| # taz.de -- Finanzpaket im Bundesrat: Nun steht Hubsi doch im Rampenlicht | |
| > Die Grünen sind im Boot, doch jetzt muss das Finanzpaket noch durch den | |
| > Bundesrat. Und damit kommt es auch auf Hubert Aiwanger an. | |
| Bild: Der lachende Dritte: Mal sehen, wie hoch Hubert Aiwanger (hier neben Söd… | |
| München taz | Zumindest diese Genugtuung bleibt Hubert Aiwanger: Jetzt | |
| hängt die Zukunft Deutschlands doch noch an ihm. Nur drei Wochen nachdem | |
| Aiwangers Freie Wähler bei der Bundestagswahl krachend gescheitert sind, | |
| schaut jetzt alles auf den Niederbayern. Gerade mal 1,5 Prozent erreichte | |
| seine Partei bundesweit, selbst im Stammland Bayern waren es nach 7,5 im | |
| Jahr 2021 nur noch mickrige 4,3 Prozent, und die anvisierten drei bis vier | |
| Direktmandate verfehlte die Partei nicht nur knapp. Aber jetzt braucht die | |
| mutmaßliche künftige Bundesregierung im Bundesrat auch die Stimmen Bayerns. | |
| Ohne die Zustimmung der Freien Wähler zum Finanzpaket von Union und SPD | |
| allerdings müsste sich der Freistaat enthalten. | |
| Und man kann nicht gerade behaupten, dass es die CSU ihrem bayerischen | |
| Koalitionspartner bisher leicht gemacht hätte, ihr den Gefallen zu tun und | |
| dem Paket seinen Segen zu geben. Ministerpräsident Markus Söder verhält | |
| sich zurzeit eher wie die Axt im Walde – als hätte man vergessen, ihm | |
| mitzuteilen, dass der Wahlkampf bereits beendet ist. So schlug er zuletzt | |
| beim Politischen Aschermittwoch, aber auch bei Interviews weiterhin auf | |
| Grüne und Freie Wähler ein – also ausgerechnet die beiden Parteien, auf die | |
| Schwarz-Rot jetzt angewiesen ist. „Ich habe keine Lust mehr, ständig | |
| bundespolitisches Gequake zu hören von Leuten, die null Ahnung von der | |
| Sache haben“, moserte er beispielsweise über die Freien Wähler. Klingt | |
| nicht nach Diplomatie im fortgeschrittenen Stadium. | |
| Wenig verwunderlich also, dass die Freien Wähler erstmal „nein“ gesagt | |
| haben. „So, wie derzeit dieses Papier vorliegt, können wir nicht zustimmen, | |
| weil wir damit mehr Gefahr als Chance für die Stabilität unseres Landes | |
| sehen“, meldete sich Aiwanger am vergangenen Mittwoch nach einer | |
| Sondersitzung seiner Fraktion im bayerischen Landtag zu Wort. Die | |
| Schuldenbremse müsse beibehalten werden, um den Reformdruck | |
| aufrechtzuerhalten – „dass wir wirklich an die Probleme rangehen, die | |
| Deutschland zu teuer machen, die Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit | |
| rauben“. | |
| ## Zugeständnisse beim Länderfinanzausgleich? | |
| Gleichzeitig ließen die Freien Wähler jedoch durchblicken, dass das letzte | |
| Wort noch nicht gesprochen sei. Man setze nun auf Gespräche mit der CSU. In | |
| der Tat reagierte der Juniorpartner der bayerischen Koalition wohl auch | |
| deshalb so pikiert, weil die CSU noch nicht einmal das Gespräch mit ihm | |
| gesucht hatte. Am Montag nun soll der Koalitionsausschuss zu einer | |
| Sondersitzung zusammentreten. | |
| Ob es reicht, den Freien Wählern dann ein bisschen den Bauch zu pinseln, | |
| womit sich Söder ohnehin erkennbar schwertut, oder handfeste Zugeständnisse | |
| nötig sind, um sie milde zu stimmen, wird sich erst dann zeigen. Und welche | |
| Zugeständnisse das sein könnten, ist unklar. Der haushaltspolitische | |
| Sprecher der Fraktion, Bernhard Pohl, brachte eine Reform des | |
| Länderfinanzausgleichs ins Spiel. Die neue Bundesregierung, so der | |
| Vorschlag, sollte die Zahlungen der Geberländer auf 0,5 Prozent des | |
| jeweiligen Bruttoinlandsprodukts deckeln. | |
| Bayern müsste demnach statt bisher knapp 10 Milliarden Euro nur noch 3,5 | |
