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# taz.de -- Die Wahrheit: Schrilles Spiel mit dem Feuer
> Die Feuerwehr und ihr nervendes Theater: Als ob es weniger brennen würde,
> wenn die breitbeinigen Krachschläger nur genug Lärm machen.
Da, wo ich wohne, ist es eins der größten Ärgernisse: Unten, auf der
ohnehin schon relativ lauten Straße, nervt die Feuerwehr mit ihrem
ständigen Tatütata. Kaum habe ich mich mit meinem Buch und einer
eisgekühlten Bluna-Korn vor Wonne ächzend im Balkonstuhl zurückgelehnt,
hebe ich vom Tröten der Sirene mit dem Hintern gleich wieder geschätzt
einen halben Meter ab. Die Diastole ist auf hundertachtzig, die Vögel
fallen tot vom Himmel. Wie soll man sich da erholen?
So ein Affentheater, als ob es dadurch vielleicht weniger brennen würde.
Dazu dieses nassforsche Hoppla-jetzt-komm-ich-Getute: Holla, beiseite ihr
Unwürdigen, wir müssen da jetzt unbedingt und um jeden Preis superschnell
hin, sonst brennt auf der Stelle die ganze Stadt ab, und nur wir megageilen
Checker können das verhindern!
Solche toxischen Ellenbogentypen waren mir schon immer zuwider. Ich bin mit
Geschwistern aufgewachsen; da lernt man, so schwierig das auch manchmal
sein mag, auf andere zu achten, sich zu arrangieren, und verinnerlicht
automatisch, dass man bloß ein Rädchen innerhalb einer größeren
Gemeinschaft ist. Aber die Feuerheinis scheißen sichtlich und hörbar
komplett auf andere Menschen. Dazu vermitteln ihre Angebertrucks in
Kopfschmerzfarben mit ihrem peinlichen Beleuchtungsbrimborium und
ohrenbetäubenden Mehrklanghupen den Eindruck, hier wäre eine
Hochzeitsgesellschaft auf der Straße unterwegs, die die Vermählung des
Irrsinns mit der Rücksichtslosigkeit feiert.
Ganz offenkundig sind in ihrer Hirnrinde die Synapsen, die für Scham,
Lautstärke, oder allgemein Sozialverhalten zuständig sind, fehlerhaft
verschaltet oder gar nicht erst vorhanden. Doch Schuld an ihrem Größenwahn
trägt auch ein wie so häufig grausam fehlgeleitetes „Volksempfinden“, das
die Marodeure obendrein zu „Helden“ stempelt. Kein Wunder, dass die dann
ausflippen. Es ist, als definierten sie ihren eigenen Wert ausnahmslos über
die ignorante Abwertung anderer. Als wären sie das Allerwichtigste und ganz
allein auf der Welt: Feuerwehr first!
Dabei ist doch allgemein bekannt, dass manche von ihnen gern selbst Feuer
legen, nur um sich danach umso mehr aufzuspielen. Denn warum sollte es
sonst brennen? Dafür gibt ja überhaupt keinen vernünftigen Grund. Zum einen
sind heutzutage überall Rauchmelder. Und zum anderen würde sich kein
normaler Mensch derart unvorsichtig verhalten, dass er einen Brand
verursacht. Schließlich weiß jedes Kind, wie saugefährlich so ein Feuer
ist, und hinterher ist auch noch alles kaputt. Fürchterlich. Ganz schlimm.
Da hat nun wirklich niemand etwas davon, außer, na, wem …?
Exactamente! Den Damen und Herren Berufszündlerinnen. Die meisten wären
arbeitslos, der Rest würde, völlig unbeachtet von der breiten
Öffentlichkeit, gerade mal mit dem Handfeuerlöscher ein Kätzchen vom Baum
holen. So aber schaffen sie es, mit ihrem Tatütata das ganze Land zu
terrorisieren. Schon von klein auf werden wir mit Bilderbüchern
gebrainwasht, die die fatale Lügenbotschaft transportieren, Feuerwehrleute
seien die tollsten, mutigsten und besten Menschen der Welt, Engel, die
unsere Sicherheit, unser Eigentum und unser Leben bewachen; und quasi als
Kompensation dafür dürfen, nein, müssen sie eben auch ordentlich Krach
machen. Das sei der Deal.
Deal am Arsch. Wenn die Kinder wüssten. Aber du kannst ihnen ja nicht
erzählen, dass nicht wenige dieser von ihnen so bewunderten „Heilsbringer“
vom Anblick eines selbst entfachten Großbrandes in verstörendem Ausmaß
erregt werden – es gibt einfach Dinge, die man um jeden Preis von ihnen
fernhalten will.
Insgeheim hege ich ja den Verdacht, dass in gar nicht mal so unabsehbarer
Zeit ein kleiner, aber feiner Tipp an die Polizei ergeht. Dezernat für
Brandursachenermittlung, bitte, danke, gern geschehen. Keine Ahnung, von
wem der Tipp gekommen sein wird, echt nicht die allergeringste Vorstellung,
ich schwöre, aber trotzdem könnte ich mir das durchaus vorstellen. Sehr,
sehr gut sogar – ich schätze, da muss dann wohl mal jemand schlicht die
Schnauze voll gehabt haben, anders kann ich mir das schwerlich
zusammenreimen.
Ach, und der Geheimdienst, das Militär, das Ordnungsamt, der Zoll und der
sozialpsychiatrische Dienst haben – huch, nanu, von wem denn wohl? –
ebenfalls Tipps bekommen. Denn auch die dürften sich brennend dafür
interessieren. Brandstiftung in Tateinheit mit Ruhestörung,
Körperverletzung, Landfriedensbruch und grobem Unfug. Nicht zu vergessen:
Raubmord in über tausend Fällen. Sie töten und rauben uns den letzten Nerv.
## Bitte ohne Blaulicht
Nur hoffe ich, dass die Polizei leise kommt und ohne Blaulicht. So
erwischen sie die Halunken auch besser. Weil sie sie überraschen.
Nichtsahnend stehen die vor dem brennenden Haus, das sie selbst angezündet
haben und tun so, als ob sie es löschten. Lärmen dabei aber nur weiter
wichtig herum, plempern wertvolles Wasser durch die Gegend, blockieren die
Straße und belästigen die Anwohner. Alles qualmt, alles ist nass, alles ist
zerstört, nicht zuletzt durchs Löschwasser, vor allem durch das
Löschwasser.
Mit Spitzhacken kloppen sie die wenigen Möbel entzwei, die noch nicht
komplett verbrannt sind. Wer nicht wirklich vollkommen vernagelt ist, sieht
spätestens jetzt, was hier für ein kapitaler Bock zum Gärtner gemacht
wurde; alles ist hin, es sieht furchtbar aus, die Leute weinen. Die
Feuerteufel lachen sich hingegen in ihre verrußten Fäustchen.
Doch dann klicken plötzlich die Handschellen. Und auf einmal brennt den
Strolchen selbst gewaltig der Hut. Man kann hier nämlich doch nicht einfach
machen, was man will, schau an, wer hätte das gedacht: Eine Demokratie ist
eben kein rechtsfreier Raum, ein Rechtsstaat ist kein Tobezimmer für
Pyromanen. Darüber nachzudenken, haben die nun viele Jahre Zeit, und ich
finde endlich meine Ruhe.
5 Apr 2025
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
Die Wahrheit
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