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# taz.de -- Drohender Verlust des Zuhauses: Widerstand in Kopenhagen gegen Abri…
> Dänemarks Regierung will ein Land ohne sogenannte Parallelgesellschaften
> sein. Wohnungen in sozialen Brennpunkten sollen dafür teuer saniert
> werden.
Bild: Klagt sich derzeit durch alle Instanzen: Majken Felle aus Mjølnerparken
Majken Felle geht vorsichtig über Pfützen, Schutt und Holzbretter entlang
eines von Bauzäunen abgetrennten provisorischen Gehwegs. Sie ist direkt von
der Arbeit gekommen und entschuldigt sich, dass sie erkältet ist. Als
Lehrerin bekomme man eben alles ab, was die Schüler so mitbringen, erklärt
sie mit einem müden Lächeln. Vor einem Haus bleibt sie stehen. Keines der
Fenster ist beleuchtet. Felle zeigt in die dritte Etage. „Das war meine
Wohnung.“
Sobald es in Kopenhagen Abend wird, werfen nur noch Baustrahler ein kaltes
Licht auf das, was von den Gehwegen in Mjølnerparken übrig ist. An der
Fassade des Nachbarhauses raschelt eine eingerissene Schutzplane im Wind.
Statt auf Nachbarn trifft man im Innenhof auf Gasflaschen, kaputte Paletten
stapeln sich, Schrott liegt verteilt. Das Wohngebiet, 20 Minuten entfernt
von Kopenhagens Zentrum, ist seit drei Jahren eine Baustelle. Für Majken
Felle ist es trotzdem ihr Zuhause.
Für den dänischen Staat hingegen ist es eine Parallelgesellschaft. 2018
stiefelt Lars Løkke Rasmussen, damals Premierminister der
konservativ-liberalen Partei Venstre, mit sieben seiner Minister
demonstrativ durch Mjølnerparken. „Die Ghettos müssen weg“, sagt er in die
Kameras und [1][präsentiert einen radikalen Plan,] der die „Löcher in der
Landkarte Dänemarks“ schließen soll.
Landesweit sollen in sozialen Brennpunkten bis 2030 neue Wohnungen gebaut
werden, während Sozialwohnungen abgerissen oder verkauft werden. Ein Teil
der bisherigen Bewohner wird umgesiedelt, andere sollen in die frei
werdenden Wohnungen ziehen. Das alles mit dem Ziel, die Nachbarschaften zu
durchmischen.
Ausgewählt wird mittels Durchschnittswerten. [2][Auf der Ghetto-Liste] der
Regierung landen Wohngebiete, in denen mehr als die Hälfte der Bewohner
einen „nicht-westlichen“ Migrationshintergrund hat. Migranten aus Pakistan
sind ein Problem in der Statistik. Wer aus Kanada kommt, ist keines. Wer
als westlich gilt und wer nicht, wird nicht im Gesetz selbst definiert. Die
Regierung verwendet eine Kategorie des dänischen Statistikamtes, nach der
europäische Länder, Nordamerika sowie Australien und Neuseeland als
westlich gelten.
Daneben gibt es Kriterien, die von hoher Arbeitslosigkeit und Kriminalität
bis zu einem geringen Durchschnittseinkommen und niedrigen Schulabschlüssen
reichen. Wenn zusätzlich zum Anteil der Menschen mit nicht-westlichem
Migrationshintergrund zwei dieser Kriterien erfüllt sind, ist die Zukunft
des Wohngebietes besiegelt.
Mjølnerparken, 1987 erbaut, besteht aus vier Häuserblöcken, die jeweils
einen Innenhof umschließen. Rote Backsteinfassade, Ziegeldächer und weiße
Balkone – so hat das Wohngebiet lange Zeit ausgesehen. Rund 1.700 Menschen
haben hier vor dem Umbau gewohnt. Über 80 Prozent der Bewohner zählt die
Regierung als nicht-westlich.
[3][Im Zuge des Umbaus] werden die Dächer mit weiteren Wohnungen
aufgestockt, neue Balkone werden montiert. Manche Häuser behalten die
ursprüngliche rote Backsteinfassade. An anderen ist die Fassade schwarz
oder weiß überstrichen worden. Kleinteilig soll es zukünftig aussehen,
nicht wie ein zusammenhängender Block.
