| # taz.de -- Berliner Konzert von Britin Nubya Garcia: Zusammenhalt ist wichtig | |
| > Die Londoner Jazzsaxofonistin Nubya Garcia begeistert am Freitag mit den | |
| > Songs des neuen Albums „Odyssey“ beim Konzert im Berliner Metropol. | |
| Bild: Volle Kanne Spielfreude: Nubya Garcia | |
| Nubya Garcia hat Hunger. Das sagt sie gleich zu Beginn ihres Konzerts im | |
| gut gefüllten Berliner Metropol am Freitagabend. Leider habe die | |
| Essensbestellung nicht geklappt und so steht die britische Saxofonistin nun | |
| mit leerem Magen auf der Bühne. „Die Musik wird uns schon tragen“, ist | |
| Garcia zuversichtlich. Und tatsächlich: Der Hunger tut ihrer Spielfreude | |
| keinen Abbruch, im Gegenteil, sie scheint aus der Macht der Musik ihre | |
| Energie zu speisen. | |
| Die 34-Jährige befindet sich derzeit auf Tournee, um ihr neues Album | |
| „Odyssey“ zu feiern. Zusammen mit Shabaka Hutchings zählt Garcia zu einer | |
| neuen Generation, die die Geschichte des Jazz in London weiterschreibt. | |
| Aufbauend auf der Vorarbeit von Figuren wie dem Saxofonisten Courtney Pine, | |
| der seit den 1980ern Jazz um Elemente aus HipHop und Clubkultur erweitert | |
| hatte, bezieht auch Garcia die reiche diasporische Tradition des Schwarzen | |
| Atlantiks ganz selbstverständlich in ihre Kompositionen ein. | |
| [1][Dieser Strang stand im Mittelpunkt von Garcias Debütalbum „Source“, mit | |
| dem ihr 2020 der Durchbruch gelang]. Die zwölf Stücke von „Odyssey“ hat s… | |
| nun um Streicherarrangements bereichert – eine Rückbesinnung auf ihre | |
| Anfänge, denn ihre ersten Instrumente in Kindertagen waren Geige und | |
| Bratsche, mit denen sie [2][auch in einem Symphonieorchester gespielt hat.] | |
| ## Hoffnung und Selbstbehauptung | |
| Dazu hat sie mit Esperanza Spalding, Georgia Anne Muldrow und Richie | |
| Seivwright drei Gastsängerinnen aus den Genres Jazz, Funk und R&B | |
| eingeladen. Deren Stimmen garnieren die Musik um Songtextaspekte wie | |
| Hoffnung und Selbstbehauptung. | |
| Für ihr Liveset hat Garcia die Lieder von „Odyssey“ wieder auf eine | |
| klassische Quartettbesetzung reduziert. Eine vorab festgelegte Reihenfolge | |
| gibt es nicht, jedes Konzert folgt einer eigenen Dramaturgie. Begleitet | |
| wird sie von ihrem langjährigen Schlagzeuger Sam Jones sowie Max Luthert am | |
| Kontrabass und Lyle Barton an den Tasteninstrumenten. | |
| Sie sind perfekt eingespielt. Die energisch-harte Rhythmik von Jones | |
| erinnert an die Breakbeateskapaden einer Band wie Red Snapper aus den | |
| 1990er Jahren. Demgegenüber versprühen die langen, harmonischen | |
| Melodiebögen aus dem Tenorsaxofon von Garcia mit jedem Ton Eleganz und | |
| Anmut. | |
| ## Auf höchstem Niveau | |
| Garcia besitzt entwaffnendes Charisma und eine starke Bühnenpräsenz. | |
| Zwischendurch zündet sie immer wieder Räucherstäbchen mit einem Duft an, | |
| den sie selbst für ihren Sound entwickelt hat. Ohne Frage: Hier bewegt sich | |
| eine Jazzgruppe auf höchstem Niveau. Mit jedem Stück entsteht jedoch auch | |
| der Eindruck, dass etwas mehr Ausbrüche der Musik sicherlich gut täten und | |
| die Band ihr freies Potenzial noch weiter ausreizen könnte. | |
| Und auf einmal passiert es doch. Garcia kündigt „Water’s Path“ an, eine | |
| rein aus Streichern bestehende, vierminütige Komposition, die sie für ihre | |
