# taz.de -- Schlappe der Berliner Grünen: „Der Wind hat sich gedreht“ | |
> Vor allem an die Linke hat die viele Partei Stimmen verloren. | |
> Landesvorsitzender Philmon Ghirmai spricht im Interview über mögliche | |
> Ursachen. | |
Bild: Damals noch optimistischer: Philmon Ghirmai auf der Landesdelegiertenkonf… | |
taz: Herr Ghirmai, die Grünen haben besonders in Berlin stark eingebüßt. | |
Woran hat es gelegen? | |
Philmon Ghirmai: Wir haben bundesweit in allen Großstädten Verluste | |
erlitten, während die Linke hinzugewonnen hat. Das ist keine Berliner | |
Besonderheit, sondern auch in Hannover, Köln, Leipzig, Freiburg und | |
andernorts zu beobachten. Und ja, wir hatten uns im Bund und im Land mehr | |
erhofft. Es war aber insgesamt ein sehr schwieriger Wahlkampf, in den wir | |
als Mitglied einer sehr unbeliebten Bundesregierung gestartet sind. Dennoch | |
hatten wir ein gutes Momentum zu Beginn, dank der vielen Neumitglieder und | |
auch der richtigen Botschaften in puncto Klimaschutz, Investitionen und | |
soziale Gerechtigkeit. Infolge des Dammbruchs im Bundestag, als die Union | |
willfährig mit der AfD abstimmte, hat sich der Wind aber noch mal gedreht. | |
[1][Die Linke hat es am besten verstanden], dem offenkundigen Rechtsruck | |
eine klare Botschaft entgegenzustellen, während andere Parteien, da | |
schließe ich unsere mit ein, das nicht entsprechend geschafft haben. | |
taz: In Pankow, Mitte und Tempelhof-Schöneberg konnten die Grünen | |
Direktmandate holen. Das sind die Wahlkreise, die dem Realo-Flügel | |
zuzuordnen sind. In der linksgrünen Hochburg Friedrichshain-Kreuzberg ging | |
das Mandat an die Linke. Ist das Wahlergebnis eine Niederlage des linken | |
Flügels? | |
Ghirmai: Diese Erklärung greift zu kurz. Wir haben in | |
Friedrichshain-Kreuzberg mit über 30 Prozent das beste Erststimmenergebnis | |
in Berlin erzielt, das aber leider aufgrund des Aufwinds, den die Linke | |
erfahren hat, nicht für das Direktmandat gereicht hat. Das schmerzt uns | |
sehr. Die Stimmenverluste unsererseits und die Stimmenzuwächse der Linken | |
sind jedoch stadtweit zu beobachten und deuten auf ein weitergreifendes | |
Phänomen hin, das einer genauen Analyse bedarf. | |
taz: Wie war der Einfluss der Parteispitze rund um Robert Habeck? Sein | |
Wahlkampf hat [2][eher die bürgerliche Mitte als linke Berliner:innen | |
angesprochen]. | |
Ghirmai: Es war folgerichtig, mit Robert Habeck als Spitzenkandidat in die | |
Wahl zu gehen, da er viele Jahre für uns in der Partei und in der Regierung | |
Verantwortung getragen hat. Er hat einen sehr engagierten Wahlkampf geführt | |
und zugleich in seinem Statement nach der Wahl selbstkritisch gesagt, dass | |
die Strategie, für die er persönlich stand, nicht aufgegangen ist. Er | |
beschönigt das Ergebnis nicht und legt den Finger in die Wunde. Diese | |
müssen wir als Partei gemeinsam schließen. | |
taz: Gibt es Lehren in Hinblick auf die Abgeordnetenhauswahlen 2026? | |
Ghirmai: Wir werden uns für die Analyse Zeit nehmen und gemeinsam Schlüsse | |
ziehen. Persönlich ist mir wichtig, dass wir Angebote machen, die lebensnah | |
sind, auch beim Klimaschutz. Und dass wir drängende Gerechtigkeitsfragen | |
thematisieren, wie etwa in der Wohnungspolitik, [3][wo wir zum Beispiel | |
einen „Vermieterführerschein“ vorschlagen.] Ich werde mich immer für unse… | |
vielfältige Stadt einsetzen. Das Wahlergebnis der in Teilen rechtsextremen | |
AfD darf niemals normalisiert werden. Wir werden als Berliner Grüne alles | |
dafür tun, dass sich das nicht wiederholt. | |
24 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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