Nach der schrittweisen Grundsanierung des gesamten Wohngebietes werden zwei
der vier Blöcke auf Grundlage des Ghetto-Plans an einen privaten Investor
verkauft. In den bereits verkauften und neu vermieteten Wohnungen wird nun
die doppelte Miete verlangt.
Als leichter Nieselregen einsetzt, zieht sich Majken Felle die Kapuze
ihres grünen Parkas über die schulterlangen blonden Haare. Sie gehört zu
den anderen 20 Prozent von Mjølnerparken. Als eine typische Dänin
beschreibt sie sich selbst.
## Klagen durch alle Instanzen
Auch ihre Wohnung liegt in einem der zum Verkauf freigegebenen Blöcke. Zwar
ist ihr, wie es der Ghetto-Plan für alle vorsieht, deren Wohnung abgerissen
oder verkauft wird, eine Ausweichwohnung angeboten worden. Sie kann sogar
in dem nicht verkauften Teil von Mjølnerparken bleiben. Damit will sie sich
aber nicht zufriedengeben.
„Wir waren eine echte Gemeinschaft“, sagt Felle. Die Zwangsräumungen hätt…
diese auseinandergerissen. Gemischte Nachbarschaften, das sei ja im Grunde
kein schlechtes Ziel. „Niemals sollten dafür aber Menschen aus ihrem
Zuhause vertrieben werden.“
Felle klagt sich deshalb durch alle Instanzen. Ende September ist sie nach
Luxemburg zu einer Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof geflogen.
2025, hofft sie, werde das Gericht dem Ghetto-Plan ein Ende setzen. Die
Chancen stehen gut. Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofes hält
das Gesetz für diskriminierend. In ihrem aktuellen Schlussantrag von Mitte
Februar argumentiert sie, dass auf der Grundlage eines ethnischen Merkmals
manche Mieter schlechter als andere behandelt werden. Damit würde Dänemark
letztlich auch die Chancen schmälern, sich in die Gesellschaft integrieren
zu können. Bindend ist diese Auffassung für das Gericht nicht. Ein Urteil
wird bis diesen Sommer erwartet.
Felle geht es mit ihrer Klage nicht nur um ihre Wohnung und auch nicht
allein um Mjølnerparken. Für 18 Wohngebiete in Dänemark gibt es
mittlerweile Umbaupläne auf Grundlage des Plans, den Ex-Premier Lars Løkke
Rasmussen 2018 unter dem Titel „Ein Dänemark ohne Parallelgesellschaften:
Keine Ghettos 2030“ vorstellte. Über 4.000 Sozialwohnungen sollen bis 2030
abgerissen, über 600 verkauft werden. Zahlen, wie viele Menschen dabei
umgesiedelt werden, erhebe man allerdings nicht, heißt es vom dänischen
Wohnungsministerium auf taz-Anfrage.
Unter anderem die Vereinten Nationen kritisieren Dänemarks Politik.
Einerseits liege dem Ghetto-Plan mit seinen Listen über nicht-westliche
Migranten eine diskriminierende Ungleichbehandlung zugrunde. Andererseits
griffen Zwangsumsiedlungen tief in das Leben der Menschen ein.
Dänemarks Regierung hält den Plan hingegen für erfolgreich, weil die Zahl
der Wohngebiete kontinuierlich abnimmt, die auf der jährlich aktualisierten
Liste landen. Auch Mjølnerparken ist dort mittlerweile nicht mehr zu
finden. Nicht etwa, weil die Einkommen der Bewohner gestiegen sind.
Schlicht, weil nur Wohngebiete mit mindestens 1.000 Bewohnern erfasst
werden und Mjølnerparken durch die Umbaumaßnahmen diese Marke mittlerweile
unterschritten hat.
Muhammad Aslan ist einer der ersten Bewohner, der 1987 in das neu gebaute
Viertel gezogen ist. Aslan hat einen weißen Bart, trägt eine weiße Takke,
die Gebetskopfbedeckung für muslimische Männer, und eine blaue Winterjacke
mit „Taxi“-Aufschrift. Er macht eine kurze Pause vor einem der Blöcke,
während Bauarbeiter mit einem Kran einen Container umplatzieren.