| Band komplett umarrangiert hat. [3][Wie ein dünnes Rinnsal beginnt das | |
| Keyboard eine repetitive Melodie, die anderen Instrumente steigen nach | |
| und nach ein, es entstehen hin- und herfließende Wogen, bis sich am | |
| Horizont ein Wellenkamm abzeichnet. Er rollt unaufhörlich heran, türmt sich | |
| auf, bis er über die Menge tosend hereinbricht.] Wie ein Fels in der | |
| Brandung steht Nubya Garcia mit ihrem Saxofon da. Aus dem Nichts heraus | |
| baut sie alleine neue Linien auf. Der volle, warme Klang ihres Instruments | |
| erfüllt den ganzen Raum, es herrscht andächtige Stille. | |
| Garcia lässt leichte Wolken heraufziehen, ein Sprühregen feiner Tropfen | |
| beginnt, auf dem Höhepunkt setzen die anderen Musiker wieder ein – ein | |
| beeindruckender und tief bewegender kathartischer Moment. Auf den Boden der | |
| Tatsachen holt Nubya Garcia den Saal dann wieder mit „Triumphance“ zurück. | |
| Der grollende Bass hat die erdenschwere eines Dubreggae-Stücks. Das | |
| Schlagzeug stampft selbstsicher und unbeirrbar voran. Halleffekte prallen | |
| an den Wänden im Metropol ab wie Streifschüsse. Dazu spricht Garcia über | |
| das Leben als Odyssee: über Anerkennung und Erwartungsdruck, | |
| Einzigartigkeit und Differenz. Zwar sei jede Reise anders, erklärt sie, | |
| aber es ist die Stärke der Gemeinschaft und der Zusammenhalt, die allein | |
| zum Sieg führen: „Raise up your hands / Uplift your soul / And in | |
| triumphance together / All as one.“ Ein politische Botschaft, die aktueller | |
| denn je ist. | |
| Am Ende hinterlässt Nubya Garcia ihr Publikum emotional und spirituell | |
| gesättigt in die frühlingshafte Berliner Nacht. | |
| 24 Feb 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Konzert-von-Nubya-Garcia-in-Berlin/!5633030 | |
| [2] /Neues-Album-von-Jazzerin-Nala-Sinephro/!6037465 | |
| [3] /56-Ausgabe-des-Montreux-Jazz-Festival/!5866593 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven Beckstette | |
| ## TAGS | |
| Spiritual Jazz | |
| Konzert | |
| Berlin-Schöneberg | |
| Debütalbum | |
| Kinshasa | |
| Brüssel | |
| Musik | |
| Nubya Garcia | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Jazztrio aus London: Augen schließen und sich fallen lassen | |
| Das österreichisch-britische Jazztrio Flur entwirft auf seinem Debütalbum | |
| „Plunge“ einen spirituellen Sound mit Anklängen an den Dancefloor. | |
| Debütalbum von Punkband aus Kinshasa: Musik aus Müll | |
| Kin’Gongolo Kiniata aus dem Kongo verbinden Rumba mit Punk und spielen auf | |
| selbstgebauten Instrumenten. Ihr Debütalbum „Kiniata“ ist ein Ereignis. | |
| Neues Album von Jazzerin Nala Sinephro: Unendlichkeit als Musiktherapie | |
| Jazz meets Electronica: Die in London ansässige belgische Harfenistin Nala | |
| Sinephro mischt diese beiden Zutaten auf „Endlessness“ elegant zusammen. | |
| 56. Ausgabe des Montreux Jazz Festival: Ungeniert zusammen jammen | |
| Bei der 56. Ausgabe des Montreux Jazz Festival stand Hyperaktivität neben | |
| Glamour. Es gab jungen Jazz von Nubya Garcia und Superstars wie Diana Ross. | |
| Konzert von Nubya Garcia in Berlin: Volle Ölkanne Sound | |
| Die junge Londoner Saxofonistin Nubya Garcia gastierte am Montag für ein | |
| Konzert im Berliner Club „Gretchen“. Ihr Sound verbindet Jazz mit | |
| Dancefloor. |