# taz.de -- Jugend im Wahlkampf: Schluss mit dem Generationengelaber! | |
> Kaum ein Tag vergeht, an dem junge Menschen nicht als faul beschrieben | |
> werden. Sie sollen funktionieren, am Diskurs lässt man sie kaum | |
> teilnehmen. | |
Bild: Einfach ätzend | |
Täglich laufe ich an Christian Lindner vorbei. Auf dem Weg zur Uni ätzt mir | |
das Plakat entgegen „Kinder haften für ihre Eltern“. Der frechste | |
Arbeitslose Deutschlands weiß scheinbar, was für junge Menschen gut ist. | |
Und kaum ein Tag vergeht, an dem einer Gen-Z nicht groteske Faulheit | |
attestiert wird. Journalistische Querschelten und herablassende | |
Arbeitgebervertreter:innen. Dieses Generationengelaber ist übergriffig. | |
Das einmal abgesehen davon, dass ihr Befund laut einer Studie des IAB | |
Instituts zum Höchststand an Voll- und Teilzeitbeschäftigung der 18- bis | |
24-Jährigen nicht stimmt. Dürfen junge Menschen jetzt Lob für ihren Fleiß | |
erwarten? Oder hat das dauertönende Faulheitsbashing nicht eine Funktion? | |
Sollen Studierende und Azubis sich an Doppel-Nebenjobs, Klimafolgen und | |
bröckelnde Infrastruktur gewöhnen, weist man am besten Schuld zu. Wem | |
Faulheit nachgesagt wird, muss sich doppelt beweisen. Es bleibt also nur | |
eine Frage der Arbeitsmoral, mit horrenden Mieten umzugehen. | |
Sich dagegen argumentativ auflehnen, [1][soll die TikTok-Generation nicht | |
können]. Mit halbgaren Social-Media Diagnosen wird gleich mal die Fähigkeit | |
zur Diskussion auf Augenhöhe abgesprochen. Werden junge Menschen dann in | |
Medienformate eingeladen, sollen sie gemäß der Zielgruppe Quick Reactions | |
produzieren. Als wären sie nicht höchstpolitisiert und wüssten über TikTok | |
und Instagram komplexe Inhalte zu konsumieren. Meist besser als die | |
„Tagesthemen“. | |
Diese Generationennarrative nehmen den Einzelnen in Geiselhaft. Statt für | |
sich, die eigene Erfahrung und einen sozialen Standpunkt zu sprechen, gilt | |
am Ende nur Gen-Z. Tendenz geringe Arbeitsmoral, bindungsunfähig bei | |
Beziehungen und Parteien sowie TikTok. | |
Da darf man sie doch auch mal wieder richtig fordern? Merz stimmte | |
entsprechend auf dem CDU-Kongress im November die Jugend auf eine | |
[2][Wehrpflicht und verpflichtendes Gesellschaftsjahr] ein. „Wir dürfen von | |
euch auch etwas erwarten.“ Bleibt offen, ob das seine einzige Strategie | |
gegen den Pflegenotstand sein wird. Junge Menschen jedenfalls haben bei | |
dieser Erzählung mit nichts zu rechnen. Wer so redet, möchte selbst über | |
die kleinsten materiellen Forderungen nicht sprechen. | |
Gen-Z, Boomer, Millenial, whatever. Das verschleiert die Verhältnisse und | |
diskreditiert politische Forderungen. Materielle Interessen liegen quer zu | |
jedem Alter. Wir alle profitieren von einem Ende des Generationengelabers. | |
Schluss damit! | |
Sören Wienke, 24, hat mit anderen Nachwuchsjournalist:innen der taz | |
Panter-Stiftung eine Sonderbeilage zur Bundestagswahl gestaltet. [3][Hier | |
können die Artikel der Beilage online gelesen werden]. | |
21 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Sören Wienke | |
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