner Grünen am Mittwochabend glich über weite Strecken einer
Generalabrechnung mit dem Kurs von Spitzenkandidat Robert Habeck.
Die seit Jahren vom Realoflügel der Partei gepflegte „Offenheit Richtung
CDU“ sei gescheitert, sagte etwa Berlins Ex-Justizsenator Dirk Behrendt. Es
bringe auch nichts, weiter diese „falsche Medizin“ zu schlucken. Denn: „Es
wird auf Bundesebene in den nächsten 20 Jahren keine schwarz-grüne
Regierung geben.“ Deshalb sollten sich die Grünen künftig auf
Mitte-links-Mehrheiten konzentrieren, forderte Behrendt. Er gehört ja auch
dem linken Parteiflügel an.
Ob Linke oder Realos: Klar wird bei dem Parteitag in einem Kreuzberger
Veranstaltungsraum, dass das Ergebnis bei der Bundestagswahl vor gut drei
Wochen den Grünen noch in den Knochen sitzt.
In Berlin hatte sich die Partei mit 16,8 Prozent zwar noch respektabel
geschlagen – bundesweit kam sie auf gerade mal 11,6 Prozent. Allerdings
verloren die Grünen auch in der Hauptstadt massiv Wähler:innen, besonders
an die Linke. Vor allem [1][die linke Übernahme des Direktmandats in der
Grünen-Hochburg Friedrichshain-Kreuzberg] sorgte dabei für veritable
Schockwellen.
## Blick nach vorn
Von der Linken lernen, lautete dann auch eine der Forderungen auf dem
Parteitag. Bei Jungwähler:innen etwa habe die Konkurrenz „auch mit
einer jugendgerechten Ansprache“ gepunktet, sagte Landesparteichefin Nina
Stahr: „Das müssen wir uns anschauen.“
Generell waren Stahr vom Realo-Flügel und ihr Co-Vorsitzender Philmon
Ghirmai von der Parteilinken aber ohnehin bemüht, den Blick jetzt nach vorn
zu richten. Konkret: auf die Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr.
Immerhin hätte die Bundestagswahl gezeigt, [2][dass die schwarz-rote
Regierungskoalition in Berlin keine Mehrheit zustande bringt], sagte
Ghirmai. Stattdessen gebe es „eine stabile progressive Wähler:innenschaft“,
das heißt: eine Mehrheit für SPD, Linke und Grüne: „Und was wir schon für
2026 ablesen können, ist ein großer Wechselwunsch.“
## Grünes Niemandsland im Plattenbau
Nicht alle Delegierten wollten Ghirmais Optimismus teilen, die
Hauptstadt-Grünen seien auch „organisatorisch gut gewappnet“ für die
nächsten Landeswahlen. So warnte Nico Wanke vom Kreisverband Reinickendorf
davor, sich die Gesamtlage schönzureden.
Gerade in den Plattenbauvierteln am Stadtrand mit ihren sozialen
Schieflagen seien die Grünen mittlerweile schon „gar nicht mehr vorhanden“.
Folglich, sagte Wanke, glaubten die Menschen hier auch nicht mehr daran,
dass die Partei für sie Politik machen wolle.
Schlimmer noch: „Ich habe das Gefühl, wir vergessen sie, weil der Wahlkampf
in Pankow halt ein bisschen angenehmer ist, als sich im Märkischen Viertel
auf den Marktplatz zu stellen und beschimpfen zu lassen.“
## Fall Gelbhaar bleibt ausgespart
Ein Thema wurde am Mittwoch – zumindest in der Wahlauswertung –
auffälligerweise ausgespart: [3][der Fall des Bundestagsabgeordneten Stefan
Gelbhaar]. Dem Realo aus Pankow wird übergriffiges Verhalten gegenüber
Frauen vorgeworfen. Er selbst geht juristisch gegen die Anschuldigungen
vor, teilweise wurden sie zurückgenommen. Was wahr ist, was falsch – das
ist bis heute nicht geklärt.
Der Grünen-Landesvorstand hat nun einen Verhaltenskodex zu einem
„respektvollen, wertschätzenden, konstruktiven und
diskriminierungskritischen“ Umgang im Landesverband beschlossen. Der Plan
für einen solchen „Code of Conduct“ ist freilich älter als der
Gelbhaar-Skandal. Schließlich wurde schon im Dezember 2023 beschlossen, ein
Papier zu erarbeiten, [4][das „grundlegende Vorstellungen über unsere
politische Kultur definiert“].
Es war damals als Reaktion gedacht auf einen offenen Brief von neun
Bezirksverbänden, in dem im Vorfeld eines Parteitags mehr oder weniger
direkt dazu aufgerufen wurde, die von [5][einem umstrittenen
Realo-Netzwerk] unterstützte Kandidatin für den Posten der
Landesvorsitzenden nicht zu wählen.
So kam es auch. Die Kandidatin Tanja Prinz scheiterte mehrfach und zog sich
unter Tränen zurück, der Parteitag endete im Eklat. Prinz sei durch den
offenen Brief übel mitgespielt worden, [6][die Partei schwer beschädigt],
hieß es danach von ihren Unterstützer:innen. Wie ein Jahr darauf bei der
Causa Gelbhaar.
Erst Prinz, dann Gelbhaar: Die Hauptstadt-Grünen wollen es künftig besser
machen. Der am Mittwoch beschlossene Verhaltenskodex sei der erste Schritt
„im Prozess der Erstellung eines Fürsorgekonzepts“ – und angesichts der
laufenden Diskussionen „eine Operation am offenen Herzen“, sagte Parteichef
Philmon Ghirmai.
Anm. der Red.: In einer früheren Fassung wurde der neue Code of Conduct als
unmittelbare Reaktion auf den Fall Gelbhaar dargestellt. Tatsächlich
besteht der Plan, einen solchen Kodex zu erstellen, schon länger. Wir haben
die Passage korrigiert.
13 Mar 2025
## LINKS
[1] /Ergebnis-der-zwoelf-Berliner-Wahlkreise/!6068473
[2] /Wahlerfolg-der-Linken/!6068497
[3] /Gruenen-Politiker-Stefan-Gelbhaar/!6064359
[4] https://gruene-ts.de/offener-brief-an-die-delegierten-der-ldk-von-buendnis-…
[5] /Parteitag-der-Berliner-Gruenen/!6008425
[6] /Aufarbeitung-von-Gruenen-Parteitagschaos/!5982450
## AUTOREN
Rainer Rutz
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Grüne Berlin
Robert Habeck
Friedrichshain-Kreuzberg
Kleiner Parteitag
Grüne Berlin
Bettina Jarasch
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Klimaschutzziele
Mario Czaja
Grüne Berlin
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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