| bis 4 Milliarden Euro zahlen. Söder hätte wohl kein Problem zu versprechen, | |
| sich in der Koalition für eine Reform des auch von ihm als zutiefst | |
| ungerecht empfundenen Länderfinanzausgleichs einzusetzen. Was die | |
| Koalitionspartner in Berlin dazu sagen würden, steht natürlich auf einem | |
| anderen Blatt. | |
| ## Söders Nimbus als starker Mann in Gefahr | |
| Theoretisch ginge es im Bundesrat auch ohne die Freien Wähler. Doch dafür | |
| müsste das schwarz-rote Bündnis außer den Bundesländern, in denen | |
| ausschließlich CDU, SPD und/oder Grüne regieren, Bundesländer mit FDP-, | |
| BSW- oder Linken-Regierungsbeteiligung auf seine Seite ziehen. Das wären | |
| Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt (FDP), Thüringen und Brandenburg (BSW) | |
| oder Mecklenburg-Vorpommern und Bremen (Linke). Oder eine wilde Kombination | |
| daraus. | |
| Zudem wäre es ein herber Rückschlag für Markus Söder, der sich schon längst | |
| als der starke Mann in der neuen Regierung geriert. Er selbst lehnt einen | |
| Ministerjob in einem Kabinett Merz zwar vehement ab, da ihm die | |
| Mitgliedschaft in Gremien, in denen er nicht selbst den Ton angibt, | |
| grundsätzlich zuwider ist. Ihm schwebt aber vor, über den | |
| Koalitionsausschuss, der nach seiner Vorstellung künftig eine deutlich | |
| stärkere Rolle bekommen soll, mitzumischen – und das zumindest auf | |
| Augenhöhe mit Merz, Klingbeil und Co. Ganz nach dem alten Strauß’schen | |
| Motto: Ist mir doch egal, wer unter mir Kanzler ist. | |
| Wenn nun aber ausgerechnet das Finanzpaket an Bayern scheitern sollte, wäre | |
| der Nimbus des starken Manns dahin. Und selbst wenn es trotz eines | |
| bayerischen Neins noch die Zweidrittelmehrheit bekommt: Allein die | |
| Vorstellung, dass die Handlungsfähigkeit der neuen Regierung gegen die | |
| Stimmen Bayerns und nur mit dem Segen von, sagen wir, Bremen zustande | |
| kommen würde – welche Schmach für Söder! | |
| ## CSU gibt sich gelassen | |
| Allzu wahrscheinlich ist das Szenario freilich nicht. Zu viel dürften die | |
| Freien Wähler in Bayern bei einem Nein riskieren. Die CSU gibt sich denn | |
| auch betont gelassen. „Der Freistaat Bayern wird diesem Paket zustimmen, da | |
| muss man sich gar keine Gedanken drüber machen“, sagt etwa | |
| CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Auch Söder scheint sich seiner | |
| Sache sehr sicher zu sein. Und in der Tat hat er einen argumentativen | |
| Trumpf – und noch einen machtpolitischen dazu. | |
| Zum einen sind die Freien Wähler ihrer Herkunft und auch ihrem | |
| Selbstverständnis nach die Partei der Kommunen. Lehnten die Landespolitiker | |
| nun das Finanzpaket ab, das auch den finanziellen Spielraum für die | |
| Kommunen erweitern würde, dürfte dies nicht nur auf Zustimmung bei den | |
| vielen Landräten und Bürgermeistern stoßen, die die Freien Wähler stellen. | |
| Zum anderen riskiert Aiwanger ein Ende der Koalition in Bayern. Rechnerisch | |
| könnte Söder auch mit jeder anderen Partei im Landtag eine Koalition | |
| bilden. Geht man davon aus, dass AfD und Grüne nicht in Frage kommen, | |
| bliebe aber immer noch die SPD. Deren Fraktionschef Holger Grießhammer | |
| zitierte im Spiegel vorsorglich schon mal den früheren SPD-Chef Franz | |
| Müntefering und verwies darauf, auch er sei durchaus der Meinung, dass | |
| Opposition Mist sei. | |
| Anm. der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, Bayern | |
| müsse nur Millionen für den Länderfinanzausgleich abgeben. Tatsächlich sind | |
| es Milliarden. Wir haben das korrigiert. | |
| 16 Mar 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominik Baur | |
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