# taz.de -- Deutschland hält Klimaziel ein: Erfolg herbeigeschummelt | |
> Die deutschen CO₂-Emissionen sind erneut gesunken, aber Gebäude, Verkehr | |
> und Natur emittieren weiterhin zu viel. Das könnte Milliarden kosten. | |
Bild: Der deutsche Verkehrssektor verfehlte mit 143 Millionen Tonnen Treibhausg… | |
Berlin taz | Die Treibhausgasemissionen sind in Deutschland 2024 um 3,4 | |
Prozent gesunken: 649 Millionen Tonnen CO₂ sind ein historischer Tiefstand. | |
Das teilte das Umweltbundesamt (UBA) am Freitag mit. Damit hat die | |
Bundesregierung ihr selbst gestecktes Ziel für 2024 um 44 Millionen Tonnen | |
übererfüllt. | |
Dem UBA zufolge kann Deutschland mit den aktuell geplanten | |
Klimaschutzmaßnahmen sein Emissionsziel 2030 einhalten. Das gelinge aber | |
nur, weil durch die fortschreitende Energiewende der Ausstoß der | |
Stromerzeugung mit 9 Prozent Reduktion überproportional schnell sinke. Der | |
Gebäude- und der Verkehrssektor verfehlten weiterhin ihre Ziele. | |
Die Ampelregierung hatte 2024 das Klimaschutzgesetz entschärft, indem es | |
die spezifischen Sektorziele abschaffte. Auf EU-Ebene ist Deutschland aber | |
weiterhin verpflichtet, die Emissionen im Gebäude- und Verkehrsbereich zu | |
verringern. Sollte Deutschland diese Verpflichtungen bis 2030 reißen, | |
[1][drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe], unter anderem an Länder wie | |
Spanien und Bulgarien, die ihre Klimaschutzziele einhalten. | |
## Verkehrssektor konstant schlecht im Klimaschutz | |
Der deutsche Verkehrssektor stieß 2024 nur 1,4 Prozent weniger CO₂ aus als | |
im Vorjahr und verfehlte mit 143 Millionen Tonnen Treibhausgas sein | |
Reduktionsziel um 18 Millionen Tonnen. Das liege unter anderem am | |
schleppenden Verkauf von E-Autos, der weit hinter den Zielen der | |
Bundesregierung zurückbleibt. | |
UBA-Präsident Dirk Messner forderte, dass am EU-weit vereinbarten Ausstieg | |
aus dem Verbrenner 2035 „unbedingt festgehalten werden sollte“. Das sei | |
sowohl für den Klimaschutz als auch für die Planungssicherheit der | |
Unternehmen wichtig. | |
CDU und SPD, [2][die wahrscheinlich die nächste Bundesregierung bilden | |
werden], wollen die Nachfrage nach E-Autos ankurbeln, fordern aber | |
gleichzeitig, dass deutsche Autobauer EU-Vorgaben zur Emissionsreduktion | |
brechen dürfen oder diese Vorgaben abgeschwächt werden. | |
## Heizen weiterhin zu klimaschädlich | |
Die Emissionen aus dem Gebäudesektor sanken nur um 2,3 Prozent auf 100 | |
Millionen Tonnen CO₂ im Jahr 2024 und somit etwa 5 Millionen Tonnen mehr | |
als erlaubt. Wesentlicher Treiber dafür sei die milde Witterung gewesen, so | |
das UBA, wodurch weniger geheizt wurde. | |
Das UBA mahnt, die Förderung für Sanierung und klimafreundliches Heizen | |
nicht zu schwächen. Die CDU hatte im Wahlkampf gefordert, das | |
Heizungsgesetz abzuschaffen, ist aber bezüglich Details unklar geblieben. | |
Die deutsche Industrie reduziert ihre Treibhausgasemissionen gar nicht. | |
Eisen- und Stahlindustrie stießen 2024 sogar mehr CO₂ aus als im Vorjahr, | |
während die Zementindustrie weniger ausstieß – gleichzeitig ist die | |
Baubranche gerade in einer Krise, der Rückgang ist also womöglich nicht | |
nachhaltig. | |
Im Industriesektor zeigen die UBA-Voraussagen, dass „die langfristige | |
Transformation [3][noch nicht ausreichend implementiert ist]“. Um die | |
Industrie in den 2030ern auf einen klimaneutralen Kurs zu bringen, sei der | |
schnellere Ausbau von Infrastruktur, insbesondere für Strom- und | |
Wasserstoffnetze, sowie mehr Planungssicherheit nötig. | |
## Wachstum nur mit Klimaschutz, fordert Germanwatch | |
Klimaschutz- und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte bei der | |
Vorstellung der Ergebnisse, Deutschland sei auf Klimakurs: „Als drittgrößte | |
Wirtschaftsnation weltweit können wir sagen: weniger Treibhausgase sind | |
möglich, auch mit wachsender Konjunktur in den kommenden Jahren.“ Im | |
Gebäudebereich seien die wichtigen Weichen gestellt, „vor allem bei Verkehr | |
haben wir großen Nachholbedarf“. | |
Mit Blick auf die Verhandlungen um Sondervermögen und Schuldenbremse sagte | |
Christoph Bals, geschäftsführender Vorstand Politik der Organisation | |
Germanwatch: „Ein nicht an den Klimazielen ausgerichtetes Wachstum würde | |
schnell zu einem Anstieg der Emissionen führen. Eine große Chance könnten | |
die Investitionspläne hingegen sein, wenn Konjunkturprogramm und | |
Klimainvestitionen Hand in Hand gingen.“ Bisher habe Klimaschutz in den | |
Gesprächen zwischen Union und SPD keine Rolle gespielt, kritisierte Bals. | |
Das müsse sich ändern. | |
14 Mar 2025 | |
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[1] /Klimaziele-der-EU-in-weiter-Ferne/!6046403 | |
[2] /Wie-CDU-Klimapolitik-aussehen-koennte/!6071685 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
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