# taz.de -- Gen Z und Boomer: Studieren, jobben, Welt retten | |
> Unsere Autorin hat eigentlich keinen Bock auf Generationenbashing. Doch | |
> wenn man ihr und der Generation Z Faulheit vorwirft, steigt Wut in ihr | |
> auf. | |
Bild: „Das war kein Sonnenbaden am Baggerloch. Das war Arbeit“: Protest geg… | |
Vor ein paar Wochen musste ich mich montagmorgens krankmelden. Ausgerechnet | |
Montag. Kurz hatte ich Sorge, meine Kolleg:innen würden denken, ich | |
mache blau, [1][mich hätte der „Montagsblues“ erwischt], wie es meiner | |
Generation aktuell gerne unterstellt wird. Also lieber doch hingehen, trotz | |
Ohrenentzündung? Blödsinn! Mit größter Wahrscheinlichkeit hatte niemand | |
auch nur eine Sekunde lang das gedacht, worüber ich mir den Kopf zerbrach. | |
Ich wurde wütend, dass mir dieser Gedanke überhaupt gekommen war. | |
Umso mehr freut mich eine neue Studie, die belegt, dass der ganze Bullshit | |
mit der angeblich so „faulen“ Gen Z nicht stimmt. Im Gegenteil. Laut dem | |
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung [2][arbeiten wir jungen | |
Menschen heute sogar mehr als früher] – weil wir es müssen. Gestiegene | |
Mieten, höhere Lebensmittelpreise, schlecht bezahlte Praktika: So ein Start | |
ins Erwachsenenleben ist nicht billiger geworden, sondern teurer. Meine | |
frühere Mitbewohnerin hatte gleich mehrere Nebenjobs. Ein Freund, der weder | |
BAföG noch Unterstützung von seinen Eltern bekam, hat sich sein komplettes | |
Studium irgendwie selbst finanzieren müssen. Auch ich hatte einen Studijob. | |
Eigentlich habe ich keinen Bock auf Generationenbashing, aber mich regt | |
auf, dass Arbeit für einen Teil von euch Boomern immer nur als Lohnarbeit | |
verstanden wird. Immer höher, schneller, weiter – das scheint das Einzige | |
zu sein, was ihr rufen könnt, dabei seht ihr doch selbst, dass es so nicht | |
weitergeht. Und so müssen wir Jungen auch darüber hinaus jede Menge Arbeit | |
erledigen, die von euch oft nicht als solche gesehen wird. Wir engagieren | |
uns für die Rechte von Geflüchteten, setzen uns für Gleichberechtigung ein | |
oder unterstützen wie jetzt, vor der Bundestagswahl, den Haustürwahlkampf | |
der Linken. | |
Der besagte Montag, an dem ich krank wurde, war [3][nach dem Wochenende in | |
Riesa]. Stundenlang stand ich gemeinsam mit anderen Menschen in der Kälte, | |
um gegen die Politik der AfD zu protestieren. Dort zu stehen, gab mir das | |
Gefühl, etwas tun zu können, aber es machte mich auch wütend. Es weckte | |
Erinnerungen an die Male, die ich mich früher mit meinen Freund:innen auf | |
den Weg gemacht hatte. Um gegen den Autobahnausbau der A49 im Dannenröder | |
Forst zu demonstrieren, gegen Braunkohle, den Abriss von Lützerath oder, | |
oder, oder … | |
Das war kein Sonnenbaden am Baggerloch. Das war Arbeit! In unserer | |
Freizeit! Glaubt ihr, dass es Spaß macht, im Morgengrauen loszuziehen und | |
Angst vor willkürlicher Polizeigewalt zu haben? Ich hätte mir Erholsameres | |
vorstellen können. Aber leider sitzen wir Jungen nicht an den gemütlichen | |
Hebeln der Macht. Und so müssen wir auf der Straße die Jobs machen, die | |
viele von euch versäumt habt. Einige der heutigen Probleme wären nicht so | |
groß, wenn ihr sie rechtzeitig in Angriff genommen hättet. Wärt ihr früher | |
und entschlossener gegen Rechtsextremismus, soziale Ungleichheit und die | |
Klimakrise vorgegangen, müssten wir heute nicht so viel ackern. | |
Klar, auch viele Menschen aus eurer Generation haben sich für eine bessere | |
Zukunft engagiert – und auch in meiner gibt es viele, die es nicht tun. | |
Deshalb verstehe ich auch nicht, woher euer Frust auf uns kommt. Seid ihr | |
neidisch, weil ihr glaubt, dass wir es besser haben als ihr? Habt ihr | |
Angst, dass wir euch in dem Schlamassel, den ihr produziert habt, alleine | |
lassen – weshalb ihr uns ein schlechtes Gewissen einreden wollt? Sorry, das | |
alles zieht nicht mehr. Wenn der Planet nicht auch unsere Lebensgrundlage | |
wäre, würden wir jetzt sagen: Ciao, wir machen es anderswo besser. | |
22 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Johanna Weinz | |
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