Mit sieben Jahren ist er aus Pakistan nach Dänemark gekommen. „Ein Zuhause
entsteht durch Erinnerungen“, sagt er. Auch seine Wohnung, in der er vier
Kinder großgezogen hat, ist verkauft worden. Er selbst wohnt mittlerweile
in der dritten temporären Wohnung. „Unsere Erinnerungen lagern in Kisten
eingepackt in einem Abstellraum“, sagt Aslan, bevor er weiter muss, den
nächsten Kunden mit seinem Taxi abholen.
Nicht alle Mieter aus den Wohnungen der zwei verkauften Häuser kommen in
den verbliebenen Blöcken des öffentlichen Wohnungsunternehmens im Viertel
unter. Anderthalb Kilometer von Mjølnerparken entfernt sitzt Hannah Pawl in
ihrer neuen Wohnung. Vierter Stock, doppelte Miete, von dem, was zuvor
Majken Felle gezahlt hat. An der Wand hängt ein Bild, das ihr Vater, ein
südafrikanischer Künstler, gemalt hat. Im Bücherschrank steht ein Band über
Nelson Mandela.
In Mjølnerparken hat sie in einem Haus für Senioren gewohnt. „Als ich nach
Mjølnerparken gezogen bin, dachte ich, das ist der Ort, an dem ich alt
werden möchte“, sagt Pawl. Lange hätten sie dafür gekämpft, dass die ganze
Seniorengruppe zusammen in einem neuen Haus untergebracht wird. Nach und
nach seien sie aber über die Stadt verteilt umgesiedelt worden. Ihre
früheren Nachbarn wären schlagartig alt geworden. Das Bett würden manche in
ihrer neuen Umgebung nun kaum noch verlassen. „Sie haben uns unsere
Gemeinschaft genommen und uns in die Einsamkeit gedrängt“, sagt Pawl.
Diese Menschen sind kein Kollateralschaden. Dass sich der dänische
Premierminister 2018 Mjølnerparken ausgesucht hat, um seinen Plan zu
präsentieren, ist kein Zufall. Das Wohngebiet ist ein Symbol. Das Bild, das
viele Dänen von Mjølnerparken haben, ist geprägt von Gangs, die sich in der
Gegend Schießereien lieferten. Und von Omar El-Hussein, Mjølnerparkens wohl
bekanntestem zwischenzeitlichen Bewohner, der 2015 bei einem islamistischen
Anschlag auf ein Kulturzentrum und eine Synagoge in Kopenhagen zwei
Menschen tötete.
## Nebenan die angeblich coolste Nachbarschaft
Gleichzeitig gehört Mjølnerparken zum Stadtteil Nørrebro. Ein ehemaliges
Arbeiterviertel, das 2021 vom britischen Time Out-Magazin zur „weltweit
coolsten Nachbarschaft“ gewählt worden ist. Neben den vier Blöcken ist aus
einem alten Straßenbahndepot eine Bibliothek geworden, in der Studenten vor
den Bildschirmen ihrer Laptops sitzen. Davor liegt ein langgezogener
öffentlicher Platz, der mit allerlei baulichen Elementen, wie einer
sternförmigen Fontäne der Vielfalt, der Nachbarschaft ein Denkmal setzen
soll.
Gleich nebenan in einem Café sitzt Iman Badr. „Hier keine Laptops erlaubt“,
steht in Englisch auf einem Schild an der Theke. Badr ist in Mjølnerparken
aufgewachsen. Die Probleme der Nachbarschaft hätten oft etwas mit Drogen zu
tun gehabt. „Das waren damals Jungs in meinem Alter“, sagt die 32-Jährige.
„Ich war eher der Typ Schulnerd“, schiebt Badr hinterher, nachdem sie einen
Schluck von ihrem Kaffee genommen hat. Sie trägt einen schwarzen
Rollkragenpullover und ihre schwarzen Haare offen. Eine Zeit lang habe sie
auch ein Kopftuch getragen. Als sie es abgelegt hat, hätte das niemand in
Mjølnerparken kritisch beäugt.
