# taz.de -- Studie zur Erwerbstätigkeit der Gen Z: Was für’n Fleiß | |
> Einige Boomer müssen jetzt ganz stark sein: Die Gen Z ist gar nicht faul. | |
> Sie arbeitet, und zwar viel – weil sie ihre Existenz sichern muss. | |
Bild: 90 Prozent müssen neben dem Studium arbeiten: Erstsemesterbegrüßung an… | |
Die Gen Z will ja gar nicht arbeiten. Sie ist egoistisch, undankbar, | |
realitätsfern und verweichlicht. Diese Boomer-Erzählung haben wir uns in | |
jüngster Vergangenheit immer wieder anhören müssen. Eine neue Studie des | |
Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat sie | |
jetzt zu Grabe getragen. Welch eine Erleichterung. | |
[1][Laut der Studie] gehen drei von vier der 20- bis 24-Jährigen in | |
Deutschland einer Teil- oder Vollzeitbeschäftigung nach. Seit 2015 ist der | |
Anteil der Erwerbstätigen in dieser Altersgruppe um mehr als sechs | |
Prozentpunkte gestiegen und misst somit den höchsten Stand seit Jahrzehnten | |
Bei Studierenden bedeutet das einen Anstieg der Erwerbsquote um 19,3 | |
Prozentpunkte auf 56 Prozent. Bei Nichtstudierenden ist die Erwerbsquote um | |
1,6 Prozentpunkte auf 85,9 Prozent gestiegen. „Die jungen Leute sind so | |
fleißig wie lange nicht mehr“, sagt IAB-Forschungsbereichsleiter Enzo | |
Weber. | |
Dabei ist die Gen Z doch, wenn man den Tiraden der Boomer Glauben schenkt, | |
[2][ein Albtraum auf dem Arbeitsmarkt]. Wer hätte vermutet, dass die | |
zwischen 1995 und 2010 Geborenen in Wahrheit schuften müssen? Doch die | |
Zahlen des IAB zeugen nicht von freiwilliger Arbeitsmoral, wie mancher | |
Boomer jetzt vielleicht hofft. | |
Vielmehr ist es für viele Studierende und Auszubildende eine Notwendigkeit, | |
neben dem Studium oder der Ausbildung zu arbeiten. Junge Menschen können | |
sich kaum weiterbilden, ohne dabei finanziellen Druck zu spüren. Den Traum | |
von Chancengleichheit hat die BRD längst ausgeträumt – wenn er nicht schon | |
immer eine Seifenblase war. | |
## Studierende sind stärker armutsgefährdet | |
Aus einer [3][Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts] geht hervor, | |
dass im Jahr 2023 ein Drittel aller Studierenden armutsgefährdet war. Die | |
Armutsgefährdung von Studierenden ist damit höher als in der | |
Gesamtbevölkerung. Kein Wunder – das Bafög reicht bei weitem nicht aus, um | |
den steigenden Mieten, Immobilienpreisen und Lebenshaltungskosten gerecht | |
zu werden. Es ist zu bürokratisch-verkompliziert und nicht an den | |
individuellen Bedürfnissen der Antragsteller:innen orientiert. | |
Oft bleibt keine Alternative, als zu arbeiten, um ein Studium überhaupt | |
finanzieren zu können. Die [4][Studie „Jung, akademisch, prekär“] bestät… | |
dies. 90 Prozent der Befragten gaben an, dass sie arbeiten müssen, um sich | |
ihr Studium finanzieren zu können. In einer Lebensphase, in der wir in | |
unsere Zukunft investieren und gleichzeitig die wilden Zwanziger ausleben | |
sollten, müssen viele von uns darauf achten, dass das Geld bis zum | |
Monatsende reicht. | |
Und diejenigen, die nicht am Existenzminimum leben, wollen sich nicht | |
einfach nur „etwas dazuverdienen“, wie es oft so schön heißt. Sie brauchen | |
in Wahrheit das zusätzliche Geld, um sich gesünder zu ernähren, in den | |
Urlaub zu fahren, Familie und Freunde zu besuchen – und vieles mehr. | |
Doch manchmal reicht das Geld einfach vorne und hinten nicht. Laut der | |
[5][repräsentativen Studie „Fachkraft 2030“] brachen im Wintersemester | |
2022/23 sieben Prozent der befragten Studierenden aus finanziellen Gründen | |
ihr Studium ab oder pausierten es. Hochgerechnet sind das 200.000 Personen. | |
## Es ist eine Klassenfrage | |
Am Ende ist es also [6][keine Frage der Generation], sondern eine | |
Klassenfrage. Junge Menschen sind oft noch finanziell abhängig – von ihren | |
Familien oder vom Staat – und haben nicht die gleichen Startbedingungen. | |
Während einige auf familiäre finanzielle Unterstützung zählen können, | |
müssen andere für ihren Lebensunterhalt kämpfen. | |
Genau aus diesem Grund sollte man aufhören, die [7][Arbeitsbereitschaft | |
junger Menschen zu debattieren]. Finanzielle Sicherheit hängt nicht von | |
Fleiß und gutem Willen ab, sondern von der sozialen Herkunft. Vielleicht | |
könnten Gen Z und die Babyboomer in diesem Punkt gemeinsam nach Lösungen | |
suchen – anstatt sich in Stereotypen und Vorwürfen zu verlieren. | |
18 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://iab.de/presseinfo/generation-z-erwerbsbeteiligung-der-20-bis-24-jae… | |
[2] /Junge-Faulenzer/!6058241 | |
[3] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/08/PD24_N044_62.h… | |
[4] https://www.iaw.uni-bremen.de/f/a515fbddae.pdf | |
[5] https://jobvalley.com/pdf/whitepaper-verbraucherpreise.pdf | |
[6] /Gen-Z-auf-dem-Jobmarkt/!6004738 | |
[7] /Generation-Z-und-Arbeitsmoral/!5979594 | |
## AUTOREN | |
Lena Schega | |
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