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# taz.de -- Puppenfundus der Ernst-Busch-Hochschule: Sagt Ihnen der Name Schick…
> Unglückliche Puppen, Lars Eidinger und Elon Musks Kopf – im Puppenfundus
> der Ernst-Busch-Hochschule stolpert unsere Autorin über einiges
> Unerwartetes.
Bild: Kaspar und Seppel sind nicht in Sicht: Puppen im Lagerraum der Abteilung …
Puppenspiel?“, fragt meine Nachbarin, als ich ihr am Briefkasten von meinem
Ausflugsziel erzähle, „ist das nicht … mehr was für Kinder?“ Eine Stunde
später reiche ich die Frage weiter an einen Studenten, der sich an der
Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch zum Puppenspieler ausbilden
lässt.
Gemeinsam mit einem Dozenten führt er Interessierte wie mich einmal pro
Monat durch den seit 40 Jahren immer größer anwachsenden Puppen- und
Maskenfundus der Hochschule. „Puppenspiel“, antwortet der Student, „ist
mehr als Augsburger Puppenkiste und Kasperletheater, auch wenn das immer
alle als Erstes kennen. Der hier zum Beispiel“, sagt er und setzt eine vor
Schmerz verzerrte Gesichtsmaske auf, „dem geht’s ja nicht gut. Aber wenn
dem jetzt etwas wahnsinnig Schönes widerfährt – wie stelle ich das dar?
Weil das hier“, er klopft auf das gequälte Maskengesicht, „kann sich ja
nicht verändern. Wie organisiere ich also meinen Körper so, dass auch diese
Figur einen wunderschönen Moment erleben kann?!“
Das lernen die Studierenden in einem Fach, „das es so nirgendwo anders auf
der Welt gibt: Puppenführungstechnik. Am Anfang, bevor man überhaupt eine
Puppe auf der Hand hat, hält man monatelang erst mal einfach nur die Hände
hoch und schaut: Wie lange halte ich das hier oben aus? Nach einer Minute
werden mir schon die Arme schwer. Und meine Hand: Welche Gelenke gibt’s
da?“
Wir Teilnehmer:innen tun es ihm gleich und erkunden unsere Hand- und
Fingerknochen ebenfalls, bewegen alle Glieder einzeln. „Ich schaff’s schon
auf Konzerten kaum“, sagt ein Mädchen neben mir, „ein ganzes Lied lang die
Arme zu schwenken.“ „Und wie kommt man darauf, Puppenspiel zu studieren?“,
frage ich, die ich bis vor wenigen Wochen nicht einmal wusste, dass ein
solches Studium existiert.
Viele Bewerber:innen, erklärt uns der Dozent, seien bereits älter, mit
Vorerfahrungen aus der bildenden Kunst oder der Bühnenplastik. „Die
Studierenden werden bei uns in ihrer eigenen künstlerischen Autorenschaft
gefordert. Also selber etwas zu entwickeln, selber Texte zu schreiben,
nicht so dieses Primat des dramatischen Textes.“
Darauf folgt eine Frage, die mir seit Beginn der Führung auf der Zunge
brennt: „Und was macht man dann damit?“ „Über die Hälfte unserer
Absolvent:innen geht in ein Ensemble. Bis auf Koblenz und Gelsenkirchen
sind das alles Theater im Osten.“ Man müsse nämlich stark unterscheiden
zwischen den „neuen“ und den „alten“ Bundesländern: „In den „neuen…
Bundesländern gibt es ganz viele kommunale Puppentheater: Halle, Bautzen,
Chemnitz, Gera, Dresden. Das hat mit Kulturpolitik zu tun. Städte hatten
Puppentheater. Nach der Wende sind viele dann in andere Organisationsformen
überführt worden. Kommt denn hier jemand aus dem Osten?“
Stille. Ich schüttele den Kopf. „Und hat jemand von Ihnen schon einmal
Puppentheater gesehen?“ Wieder Stille, ich schüttele abermals den Kopf,
traue mich kaum, die beiden begeisterten Puppenspieler anzuschauen. „Aber
den [1][Lars Eidinger]“, sagt einer der Teilnehmer, „den habe ich schon
öfter auf der Bühne gesehen. Der kommt doch auch hier aus dem Haus.“
„Wo in Berlin gibt’s denn Puppentheater?“, fragt das Mädchen mit dem
Arm-Muskelkater. „Ist das nicht … ’ne ziemliche Nische? Und auch eher …
also … auf dem absteigenden Ast?!“ „Neiiiiiiiiin!“, protestiert die blo…
vorlaute Klappmaulpuppe in der Hand des Studenten. Sein Professor antwortet
diplomatisch: „In der Schaubude in der Greifswalder Straße im Prenzlauer
Berg. Und im Mai spielt am Deutschen Theater auch wieder [2][Nikolaus
Habjan], ein österreichischer Puppenspieler. „Schicklgruber heißt sein
Stück“, ergänzt der Dozent, während er uns Elon Musks und Jeff Bezos’
unheimlich unmenschliche Puppenköpfe präsentiert. „Sagt dieser Name Ihnen
vielleicht was?“
26 Feb 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Marielle Kreienborg
## TAGS
Ausgehen und Rumstehen
Jeff Bezos
Elon Musk
Lars Eidinger
Deutsches Theater
Ausgehen und Rumstehen
Schwerpunkt Berlinale
Puppentheater
Film
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