Unsicher habe sie sich dort nie gefühlt. Wer nicht Teil einer Gang war,
konnte hier größtenteils ein ungestörtes Leben führen, sagt sie. Für viele
außerhalb von Mjølnerparken spielt es hingegen keine Rolle, ob man Teil
einer Gang ist oder ein Streber. In der Schule seien die Lehrer oft
erstaunt gewesen, dass sie, die aus Mjølnerparken kommt und eine arabischen
Namen hat, Dänisch spricht und gute Noten schreibt. „Während meines
Studiums habe ich mich dann lange Zeit geschämt, zu sagen, wo ich
herkomme“, sagt sie. Heute arbeitet Badr als Ärztin.
Sie sucht einen Text auf ihrem Smartphone. Als sie 14 Jahre alt war, sollte
sie in der Schule eine Geschichte schreiben, wie ihr Zuhause in der Zukunft
einmal aussehen könnte. Von Robotern und fliegenden Autos hat Badr
geschrieben – und von den Blöcken von Mjølnerparken. In ihrer Geschichte
stehen sie kurz vor dem Abriss. Dass sie sich 2006 schon nicht mehr
vorstellen konnte, dass Mjølnerparken eine Zukunft haben wird, liegt an den
Wurzeln des Ghetto-Plans, die bis weit vor den Besuch des dänischen
Premierministers zurückreichen.
Kurz nach dem 11. September 2001 bekommt Dänemark eine rechte Regierung.
Von fehlgeschlagener Integration ist nun die Rede. Eine Expertenkommission
wird einberufen und schließlich werden ab 2010 Wohngebiete in Listen von
gefährdeten Orten bis hin zu harten Ghettos eingeteilt.
Der Plan, der 2018 folgt, ist nicht allein ein Projekt Dänemarks rechter
Politiker. 2019 gewinnen die Sozialdemokraten die Wahlen. Mette Frederiksen
wird Premierministerin. Sie gibt das Ziel „null Asylbewerber“ aus. Nicht
nur die Einwanderungspolitik wird noch einmal verschärft. Es bleibt auch
bei der harten Hand in den nicht-westlichen Wohngebieten. Lediglich die
Bezeichnung Ghetto wird gestrichen. Stattdessen werden die Wohngebiete
jetzt offiziell „Parallelgesellschaften“ genannt.
Von dem Café, in dem Iman Badr unweit von Mjølnerparken sitzt, dauert es
eine halbe Stunde, um bis nach Tingbjerg zu kommen. Die Siedlung im Norden
von Kopenhagen ist ein Lehrstück dafür, dass sich soziale Probleme nicht
allein mit dem Betonmischer lösen lassen. Tingbjerg, das ist eine Siedlung
aus dreistöckigen Häuserreihen, gebaut aus gelben Backsteinen und umgeben
von viel Grün.
Wie viele andere Nachkriegssiedlungen des öffentlich geförderten
Wohnungsbaus ist Tingbjerg ursprünglich nicht nur für Menschen mit wenig
Geld gebaut worden. Vor allem die Mittelschicht hat hier gelebt. Ob
Tingbjerg oder Mjølnerparken, bis heute ist der soziale Wohnungsbau in
Dänemark von gemeinnützigen Genossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften
geprägt. Diese erhalten öffentliche Subventionen. Ihre Wohnungen dürfen sie
nur kostendeckend und nicht gewinnbringend vermieten. Die Wohnungen werden
über eine Warteliste vergeben, auf die man sich unabhängig von starren
Einkommensgrenzen setzen lassen kann.
Doch in den 1980er Jahren werden in Dänemark Eigenheime erschwinglich, die
Normalverdiener wandern zunehmend aus Siedlungen wie Tingbjerg ab. Vor
allem Migranten mit wenig Geld ziehen in die frei werdenden Wohnungen. Die
Siedlungen wandeln sich. Von Szenen wie aus einem Tarantino-Film schreibt
die dänische Presse, als hier 2008 ein 19-jähriger mit einer
Maschinenpistole hingerichtet wird. Auch Tingbjerg landet auf der
Ghetto-Liste.
## Diese verschlafene Siedlung – ein Ghetto?
Henrik Mønsted Larsen steht im Vorhof eines Flachbaus. Ein Bienenhaus, ein
leerer Hühnerstall und ein selbst gebauter Pizzaofen finden sich hier.
