| # taz.de -- Bundesregierung und Trump: Transatlantische Freundschaft ade | |
| > Mit seinem zweiten Amtsantritt verlässt Trumps das westliche Bündnis. Die | |
| > neue deutsche Regierung muss nach der Wahl schnell zu Lösungen kommen. | |
| Bild: Beim Bush-Besuch in Stralsund, 13. Juli 2009: mit der neuen US-Regierung … | |
| Der radikale Schwenk der US-amerikanischen Bündnispolitik unter Donald | |
| Trump hat die wahlkämpfenden Parteien in Deutschland kalt erwischt. Die | |
| Westbindung mit den USA als Führungsmacht gehört zum Kern des | |
| bundesrepublikanischen Selbstverständnisses. Aber mit einer US-Regierung, | |
| die innenpolitisch den autoritären Staatsumbau durchpeitscht und die | |
| liberale Demokratie abbaut, während sie außenpolitisch die Nähe zur | |
| russischen Diktatur sucht und die europäischen Staaten frontal angreift, | |
| kann es kein Bündnis mehr geben. | |
| Es ist vermutlich ein Segen für die deutschen Parteien, dass die Drastik | |
| dieser Entwicklung erst so kurz vor der [1][Bundestagswahl] deutlich | |
| geworden ist. Denn wirkliche Antworten darauf, was das alles für | |
| Deutschland heißt, für die Gestaltungsmöglichkeiten einer zukünftigen | |
| Bundesregierung, für ihre Rolle innerhalb Europas und der Welt, hat derzeit | |
| noch keine der Parteien gefunden – dafür müssten sie zunächst diese Fragen | |
| in ihrer Komplexität ausformulieren. | |
| Sicher scheint nur: Die Konsequenzen, die schon seit der Möglichkeit einer | |
| zweiten Trump-Präsidentschaft diskutiert werden, müssen nun endlich gezogen | |
| werden. [2][Europa] muss rasch eine Machtposition unabhängig von und sogar | |
| gegen Russland und die USA aufbauen, um der Ukraine eine Alternative dazu | |
| bieten, sich dem jetzt von [3][Moskau und Washington] angestrebten | |
| Diktatfrieden zu beugen. Machen wir uns nichts vor: Die brutale, | |
| verräterische, arrogante und unwürdige Weise, in der Trump jetzt die | |
| Ukraine behandelt, trifft morgen auch ganz Europa, wenn es da jetzt einfach | |
| zuschaut. | |
| Nur: Europa tat sich schon schwer damit, die notwendigen Mittel | |
| bereitzustellen und Strukturen aufzubauen, als noch geglaubt wurde, dass | |
| dafür ein bis zwei Jahrzehnte Zeit wären. Dass die USA darauf drängten, | |
| Europa müsse mehr für seine eigene Sicherheit tun, ist ja seit Obamas | |
| Regierungszeit nichts Neues mehr – aber Obama war ein Verbündeter, der auf | |
| gerechtere Lastenverteilung drängte, kein Gegner. Jetzt ist klar: So viel | |
| Zeit bleibt nicht. Dennoch sind Europa und die deutsche Politik noch immer | |
| vollkommen unvorbereitet. | |
| ## Die Verteidigung der Demokratie braucht Investitionen | |
| Wer bei der in diesen Tagen stattgefundenen CPAC, der Conservative | |
| Political Action Conference in Washington, D. C., ein bisschen zugehört | |
| hat, begreift die Dimension des Bruchs. Die CPAC, früher einmal ein groß | |
| angelegtes Treffen zum Austausch konservativer Gedanken, ist seit Jahren | |
| schon ein radikales propagandistisches Event der MAGA-Bewegung, auch unter | |
| Beteiligung europäischer Rechtsextremer. Jetzt bei CPAC am populärsten: | |
| Europa- und Ukrainebashing unter Beteiligung des US-Vizepräsidenten, | |
| gekrönt noch von einer Hetzrede des Alt-Right-Strategen Steve Bannon – samt | |
| Hitlergruß. | |
| Da gibt es nichts mehr schönzureden: Wer die Demokratie gegen diesen | |
| laufenden Umsturz von rechts verteidigen will, muss schnell und | |
| entschlossen handeln: einzeln, aber vor allem im Verbund. Das aber | |
| erfordert Investitionen in ungekannter Höhe und damit Entscheidungen, über | |
| die keine der Parteien im Wahlkampf gerne sprechen wollte. Denn wir | |
| brauchen ja trotzdem Wohnungsbau und Mittel für die Bildung, bessere | |
| Sozialsysteme und sichere Renten, Klimaschutz und Investitionen in die | |
| marode Infrastruktur. | |
| ## Keine Zeit für Dauerstreit | |
| Wenn aber die Militärausgaben vermutlich viel schneller als gewollt und | |
| gedacht auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen müssen, wird all | |
| das schwierig. Wer sich erinnert, welche fundamentalen Proteste teils | |
| unterirdischster Art schon die geplante Kürzung der Agrardieselsubventionen | |
| nach sich gezogen hat, ahnt, welche sozialen und politischen Verwerfungen | |
| bevorstehen. | |
| Zumal nach der Wahl am Sonntag vermutlich eine Partei als zweitstärkste | |
| Fraktion im Bundestag sitzt, die Trumps und Putins Frontalangriff auf die | |
| europäische liberale Demokratie [4][ebenfalls zum Programm hat] und nur | |
| darauf wartet, jede Unzufriedenheit in der Bevölkerung demagogisch | |
| aufzuheizen. Die Grundstruktur des zu erwartenden nächsten Bundestags hat | |
| sich – zumindest in den veröffentlichten Wahlumfragen – seit Wochen kaum | |
| verändert. | |
| Unklar bliebe demnach nur, ob Friedrich Merz einen oder zwei | |
| Koalitionspartner für eine Mehrheit braucht. Das hängt davon ab, wie stark | |
| die Linke wird oder ob BSW und die FDP gar noch den Einzug in den Bundestag | |
| schaffen. Klar scheint mit den neuesten Ereignissen auf der Weltbühne: Für | |
| viele Monate der zähen Koalitionsverhandlungen um die Stelle hinterm Komma | |
| ist keine Zeit. Für halbgare Lösungen und anschließenden Dauerstreit aber | |
| auch nicht. | |
| 21 Feb 2025 | |
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| Bernd Pickert | |
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