# taz.de -- Die Wahrheit: Das Ende der Satire | |
> Schluss mit lustig: Trump hat nicht nur die Weltordnung, sondern auch | |
> eine überlebenswichtige komische Kunstgattung zerstört. | |
Bild: Das stabile Genie schreibt per Dekret alle Witze selber | |
Es gibt eine Sache, die ich Donald Trump besonders übel nehme: die | |
Abschaffung der Satire. Aber nicht per Dekret, wie man bei dauergekränkten | |
und zum Glück auch kränkbaren Narzissten wie Trump und Musk denken möchte, | |
sondern weil sie zunehmend obsolet wird. | |
Die Satire wird von der „Realität“, wenn man die überhaupt noch so nennen | |
kann, der bösen Politclowns nun immer schon rechts überholt, bevor man eine | |
Idee überhaupt notiert hat. Verzweifelt versucht dann der Witzemacher | |
jeweils noch eine Schippe draufzulegen – das Florett hat ausgedient, | |
stattdessen ficht er im Akkord mit dem Vorschlaghammer und ersinnt nur noch | |
völlig hanebüchene Szenarios. | |
Während Putin Schwerkriminelle aus dem Knast holt und in den Krieg schickt, | |
um dort die geballte Sachkompetenz im Morden, Plündern und Vergewaltigen zu | |
erhöhen, engagiert Trump Verbrecher, um sie direkt in Berater- und | |
Ministerposten zu hieven. | |
Zur Bildungsministerin nominiert er eine ehemalige Wrestling-Managerin. | |
Bisschen albern vielleicht der Einfall, denkt der Komiker, aber viel hilft | |
viel. Die Klimaskeptikerin, die in ihrer Raufbude jahrelang den Missbrauch | |
Minderjähriger duldete, will mit einer Hochschulreform „radikale linke | |
Theorien“ – vermutlich Lesen, Schreiben, Nachdenken – beseitigen. | |
## Erfundenes Treffen mit Kim Jong Un | |
Die Ministerin für innere Sicherheit wiederum hat ein Treffen mit Kim Jong | |
Un erfunden, verachtet die amerikanischen Ureinwohner und prahlt, wie viele | |
Tiere sie bereits erschossen hat. Unter anderem ihren eigenen Hund, der bei | |
der Fasanenjagd nicht artig war. Vor dem wäre das Land schon mal sicher. | |
Uiuiui, das ist aber ordentlich dick aufgetragen. Und tote Tiere sind immer | |
schwierig, Grundregel. Die Zuschauer beginnen zu murren. „Moment, einen hab | |
ich noch“, ruft ängstlich der Satiriker, „kennste, nä, kennste“: | |
Verteidigungsminister wird ein christlicher Nationalist und Kreuzzugfan, | |
der durch schweren Alkoholmissbrauch sowie Veruntreuung, Missmanagement und | |
sexuelle Übergriffe in gleich mehreren Ämtern aufgefallen ist. | |
„Nicht witzig“, ruft eine Frau von hinten. Okay, aber der hier, der ist | |
garantiert gut: Er setzt sich ebenso konsequent für die Begnadigung von | |
US-Kriegsverbrechern ein. Die können auch gleich die neuen Generäle werden, | |
da die Kompetenz der alten eh nur stört. Laut Experten weisen seine | |
Tätowierungen auf ein geschlossen rechtsextremes Weltbild hin. Die einzige | |
Aufgabe des US-Militärs, sagt er, sei es, zu töten. So ein Herzchen kann | |
man sich als Verteidigungsminister doch nur wünschen, hahaha. | |
Keiner lacht. Der Satiriker spürt, dass er sein Publikum zu verlieren | |
droht, weil die Humorebene hakt. Doch in seiner Hilflosigkeit verzettelt er | |
sich bloß noch mehr. | |
Statt klugen Politkabaretts fabriziert er blanken Quatsch: Der | |
Gesundheitsminister ist ein Impfgegner sowie Verschwörungstheoretiker und | |
-praktiker. Der polytoxikomane Vollblutjunkie gibt öffentlich an, ein Wurm | |
habe Teile seines Gehirns gefressen und Heroin habe ihn zum Klassenbesten | |
gemacht, zuvor sei er ein schlechter Schüler gewesen. | |
Bestimmt hat man sich bei seiner Ernennung gedacht, ein zumindest im Sinne | |
des Scheiterns lebenserfahrener Mensch, der sämtliche Tiefen erlebt hat und | |
offensichtlich immer noch erlebt, sei für den Job weitaus geeigneter als so | |
ein studierter Faktenficker aus dem intellektuellen Elfenbeinturm. | |
Besonders gut kommt das im Hause Springer an, da funktionieren ja längst | |
alle so. | |
## Der Satiriker verliert vollends den Faden | |
Was für eine unglaubwürdige Scheiße. Die Ersten verlassen das beliebte | |
„Haus des Lachens“. Natürlich ist Satire immer ein Zerrspiegel der | |
Realität, aber irgendeinen erkennbaren Bezug sollte sie schon noch haben. | |
Sonst kann man sich auch mit LSD im Kopf an einen Waldsee setzen. So ein | |
Reinfall. Vierzig Euro haben sie bezahlt, hier sieht sie keiner wieder. Da | |
hätte man den Abend doch billiger und besser vor der Glotze verbracht. Der | |
Satiriker verliert nun vollends den Faden. | |
„Wollt ihr noch was hören über die Scientology-Justizministerin, die auf | |
einer Schleimspur der Korruption durch ihr Amt als Staatsanwältin gekrochen | |
ist, den Klimaschwurbler im Amt des Kriegsveteranenministers oder die | |
UNO-Botschafterin, die den Gebietsanspruch Israels auf ganz Palästina aus | |
der Bibel ableitet?“, winselt der verhinderte Spaßmacher. | |
Nein, wollen sie nicht. Sie flüchten scharenweise. So verpassen sie leider | |
die Pointe, um die es allerdings kaum schade ist: „Aber immerhin schön | |
viele Frauen dabei. Da könnte sich sogar manche Demokratie ein Scheibchen | |
abschneiden.“ | |
Ganz alleine labert er jetzt noch vom neuen Polizeichef, der die „Toddler | |
Toy“, ein nur drei Pfund schweres Schnellfeuergewehr, umsonst in | |
Kindergärten verteilen will, damit sich die Kleinen gegen Amokläufer | |
verteidigen können, der räudigen Riesenratte, die man als Hygieneministerin | |
aus einem Gully in Chicago zieht, und einem Pferd, das Konsul wird. So | |
endet sein letzter Tag als Satiriker. | |
10 Mar 2025 | |
## AUTOREN | |
Uli Hannemann | |
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