Mehrere Männer gehen durch den Hof in das Haus. Es ist das
Gemeinschaftszentrum von Tingbjerg. Heute findet wieder der Gesprächskreis
der Väter des Viertels statt, erklärt Larsen, der für die
Wohnungsgesellschaft von Tingbjerg arbeitet. Larsen erzählt, er hatte
zuletzt Besuch aus England, der ihn ungläubig angeschaut habe, wie die
verschlafene Siedlung als ein Ghetto gelten kann.
In Tingbjerg hat sich viel geändert. Ein wichtiger Baustein dabei sind die
Minijobs. Gartenpflege, Café-Schicht oder Hausmeisterarbeiten: Statt für
manche Arbeiten externe Dienstleister zu beauftragen, vergibt die
Wohnungsgesellschaft Arbeiten über wenige Stunden die Woche an Jugendliche
des Viertels. Sie können sich damit ein paar Kronen verdienen. Was sie
einerseits davon abhalten soll, sich Gangs anzuschließen. Andererseits ist
es eine erste Referenz im Lebenslauf, mit der sie sich auf andere Stellen
bewerben können.
Mittlerweile steht Tingbjerg nicht mehr auf der Ghetto-Liste. Grund sei
nicht der Ghetto-Plan, sondern die sozialen Anstrengungen aller Akteure,
von der örtlichen Schule bis zur Wohnungsgesellschaft. „In den letzten
Jahren haben sich die Statistiken deutlich verbessert, ohne dass in eine
einzige neu gebaute Wohnungen neue Bewohner eingezogen sind“, sagt Larsen.
Die Wohnungsgesellschaft ist trotzdem verpflichtet, bauliche Veränderungen
vorzunehmen. Statt die Hälfte der Wohnungen zu verkaufen oder gar
abzureißen, werden in Tingbjerg vor allem neue Wohnungen gebaut. Larsen
findet das nicht schlecht. Er vergleicht das Wohngebiet mit einem Computer,
der beides, Hard- und Software braucht, um zu funktionieren. Bauliche
Veränderungen könnten helfen, Tingbjerg zu öffnen und neu zu beleben. Ein
Neubau allein reiche aber nicht aus.
„Es darf nicht nur um die Backsteine gehen. Es muss vor allem um die
Menschen gehen, die zwischen ihnen leben“, sagt er. Larsen ist überzeugt,
wer wirklich will, dass neue Bewohner einen positiven Einfluss auf
bestimmte Wohngebiete haben, der muss auch einen Kontakt zwischen alten und
neuen Mietern herstellen.
Zurück in Mjølnerparken lässt sich das Gegenteil beobachten. Gegenüber
einem der verkauften Blöcke, in den bereits neue Mieter eingezogen sind,
hängt ein Transparent. „Finger weg von unserem Zuhause“, steht darauf. Mit
den neuen Bewohnern des Wohngebiets haben die alten keinen Kontakt. Das
Gemeinschaftszentrum, das am 1. März 2018 noch kurzfristig den
Gymnastikkurs abgesagt hat, damit Lars Løkke Rasmussen hier seinen
Ghetto-Plan erklären kann, ist mittlerweile abgerissen.
Majken Felle versucht zu beschreiben, wie das Viertel einmal ausgesehen
hat. Ein Lächeln zeigt sich auf ihrem Gesicht. Während des Corona-Lockdowns
hätten sie aus den jetzt dunklen Fenstern gesungen. Zum Glück hätte ihre
Nachbarin Saxofon gespielt, so habe man ihre schräge Stimme nicht so laut
hören müssen, scherzt sie.
Ja, der Ghetto-Plan habe die Gemeinschaft auseinandergerissen. Die
Bewohner, die bleiben konnten, seien aber enger zusammengerückt. Sie ist
sicher, wenn sie erst einmal vor Gericht gewonnen haben, sie die
Spielplätze zurückbekommen und die Gartenstühle wieder in den Hof stellen,
wird alles wieder so sein wie zuvor. „Außer für die Leute, die gehen
mussten.
27 Feb 2025
## LINKS
[1] https://www.trm.dk/nyheder/2019/faerre-udsatte-boligomraader-og-ghettoomraa…
[2] https://www.fes.de/feshistory/blog/in-the-ghetto
[3] https://mjolnerparken.dk/
## AUTOREN
Yannic Walther
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