# taz.de -- Debütalbum von Punkband aus Kinshasa: Musik aus Müll | |
> Kin’Gongolo Kiniata aus dem Kongo verbinden Rumba mit Punk und spielen | |
> auf selbstgebauten Instrumenten. Ihr Debütalbum „Kiniata“ ist ein | |
> Ereignis. | |
Bild: Punk's not dead: Kin'Gongolo Kiniata aus Kinshasa | |
Berlin taz | Eine Konservendose bekommt neues Leben als Reibetrommel | |
eingehaucht, Plastikflaschen werden als Schlagwerk zweckentfremdet und ein | |
alter Röhrenfernseher dient als Bassdrum. Der Bass besitzt nur zwei | |
Saiten, die Gitarre gerade mal eine: Das Equipment der kongolesischen Band | |
Kin’Gongolo Kiniata besteht zum Teil aus weggeworfenen Gegenständen und | |
sind in echter Do-it-yourself-Manier selbst hergestellt. | |
Gegründet 2019 von den fünf Musikern Bebe Mingé, Leebruno, Mille Baguettes, | |
Ducap und Djino ist mit „Kiniata“ nun [1][das Debütalbum der Band aus der | |
Hauptstadt Kinshasa] erschienen, die Elemente von Rumba und Punk in ihrem | |
Sound spielerisch vereint. | |
In der Wahl der Instrumente des Quintetts spiegelt sich die Situation in | |
der 16-Millionen-Metrople wider. In den letzten Jahren sorgte die prekäre | |
Verschmutzung auch in der Hauptstadt der rohstoffreichen Demokratischen | |
Republik Kongo immer wieder für Schlagzeilen. Im ganzen Land fehlt es an | |
Müllkippen, so dass etwa Plastikflaschen achtlos weggeschmissen werden. | |
## Importiert auch aus China | |
Auf Straßen, Plätzen und in Gewässern türmen sich die Abfälle – [2][mit | |
dramatischen Folgen für die Gesundheit der Menschen und für die Natur]. | |
Dazu kommt der importierte Wohlstandsmüll aus dem Globalen Norden und aus | |
China, der die Müllentsorgung zusätzlich verschärft. Auch andere | |
Musiker*innen in Kinshasa haben den herumliegenden Abfall bereits als | |
Werkstoff entdeckt. So benutzt das Kollektiv Fulu Miziki, dessen | |
programmatischer Bandname sich mit [3][Musik aus Müll] übersetzen lässt, | |
ebenfalls Instrumente aus recyceltem Material. | |
Der Bandname Kin’Gongolo Kiniata wiederum bedeutet in der Sprache Lingala | |
„Der knirschende Krach“. Er stammt aus dem Alltag in der Demokratischen | |
Republik Kongo in den nuller Jahren. als die Infrastruktur des Landes nach | |
den Kriegen fast vollständig zerstört war. Während regelmäßigen | |
Stromausfällen zogen Ölhändler nachts durch die Straßen, deren | |
Metallbehälter ein klirrendes Geräusch erzeugten, ein Klang, der Hoffnung | |
auf Licht in der Dunkelheit repräsentiert. Zugleich beschreibt diese | |
metallische Wucht den Sound von Kin’Gongolo Kiniata ziemlich genau. | |
## Sirrendes Heulen | |
Durch intensives Proben und zahlreiche Auftritte sind die Musiker von | |
Kin’Gongolo Kiniata zu einer druckvollen und kompakten Einheit | |
verschmolzen. Jeder Ton in den auf das wesentliche reduzierten elf Stücken | |
sitzt fest an seinem Platz. Beim Eröffnungslied „Toye Mabe“ (Herzlich | |
Willkommen) grüßt zu Beginn ein sirrender Heulschlauch, bevor Bass und | |
Schlagzeug sich zu einem majestätischen Beat erheben. | |
„Moto“ (Feuer) wird von einer kurzen schneidenen Gitarrenlinie und einer | |
abgehackten, blechernen Rhythmik angetriebenen. Der eigentliche | |
Kristallisationspunkt der Stücke wird jedoch vom Gesang erzeugt. Da jedes | |
Bandmitglied auch singt, verfügt Kin’Gongolo Kiniata über [4][eine große | |
Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten] von tiefem, martialischem Brüllen bis | |
zu gefühlvollen, mehrstimmigen Harmonien, wie sie etwa beim Liebeslied | |
„Lisekite“ angestimmt werden. Und das Titelstück „Kingongolo“ beweist,… | |
die Gruppe auch eingängige Refrains im Repertoire hat. | |
Das Können von Kin’Gongolo Kiniata kulminiert schließlich in „Toko Lemba | |
Te“, in dem die fünf Musiker die Missstände in ihrer Heimat zwischen Krieg, | |
Umweltverschmutzung und wirtschaftlicher Ausbeutung anprangern und sich | |
eindeutig gegen Gewalt und für Zusammenhalt aussprechen: „Du und ich, wir | |
werden uns nicht wegen des Reichtums im Kongo töten.“ Eine Hymne für eine | |
friedliche Zukunft, die Gegner*innen im Tanz vereint. | |
22 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Musikfestival-in-Marseille/!6078465 | |
[2] /Flucht-und-Bleiben-in-Afrika/!6045563 | |
[3] /Konono-No1--Batida/!5303864 | |
[4] https://kingongolokiniata.bandcamp.com/album/kiniata | |
## AUTOREN | |
Sven Beckstette | |
## TAGS | |
Kinshasa | |
Afro-Punk | |
Müll | |
Popmusik | |
Spiritual Jazz | |
Kollaboration | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Musikfestival in Marseille: Das Recht auf musikalische Freiheit | |
Feministischer Samba, karibische Coolness, sachtes Abrücken von der | |
Hegemonie angloamerikanischer Musik: Eindrücke vom Festival Babel in | |
Marseille. | |
Berliner Konzert von Britin Nubya Garcia: Zusammenhalt ist wichtig | |
Die Londoner Jazzsaxofonistin Nubya Garcia begeistert am Freitag mit den | |
Songs des neuen Albums „Odyssey“ beim Konzert im Berliner Metropol. | |
Konono No.1 & Batida: Was den Garagensound verzerrt | |
Konono No.1 aus Kinshasa hat sich mit dem Angolaner Batida für ein neues | |
Album zusammengetan. Nun kommen sie auf Deutschlandtour. |