| # taz.de -- Politischer Aschermittwoch: Nur der halbe Hulk | |
| > In Passau zeigt sich: CSU-Chef Markus Söder kann auf seine Fans zählen. | |
| > Aber ohne den Lieblingsfeind macht ihm das Ganze nur halb so viel Spaß. | |
| Bild: Was hätte Mr. Miyagi zu dieser Pose gesagt, herrje: Markus Söder in Pas… | |
| Passau taz | Die letzten Worte am Ende der anderthalbstündigen One-Man-Show | |
| in der Passauer Dreiländerhalle gehen im tosenden Applaus unter. Die | |
| Menschen springen von den Plätzen auf, „Zugabe“ schreien die einen. „Ol�… | |
| olé, oh, wie ist das schön“, grölen die anderen. Der gefeierte Performer | |
| tritt noch einmal ans Mikrofon. „Ihr seid das geilste Publikum, dass es in | |
| Bayern gibt“, ruft er den Fans zu. | |
| Es ist Aschermittwoch, es ist gerade Mittag geworden. Klar, dass es | |
| [1][weder ein Comedian noch ein Schlagerstar] war, der die Halle gerockt | |
| hat, sondern Markus Söder. Wobei die Grenzen bisweilen fließend sind. Der | |
| Mann trifft beim Politischen Aschermittwoch stets auf ein verlässliches, | |
| dankbares, in Teilen alkoholisiertes Publikum. Und der CSU-Chef weiß es zu | |
| bespielen. | |
| Das Ritual ist bekannt: Fischsemmeln und Krapfen werden gereicht, die | |
| ersten leeren Masskrüge kurz nach 9 Uhr morgens abgeräumt. Gepasst hätte | |
| der „Einzug der Gladiatoren“, gespielt wird stattdessen auch dieses Mal | |
| wieder der Defiliermarsch, als Söder in die Halle einzieht. Die Fans sind | |
| von weither angereist, der CSU-Freundeskreis Paderborner Land ist da, die | |
| CDU Peine, die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner | |
| ebenso wie die stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stumpp. | |
| Und auch der alte Herr ist wieder gekommen, der seit Jahrzehnten | |
| Aschermittwoch für Aschermittwoch ein selbst gebasteltes Schild durch die | |
| Reihen trägt. Bald 90 Jahre alt muss er jetzt sein. „Mit Merz aufwärts ab | |
| März“ ist diesmal seine Botschaft. | |
| Und doch, etwas ist anders in diesem Jahr. Noch nie fand ein Politischer | |
| Aschermittwoch so kurz nach den Bundestagswahlen statt. Bundestagswahlen | |
| wohlgemerkt, die Markus Söder eine Neuerfindung seiner selbst abverlangen | |
| müssten. | |
| Schließlich hat er sein Programm in den vergangenen Jahren fast nur noch | |
| mit Hieben auf die regierende Ampel, mit Themen wie Genderwahn und | |
| Zwangsveganisierung bestritten, gern auch mit der vom Norden orchestrierten | |
| Diskriminierung Bayerns. Beste Gelegenheit also, um [2][den neuen Söder] | |
| gleich mal dem großem Publikum zu präsentieren. Einen Söder, dessen Partei | |
| aller Voraussicht nach der künftigen Bundesregierung angehören wird. | |
| ## G wie Günther | |
| Es kommt nicht ganz so. Es ist unverkennbar, dass der Abschied von der | |
| Ampel, [3][vor allem von den Grünen], den der Politiker Söder so sehr | |
| herbeigesehnt hat, dem Redner Söder noch sehr schwerfällt. Zu sehr hat er | |
| sie offensichtlich als Zielscheibe für Hohn und Häme lieb gewonnen. Zum | |
| Glück gibt es den schleswig-holsteinischen CDU-Ministerpräsidenten Daniel | |
| Günther, der die neue Lücke ein bisschen füllen darf. | |
| Der habe für Robert Habeck bestimmt schon ein warmes Plätzchen in seiner | |
| Koalition freigehalten, mutmaßt Söder. Und auch bei der Attacke gegen | |
| andere Bundesländer, die Bayern angeblich immer belehrten, aber trotzdem | |
| das Geld des Freistaats nähmen, darf sich Günther sicher mit gemeint | |
| fühlen. | |
| „Ein Minister muss nicht alles wissen, aber ein Minister, der gar nichts | |
| weiß, den kannst du in Deutschland nicht brauchen“, schimpft Söder über | |
| Habeck, als ob dessen politisches Ende nicht bereits besiegelt sei. „Die | |
| Grüne saufen alle Ingwer-Smoothies“, spottet er weiter, bevor er ein Ende | |
| „der Genderei im öffentlichen Raum“ fordert. Man fühlt sich ins Jahr 2022 | |
| gebeamt. Natürlich zieht Söder auch über einen anderen Lieblingsfeind her: | |
| „die Supermacht, die jede Veränderung blockiert, von Medien immer recht | |
| bekommt, der große Klub der NGOs“. | |
| Dann verspricht er: „Ich werde nie im Leben zulassen, dass wir auf das | |
| geistige Niveau eines Bremer Abiturs sinken.“ Im Saal sitzt auch eine | |
| Abordnung von CSU-Fans aus Bremen, die sich offenbar trotz ihrer | |
| geografischen Benachteiligung dem geistigen Niveau der Veranstaltung | |
| gewachsen sieht. Aber auch das CDU-regierte Nordrhein-Westfalen wird von | |
| Söder geschmackssicher auf seine Unzulänglichkeiten hingewiesen: „Wir haben | |
| Lederhosen, in Düsseldorf gibt’s nur die Toten Hosen.“ | |
| ## Lage nach Lager | |
| Natürlich geht Söder auch auf die weltpolitische Lage ein. „Neue Stärke“, | |
| ruft er mit erhobener Faust in die Halle, das sei das, was Deutschland | |
| jetzt brauche. Die jüngsten Äußerungen von US-Präsident Trump hätte er sich | |
| noch vor wenigen Wochen nicht vorstellen können. Er habe sich seit seiner | |
| Kindheit als Transatlantiker gefühlt, jetzt sei sein persönliches | |
| Koordinatensystem erschüttert. | |
| „Schwäche wird nicht mehr belohnt“, man brauche einen neuen Deal. Jammerer | |
| würden allerdings in der Welt nichts verändern, Moralisierer in Washington | |
| nicht gehört. Deutschland werde sich deshalb wappnen. „Wir werden unsere | |
| Muskeln trainieren – mehr denn je.“ | |
| Mit der SPD geht Söder in seiner Rede vergleichsweise pfleglich um – | |
| abgesehen von einigen Spitzen gegen den scheidenden Kanzler und hämischer | |
| Bemerkungen über die bayerische SPD, die bei der Wahl nur noch auf ein | |
| einstelliges Ergebnis kam. | |
| Drüben im nahegelegenen Vilshofen tritt derweil Karl Lauterbach ans | |
| Rednerpult. „Hier ist nicht der Moment, alte Rechnungen zu begleichen“, | |
| sagt der Gesundheitsminister beim Politischen Aschermittwoch der SPD, | |
| „sondern wir müssen konstruktiv nach vorne blicken.“ Man werde viel | |
| miteinander reden müssen. Am Donnerstag sollen die Sondierungsgespräche | |
| fortgesetzt werden. | |
| 5 Mar 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominik Baur | |
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