# taz.de -- RWE fällt Bäume im Sündenwäldchen: Es dröhnen die Sägen am Ha… | |
> Der Kohlekonzern RWE rodet seit Mittwochmorgen das Sündenwäldchen am | |
> Hambacher Wald. Aktivisten rufen zum Protest auf. | |
Bild: Die Rodung beginnt: Mitarbeiter des Werksschutzes von RWE Power umringen … | |
Aachen taz | Viele Heranwachsende haben hier das erste Mal eine geraucht, | |
das sah ja keiner, und später auch dieses Haschisch. Biergelage unter | |
Jugendlichen gab es sowieso und auch die ersten intimen Kontakte. Kein | |
Wunder also, dass der Wald hinter dem Sportplatz Manheim im Volksmund | |
[1][Sündenwäldchen] hieß. | |
So gingen jahrzehntelang die Erzählungen im Braunkohledorf neben dem | |
Tagebauloch Hambach. Seit Mittwochmorgen sind die Kettensägen da. „Heute | |
ist Tag X“, alarmierte am frühen Morgen die Mahnwache am Rande des sechs | |
Hektar großen Waldes, „RWE und Cops sind in großer Zahl gekommen. Kommt | |
alle! Generalstreik jetzt!“ | |
Romantisierende Erzählungen interessieren die Tiere im Wald nicht, etwa die | |
vom Aussterben bedrohte Bechsteinfledermaus. Sie will hier weder Drogen | |
nehmen noch knutschen, sondern überleben. Das Gehölz ist unverzichtbar für | |
einen funktionierenden Biotopverbund zur Vernetzung zwischen [2][Hambacher | |
Wald] im Westen und dem Bürgewald Steinheide keine zwei Kilometer östlich. | |
Historisch gehört der „Sündi“, wie die AktivistInnen sagen, zum Hambacher | |
Wald, der ja eigentlich als vertraglich zwischen RWE und Landesregierung | |
zugesichert unangetastet bleiben muss. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz | |
(BUND) hatte gegen die Rodung geklagt. Das Oberverwaltungsgericht Münster | |
hatte einen Eilantrag (nach vier Wochen) am Dienstag zurückgewiesen. | |
Die kühle Argumentation: Das Gebiet dürfe sehr wohl „bergbaulich zur | |
Abraumgewinnung in Anspruch genommen werden. Artenschutzrechtliche | |
Defizite, insbesondere was die Bechsteinfledermaus und die Haselmaus | |
anbelangt, liegen nicht vor“. Zwar sei „der Biotopverbund und eine | |
Biotopvernetzung der erhalten bleibenden Wälder auch bei Abbaggerung der | |
Manheimer Bucht sicherzustellen“, aber es seien ja „bereits im Vorfeld | |
Bäume und Sträucher entlang alternativer Verbindungskorridore gepflanzt | |
worden“. | |
## RWE-Argumente ziehen vor Gericht | |
Ob die Fledermäuse nach vielen Jahren Brachland einmal die alternativen | |
Verbindungskorridore finden? Das „gewichtige betriebliche Interesse von | |
RWE“, so das Gericht, sei wichtiger. | |
Jetzt dröhnen die Sägen, erste Bäume sind am Sportplatz längst gefallen. | |
Die Polizei sichert ab. Hubschrauber kreisen. Unklar, was mit den | |
Baumhäusern im Sündi passiert und ihren etwa 30 BewohnerInnen. Überall ist | |
Blaulicht. Massive Steinquader und Zäune sollen das Gebiet schützen. RWE | |
hat schon Strafanzeigen angedroht. | |
Dabei hatte RWE öffentlich zugesagt, bis zum 31.1. stillzuhalten. Nicht | |
ganz, sagt Sprecher Matthias Beigel jetzt zur taz, „bis zur | |
Gerichtsentscheidung, längstens bis zum 31.“ Einen festen Zeitplan gebe es | |
nicht: „Das ist lageabhängig. Wir roden jetzt erstmal.“ Laut RWE-Website | |
geschehe das „im Zuge von planmäßigen Arbeiten zur Gestaltung des künftigen | |
Hambacher Sees“. | |
Vor zwei Wochen hatte Dirk Jansen, NRW-Vorsitzender des BUND, bei einer | |
Demo am Sündenwäldchen noch optimistisch prophezeit, „dass wir uns | |
juristisch bis zum 28.2. retten können“, bis zur Schonzeit, dem | |
gesetzlichen Rodungsverbot. Jansen sprach vom „Hambi 2.0“. Jetzt könne RWE | |
„auch nach dem Ende der Braunkohlegewinnung mit der Zerstörung wertvoller | |
Natur fortfahren. Bitter ist, dass die schwarz-grüne Landesregierung den | |
Weg dafür geebnet hat.“ | |
29 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
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